Die Parabellum-Pazifisten

Elegie

von  Fridolin

Im ersten Krimi meines Lebens hatte der Detektiv eine Parabellum in der Hand. Sonst weiß ich nichts mehr von dem Buch; nur dieser Name der Pistole ist mir irgendwie magisch hängen geblieben. Vermutlich, weil sie ein Symbol der Macht ist. Macht zu haben dürfte ich mir damals, nach Art so vieler Pubertierender, sehnlichst gewünscht haben.

Da hatte also ein Waffenhersteller die Idee, den alten Lateinerspruch „Si vis pacem, para bellum“ zu benutzen, um seine Produkte stilvoll zu vermarkten. Durchaus logisch – nichts eignet sich wohl besser, einen Krieg vorzubereiten als solches Gerät. Reichlich schräg ist dagegen die Behauptung, dies diene dem Frieden, denn das tut es natürlich nicht. Krieg ist nun mal Krieg, auch wenn man vorgeblich nur damit drohen will. Mir fällt jedenfalls vieles ein, was weitaus besser geeignet wäre als ausgerechnet Kraftmeierei.

Es mag ja trotzdem sein, dass sie den Frieden auch lieben, diese Parabellum-Pazifisten, aber bestenfalls als zweite Wahl. Ihr Fixstern ist die Macht. Ihr ordnen sie alles unter. Die Nähe zu den stärkeren Bataillonen ist ihnen unverzichtbar, egal wie schäbig sie dort behandelt werden.

Friedensfähigkeit erfordert in erster Linie ein gewisses Maß an Empathie für den Gegner, und die bringen sie schlicht und einfach nicht auf.

Leider wimmelt es heutzutage von diesen Parabellum-Pazifisten, wohin man auch schaut …

Und allerorten riecht es nach der Angst, die sie verbreiten oder verbreiten möchten, oder selbst haben.



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Kommentare zu diesem Text


 Graeculus (13.05.25, 15:09)
Friedensfähigkeit erfordert in erster Linie ein gewisses Maß an Empathie für den Gegner [...]

Köntest Du dies am Beispiel der Assyrer, dieses überaus militanten und grausamen Volkes, dem z.B. der Staat Israel zum Opfer gefallen ist, erläutern? Wie hätten sich die Juden mittels Empathie der Assyrer erwehren können bzw. sollen?

Das "Si vis pacem, para bellum" geht davon aus, daß es zur Gewalt neigende Menschen bzw. Staaten gibt, die nur durch Abschreckung von Gewalt abgehalten werden können. Es kann durchaus Friedensliebe ausdrücken, aber gepaart mit Vorsicht.

 Graeculus meinte dazu am 13.05.25 um 15:12:
Falls Dir die Assyrer zu fremd sind, dann nimm Hitler und Nazi-Deutschland.

 Fridolin antwortete darauf am 14.05.25 um 00:05:
Ich fände es schön, wenn Du ein wenig genauer lesen würdest, bevor Du antwortest. Ich weiß nicht, ob man mit Empathie Feinde besiegen kann, und das interessiert mich auch wenig, ist nicht mein Thema. Ich habe geschrieben: Friedensfähigkeit erfordert in erster Linie ein gewisses Maß an Empathie ...


Und wenn Du hier die Abschreckung anführst: Abschreckung sehe ich als Teil des Krieges an, früher sprach man folgerichtig auch vom "Kalten Krieg". Das ist gewiss leichter zu ertragen als der heiße Krieg,  hat aber mit Frieden im Sinne eines gedeihlichen Miteinanders natürlich noch lange nichts zu tun, ist immer noch Gewalt gegen Gewalt.
Wie schlecht die Abschreckung funktioniert, davon können im übrigen auch die Kriminologen lange Lieder singen. Z.B. ist die Zahl der Morde in den amerikanischen Bundesstaaten, die noch die Todesstrafe verhängen, keineswegs geringer als in den anderen.

Antwort geändert am 14.05.2025 um 00:06 Uhr

 Graeculus schrieb daraufhin am 14.05.25 um 00:18:
Auch ich habe nicht vom Besiegen der Feinde gesprochen, sondern davon, wie man sich ihrer - von ihnen bedroht - erwehren kann. Das könnte man durchaus so formulieren: wie man den Frieden bewahren kann.

Und das wüßte ich gerne: bei den Assyrern und den Nazis. Mit Empathie.

Abschreckung funktioniert unterschiedlich gut, und sicherlich nicht immer. Allerdings kenne ich kein besseres Mittel, da mir die Sache mit der Empathie nicht einleuchtet. "Es kann der Beste nicht im Frieden leben / Wenn's dem bösen Nachbarn nicht gefällt." (Schiller)

Übrigens hat Mahatma Gandhi mit - ich glaube - zwei Briefen versucht, Hitler vom Beginn des Krieges in Europa abzuhalten. der Erfolg ist bekannt.

 Graeculus äußerte darauf am 14.05.25 um 00:28:
Jede Strafandrohung dient der Abschreckung, nicht nur die Todesstrafe in den USA. Und ich wüßte nicht, wo wir wären ohne diesen "psychischen Mechanismus": Wenn du das und das tust, dann mußt du die und die Folgen tragen (sofern wir dich erwischen).

Leider glauben viele Straftäter und auch so mancher Politiker, sie würden eben nicht erwischt. Zumal es international eben kein funktionierendes Strafrecht gibt. Nicht für Rußland und andere Staaten, die den IStGH nicht anerkennen.
Da bleibt dann nur die Drohung bedrohter Staaten: Achtung! Wir werden uns wehren! Wir sind vorbereitet, und wir haben Verbündete!

 Fridolin ergänzte dazu am 14.05.25 um 19:02:
Das könnte man durchaus so formulieren: wie man den Frieden bewahren kann.
"könnte man" - ja, wenn man Dich nicht kennen würde.

Auf Deiner assyrischen Leimrute werde ich mich jedenfalls nicht niederlassen . 
Aber: Der frömmste Nachbar wird zum bösen Nachbar, wenn Du keine Rücksicht auf ihn nimmst. Leuchtet das nicht ein?
Die Abschreckung dient dem Machterhalt, nicht dem Frieden. Sie ist eine Fortsetzung des Krieges auf anderer Ebene und legt dem Gegner nahe, seinerseits aufzurüsten. Sind die Waffen im kalten Krieg etwa weniger gefährlich geworden?
Und nebenbei: Mahatma Gandhis Briefe haben nicht ganz die erwünschte Wirkung gehabt, Nichtsdestoweniger bin ich froh, dass er sie geschrieben hat. Du offenbar nicht.

 hehnerdreck (13.05.25, 20:29)
So sah meine erste Wasserspritzpistole ungefähr aus. Apropos, als Kind sammelte ich kleine Spielzeugpanzer und -bomber, wie die Avro Lancaster (von Revell, die ich zusammenbaute). Mein Prunkstück war die schneidigschöne Lockheed XF 12 A, die ca. 20 DM kostete. Ich wollte damit andeuten, dass die Rüstungsindustrie auch beim Kinderspielzeug ihre Finger im Spiel hat. Na ja, ich nehme es mal an. Dass sie jedoch Kriegsspiele für Gameboys entwerfen lassen, weiß ich sicher. Da ballern kleine Kinder täglich unzählige Feinde nieder – alles mit Erlaubnis der Regierung (ob die sich dafür schmieren lassen?). Ich habe mal Motorengeräusche gesammelt. Für ein Hörspiel habe ich zunächst Grillen zirpen lassen, um eine friedvolle Stimmung auf einer Wiese zu erzeugen. Dann habe ich ganz langsam eine Staffel Avro-Lancaster-Bomber kommen lassen, bis die Lautsprecher immer lauter wurden und die Bomber schließlich ganz laut mir ihrem brüllenden Motorengeräusch wie über den Kopf hinwegflogen. Das war echt aufregend, diese Hörspielszene.

LG

 Fridolin meinte dazu am 14.05.25 um 23:32:
... auch ein ganz heißes Thema. Ich erinnere mich an so ein Gefühl von luftleerem Raum beim Spiel mit diesen Plastikpanzern. Direkt verboten war es nicht, aber ich hatte immer das Gefühl, etwas sagen wir mal Anrüchiges zu tun. Meine Eltern wollten das offenbar nicht, aber sie trauten sich auch nicht, etwas dagegen zu sagen. Es muss die Zeit der Wiederbewaffnung gewesen sein, wo das "Nie wieder Krieg" ihnen noch in den Knochen saß. Andererseits musste man zusehen, dass die offizielle Richtung geändert wurde. Plötzlich war es nicht mehr opportun, gegen Kriegsspiele zu sein, obwohl sich eigentlich noch alles im Innern dagegen sträubte. Es ist leider vieles ver- oder beschwiegen worden in dieser Zeit.
Und ich habe leider viel zu spät angefangen, darüber nachzudenken, wie sich das alles entwickelt hat.
Danke für die Sternchen.
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