Eselbegegnungen

Anekdote

von  Citronella

Die Farbfotos haben leider inzwischen fast alle einen leichten Braunstich angenommen – kein Wunder nach fast fünfzig Jahren. Wie kam ich heute nur auf den Esel? Egal. Ich finde das gesuchte Foto schnell, und schon habe ich wieder die ganze Geschichte vor Augen.

Sanne und ich wollten an einem sonnigen August-Urlaubstag auf die kleine Insel Inishbofin im Westen Irlands übersetzen bzw. uns übersetzen lassen, und das ging nur mit einem kleinen, aber immerhin motorbetriebenen Boot, vielleicht doppelt so groß wie ein normales Ruderboot. Passagiere gab es an diesem Tag nicht so viele, ich glaube es waren außer uns nur noch zwei. Bis kurz vor der Abfahrt. Dann kam ein älterer Mann, so ein echter Paddy, mit einem Esel an der Leine angetrottet und bewegte diesen dazu, in das Boot zu steigen. Nun ja, Esel sind duldsam. Die Fahrt dauerte nicht sehr lange, der Esel stand wie festgewurzelt in der Mitte des Bootes und schaute unbewegt in die Weite. Die See war ruhig. Von Seiten der Passagiere gab es auch keinerlei Beanstandungen.

Überhaupt die Esel auf der Insel: Ihr mal keckes, mal klägliches I-Aah begegnete uns häufig. Als wir eines Nachts auf dunkler Dorfstraße aus einem Pub in unser B + B zurückkehrten, baute sich mitten auf der Straße ein zunächst nicht näher identifizierbares Objekt auf. Wir erschraken. Das lag sicher nicht am reichlich genossenen Guinness. Beim Näherkommen entpuppte sich die Gestalt – als ein Esel. Völlig regungslos blieb er stehen, ließ uns vorbeiziehen und rief nicht mal I-Aaah. Wohin er mitten in der Nacht wollte, war nicht nachvollziehbar.

Ich fürchte, Irland hat sich inzwischen zu sehr gewandelt, als dass man solche Erlebnisse heute noch haben könnte.


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Kommentare zu diesem Text


 EkkehartMittelberg (30.12.24, 17:46)
Hallo Citronella,

mit ein bisschen Fantasie kann man auch in Deutschland bei Tage und bei Nacht Eseln begegnen. Aber zugegeben, die irischen sind origineller.

LG
Ekki

 Citronella meinte dazu am 30.12.24 um 19:47:
Ja, Ekki, die irischen haben vier Beine und sehr lange Ohren. Ob das in Deutschland auch so ist? ;) 

LG Citronella

 Moja (30.12.24, 17:55)
Erst kürzlich stand ich einem Esel gegenüber auf einer Stallwiese vom Zirkus; wir schauten uns lange in die Augen, was seltsam war, als ob die Zeit stehenblieb. Bewegte ich mich ein bisschen und sprach ihn an, legte er die Ohren schief, weiter passierte nichts. Aber irgendwie doch...  ;)
Grüßchen, Moja

 Citronella antwortete darauf am 30.12.24 um 19:49:
Eine schöne Begegnung, liebe Moja. Ja, Esel sind schon seltsame, aber sehr liebe Wesen. Man sagt ja immer "störrisch wie ein Esel", ich würde eher sagen, dass sie stoisch sind. ;)

LG Citronella
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