Schuld, Scham und Schande - (3 geteilt - Niemals)

Skizze

von  Gabyi

Ich wuchs auf in einem Umfeld, das mir beibrachte: Wir müssen uns schämen, weil wir Deutsche sind und den Krieg verloren haben. Was “wir”, zu denen ich nicht gehörte, weil ich da noch nicht lebte, getan hatten, wurde nicht erwähnt. Erst sehr viel später erfuhr ich mehr. Mein großer Bruder, der ein "Guck in die Luft" war, hatte mir gegenüber schon Andeutungen gemacht. Dass Hitler böse war zum Beispiel. Und dass die Deutschen keine Nationalhymne haben durften, nur eine Strophe davon. Mein Leben im Winter im November bestand aus Volkstrauertagen, Heldengedenktagen und Buß und Bettagen. Und Friedhofsbesuchen, da unser Familiengrab viele Tote aufwies. Meine Cousine hatte sich umgebracht und mein Cousin war blutjung im Krieg gefallen. Ein dunkler Mehltau wie braune Mehlschwitze legte sich über meine Gefühle und dazu kam noch der schwarze Rauch aus den Schloten der Fischräuchereien. Deutsche hatten nichts zu sagen in der Welt und ihnen wurden Schuld, Scham und Schande zugewiesen. Da war ich noch sehr klein und ich glaubte jedes Wort. In der Berliner Straße in meiner Heimatstadt hing ein Schild an einem Baum, worauf zu lesen war: “Drei Geteilt - Niemals” *. Es zeigte eine dunkelrote Landkarte von Deutschland, das in drei Teile aufgespalten war.



* "Das Plakat des "Kuratorium Unteilbares Deutschland" propagierte die "Wiederherstellung Deutschlands in den Grenzen von 1937" - (RBB)



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