Selbstgespräch - Teil 1 - 'Die Verliebten'

In einem Café

ungefähr fünfeinhalb meter - ja und - fünfeinhalb meter bis zum paradies - was geht dich das an - das weißt du ganz genau - hm, ja, na und, dann interessiere ich mich halt ein bisschen für sie - ein bisschen - ja, dann halt ein klein wenig mehr als nur ein bisschen - du bist total verknallt in sie - ja ja, du musst es ja wissen - ja, ich gebe es zumindest zu, ich bin auch in sie verknallt - mag sein, aber schließlich bist du nicht du, sondern ich - was für ein Quatsch, wir sind zu zweit - stimmt nicht, Ich bin ich und du bist nicht du - Blödsinn - du bist nur ein Gedanke, der glaubt, ein Ich zu sein

wenn du so argumentierst, werden wir beide nie eine Chance bei ihr haben - nicht wir, sondern ich - ja ja, glaub doch, was du willst, du undankbares einsames Ich, das unser Wir ignoriert und übergeht - hm, vielleicht hast du recht, aber dann wäre ich ja nicht mehr ich - genau, aber ein eindeutiges und ganz gesundes, weil natürliches Ich. .. äh, WIR - siehst du, dir passiert das auch, anstatt uns als ein Wir, als ein Ich zu sehen - ich wiederhole, fünfeinhalb Meter - ja ich weiß, so weit sitzt sie von mir entfernt - von uns - also gut, von uns - jetzt schaut sie zu dir rüber ... äh, zu uns rüber - ja, ich sehe es - lächeln - was - du musst lächeln - du meinst wir müssen lächeln - sag ich doch - also gut - ich lächle sie jetzt an - wir lächeln sie an - oh gott, hör doch endlich auf mit diesem verwirrenden wir - also gut, dann bist du du und ich bin ich - genau - also was ist jetzt, sie schaut wieder zu uns rüber ... äh, zu dir rüber - ja, ich sehe es auch und ich lächle sie jetzt an - aber übertreib nicht - nein, natürlich nur ein dezentes Lächeln - aber auch nicht zu zurückhaltend - ja, ja, halt ein beinahe verbindliches - genau, halt mal, was machst du da

ich stehe auf - ja, wo willst du denn hin - zu ihr - bist du verrückt, das ist noch zu früh - sagst du, ich denke nur der frühe Vogel fängt den letzten Wurm - aber sei vorsichtig - ja, ja, werde ich sein - oh Gott - hallo, ich bin Michael, darf ich mich zu ihnen setzen oder warten sie auf jemanden - äh, nein ... okay, ja, bitte - meine Güte, hast du das gehört, sie hat nichts dagegen - natürlich habe ich das gehört, anscheinend hat sie nichts gegen mich - gegen uns - jetzt hör endlich auf damit - ja ja, also nichts gegen dich - danke - sind sie zum ersten mal hier - ja, ich bin neu hier, gerade hergezogen, wohne nicht weit von hier, da hab ich mir gedacht, probier mal das nächste café aus -  reden sie auch mit sich selbst, als ob sie nicht alleine wären - ja, woher wissen sie das - war nur geraten - und sie - ja, ich rede auch oft mit mir selbst, aber mehr in meinen gedanken und nicht laut - ich mache beides - ach ja - manchmal laut und manchmal leise - dann sind wir schon zu zweit. .. äh, zu viert [beide lachen bzw. alle vier lachen]

vielleicht sind wir seelenverwandt - hm, meine andere Seite glaubt, dass ich mich in sie verliebt habe - und haben sie - das erzähle ich ihnen später - meine andere Seite glaubt auch, dass ich etwas für sie empfinde - hast du gehört, sie liebt dich vielleicht genauso sehr wie du sie liebst - und was ist mit dir, empfindest du auch etwas für sie - das weißt du doch - ja, ich weiß - haben sie gerade innerlich selbst zu ihnen gesprochen - ja, das habe ich - und was haben sie zu sich gesagt - dass wir uns vielleicht in sie, oder in euch verliebt haben - dann ist es ja genau so wie bei uns, denn auch wir haben uns in sie oder in euch verliebt - was wollen wir dann machen - uns näher kennen lernen - okay.

Von da an lernten sich die beiden ... äh ... vier näher kennen und zogen ein paar Wochen später zusammen.