Portmagee / Irland: Wir finden das „Booking Office“ in dem Fischerdorf sehr schnell, ein handbemaltes Pappschild im Fenster einer kleinen Kate nahe dem Hafen weist uns den Weg. Die „Office“-Betreiberin, eine ältere rundliche Frau, bittet uns in ihr Wohnzimmer, wo sie mit gewichtiger Miene ein Holzkästchen aus der Schublade nimmt und zwei Tickets für die heutige Fahrt zu den Skelligs herauszieht. Das Datum setzt sie handschriftlich dazu, dann zeigt sie zum nahegelegenen Kai. Ihr Mann warte dort auf dem Boot. Ich bin beruhigt, als ich das große Boot sehe, ich hatte mit Schlimmeren gerechnet.
Über eine Planke betreten wir das vermeintliche Ausflugsboot, doch hier scheint es kein Lebenszeichen zu geben. Wir sehen uns suchend um und entdecken den Bootsführer eines sehr kleinen Bootes, das längsseits hinter dem großen festgemacht hat. „Skelligs? This way, please!“ bittet er uns fröhlich in die Nussschale.
Ich überwinde meinen Fluchtinstinkt. So schlimm wird es schon nicht werden, die See wirkt an diesem sonnigen Juni-Morgen sehr ruhig. Es sind etwa 15 Passagiere an Bord, wovon der größte Teil offensichtlich aus Firmenangehörigen eines großen deutschen Automobilherstellers besteht – sie tragen alle gleiche Pullover mit Firmenemblem. Es geht lustig zu, einer aus der Gruppe macht den Klassenkasper, hat die Lacher auf seiner Seite und fährt nach und nach zur Höchstform auf.
Die See wird bewegter, sobald wir aufs offene Meer gelangt sind. Mein Magen zeigt erste nervöse Zuckungen, aber noch halte ich stand. Auch noch, als Basti, wie die Kollegen ihren Klassenkasper nennen, plötzlich über der Reling hängt. Er wird der Einzige bleiben. Seine Freundin streichelt ihn beruhigend, und der arme Basti liegt – nachdem sein Magen ziemlich leer sein müsste – abgeschlafft und schweigend an ihrer Schulter. Ich drehe mein Gesicht vorsichtshalber zur Seeseite. Die Skelligs mit ihren weißen Vogelkot-Spitzen kommen in Sicht.
Später steigen wir andächtig unzählige ausgetretene Steinstufen auf Skellig Michael empor, besichtigen ehrfürchtig die jahrhundertealte Mönchssiedlung, machen Brotzeit am Rande der Klippen mit Blick in die unendliche Weite des Atlantiks. Möwen und Puffins umschwirren uns dabei.
Am Nachmittag hat der Wind etwas aufgefrischt, kleine Schaumkrönchen tanzen auf dem Wasser. Zur Rückfahrt erscheint die Kollegengruppe sichtlich ermüdet, vielleicht von den vielen Stufen, vielleicht beeindruckt von der rauen Schönheit dieses Felsens. Selbst Basti schweigt. Die Fahrt geht trotz des leichten Seegangs ohne weitere Zwischenfälle schneller zu Ende als befürchtet.
Im Kollegenkreis dürfte man sich später viel zu erzählen gehabt haben.