andi(e)stirnschlag

Kleinlichkeiten


Eine archivierte Kolumne von  AndreasG

Donnerstag, 18. Dezember 2008, 11:41
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Heidenspaß zur Weihnachtszeit

„Es ist kein Wunder, dass die großen monotheistischen Religionen von heute in der Wüste entstanden sind,“ hörte ich vor kurzem in einer interessanten Diskussionsrunde im WDR, „denn es fällt nicht schwer in dieser Umgebung nur einen Schöpfergott zu vermuten. In den dichten Wäldern Mitteleuropas aber, in denen Tausende Tier- und Pflanzenarten leben, ist ein Schöpfer-Team viel wahrscheinlicher.“
Sicherlich, es war der Einwurf eines Komikers, aber nach dem ersten Schmunzeln kamen meine Gehirnwindungen doch in Wallung. Gilt es bisher nicht als Dogma der Theologen, dass sich der Monotheismus (also der Glaube an einen Gott) aus dem Mehrgötterglauben entwickelt hat? Was aber, wenn dem nicht so ist? Was, wenn es entweder keine feste Regel dazu, oder zumindest eine völlig andere gibt?
Bei den Historikern gilt es inzwischen als gesichert, dass der jüdische Glauben sich aus einem Götterpaar zu einem Eingottglauben entwickelt hat (ein Indiz für das Dogma), aber wer kann denn mit Sicherheit behaupten, dass es vorher noch mehr Götter gewesen sind, die sich nach dem Prinzip des “der-Stärkere-gewinnt“ im Laufe der Zeit ausgemendelt haben? Könnte es nicht vielleicht viel komplizierter sein?
Einige Historiker haben zum Beispiel den griechischen Pantheon angeführt, der aus einem Zusammenschluss lokaler Gottheiten zu bestehen scheint. Jede griechische Stadt hatte ihre höchste Gottheit, ihre Schutzgottheit, wie das oft genannt wird. Könnte es sein, dass eine Art diplomatische Glaubensvereinigung zu dem bekannten Zwölfer-Team im Olymp führte? Könnte es also eine Wellenbewegung bei der Zahl der Götter geben?

Gut, die Vorweihnachtszeit mag ein unangemessener Zeitpunkt für solche Gedanken sein. Immerhin ist dies eine heilige Zeit unseres Kulturraums und das Christentum ist nun einmal eine monotheistische Religion (wobei in diesem Punkt die Meinungen auseinander gehen …).
Wie kann in einer solchen Zeit an dem EINEN gezweifelt werden? Das Christentum hat doch keine Entwicklung, keine Evolution, keine Glaubensvereinigung durchgemacht. Es war schon immer da … ähm … fast immer … eine verdammt lange Zeit halt.
Mit dem Brustton der Überzeugung, dabei mit dem Rücken zum Weihnachtsbaum sitzend, kann ich mir die Empörten gut vorstellen. Auf dem Esstisch steht ein Adventskranz, die Kinder zanken sich, ob jetzt der Weihnachtsmann oder das Christkind die Geschenke bringt, in der Schublade kuscheln sich die übrig gebliebenen Sylvesterraketen vom letzten Jahr an die Osterhasen und Oma liest im Hintergrund die Weihnachtsgeschichte vor (mit Engel, Krippe und drei Weisen). Sehr idyllisch, sehr … christlich.

Aber egal. Das kümmert eh niemanden. Unterschiedliche Weihnachten im weltweiten Christentum? Heilige, Engel und Dämonen? Gottes Mutter? Vater, Sohn und …? Sonnenwendfeiern, geschmückte Bäume, Mistelzweige, ein bärtiger Kerl im roten Mantel und Rentiere?
Nein, Glauben ist natürlich eine eindeutige Sache. Es gibt nur eine Entwicklung zur Wahrheit hin, da die unzivilisierten Wilden (gemeint sind unsere Vorfahren) noch nicht die Zusammenhänge erkennen konnten. Da sind die weihnachtlichen Traditionen nichts als Metaphern und romantische Rituale für Kinder. Erwachsene sind immun.

Darauf einen Glühwein. Prost.


A.G.

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Kommentare zu diesem Kolumnenbeitrag


 Isaban (18.12.08)
Krieg ich einen alkoholfreien? Das passt so schön zur Scheinheiligkeit des Weihnachtsrummels.

Eine interessante Abhandlung über Glaubens- und Unglaubensfragen zur heiligen Zeit.

Liebe Grüße,
Sabine

(Und das mit der Wi hätte mir trotzdem gefallen. )
wupperzeit (58)
(18.12.08)
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