Alle 6 Definitionskommentare von Malik

01.01.08 - Kommentar zur Definition " Senryu": "Das Senryû ist eine dem Haiku sehr ähnliche japanische Gedichtform. Während das Haiku aber mehr der Natur zugewandt ist, befasst sich das Senryû mehr mit dem Persönlichen, dem Emotionalen. Wie ein Haiku hat auch das Senryû drei Verse mit traditionell fünf, sieben und fünf Silben. In der deutschen Fassung ist die Silbenzählung umstritten. In der japanischen Kalligraphie werden nicht Silben gezählt, sondern die charakteristische Form ergibt sich aus der bildhaften Darstellung, bei der jeder Silbe ein Schriftzeichen entspricht. Die Verse werden in der japanischen Form untereinander geschrieben. Erst in neuerer Zeit erreichten Senryû eine größere Bedeutung. Oft werden sie auch von Neulingen mit Haiku verwechselt, wenn als einziges Kriterium nur die Silbenzahl verwendet wird."

01.01.08 - Kommentar zur Definition " Sage": "Im Wortsinn ist Sage zunächst - ähnlich wie Spruch und Rede - etwas Gesprochenes (Sprache). Derart unspezifisch findet es nur als Bestandteil -sage verschiedener Komposita Verwendung: in Absage, Ansage, Aussage, Durchsage, Vorhersage, Zusage. Im spezifischen Wortgebrauch ist Sage (von althochdeutsch saga Gesagtes; Prägung durch die Brüder Grimm) ein Sammelbegriff für mündlich überlieferte Erzählungen für wahr gehaltener oder auf einem wahren Kern beruhenden Begebenheiten, deren Realitätsanspruch über dem des Märchens steht. Sie wurde im Lauf der Zeit ausgeschmückt und ständig umgestaltet. Grundsätzlich kann man zwischen der Volkssage und dem Epos unterscheiden. Stoff oder Motiv einer Volkssage können von anderen Völkern und Kulturen übernommen sein (Wandersagen), werden aber gewöhnlich mit landschaftlichen und zeitbedingten Eigentümlichkeiten und Anspielungen vermischt. Bei Epischen Sagen handelt es sich eher um eine archaische Form der "Geschichtsschreibung" aus Zeiten vorwiegend mündlicher Überlieferungen, die irgendwann in meist höchst kunstvoll dichterischer Form niedergeschrieben wurden. Dazu gehört die nordische Saga, die Heldensagen und die Artussage ebenso wie das griechische Epos. Sagen sind - anders als Märchen - eng verbunden mit einer Lokalisation (Ortssagen) oder einer Datierung, sowie mit einer strengen Scheidung zwischen dies- und jenseitigem Bereich. Bei der Entstehung von Sagen greifen subjektive Wahrnehmung und objektives Geschehen so ineinander, dass ein übernatürliches Erlebnis und nicht glaubhaften Elemente Wesenskerne der Sage werden."

01.01.08 - Kommentar zur Definition " Haiku": "Das Haiku (Plural die Haiku) ist die kürzeste literarisch anerkannte Gedichtform der Welt, es gibt kaum eine Sprache oder ein Land, in dem keine Haiku geschrieben und gelesen werden. Haiku ist die einzige Gedichtform, deren Pflege sich weltweit zahlreiche Gesellschaften widmen. Im Internet ist es die populärste Lyrikform. Jedes Jahr erscheinen Tausende dem Haiku gewidmeten Zeitschriften und es werden unzählige Wettbewerbe ausgeschrieben. Das Haiku entstammt der japanischen Literatur und hat sich dort seit dem 9. Jahrhundert aus dem fünfzeiligen Tanka (5-7-5-7-7 Silben) und der populären Renga-Dichtung des 14. Jahrhunderts entwickelt. Der größte japanische Haiku-Dichter Matsuo Bashô gab dem Gedicht im 17. Jahrhundert seine anspruchsvolle inhaltliche Prägung und verhalf ihm zu seiner Blüte. Das klassische japanische Haiku besteht aus siebzehn Silben, meist im Rhythmus 5 –7 – 5 Silben. Es beschreibt ein Naturerlebnis in einer bestimmten Jahreszeit, wobei diese meist durch ein Jahreszeitenwort ( kigo- z.B. Knospen für Frühling) bestimmt ist. Es gibt in Japan unterschiedliche Sammlungen von kigo, verschiedene Schulen haben sich herausgebildet. Die japanische Sprache hat zur Gestaltung einer Gedankenpause eigene Wörter, die nur im Haiku Verwendung finden (Schneidewörter – kireji). In Japan und in der ganzen Welt wird darüber diskutiert, ob die strenge 17-Silben-Form heute noch verbindlich ist. Dabei muss beachtet werden, dass „Silben“ im Japanischen nicht immer identisch sind mit dem, was wir darunter verstehen. Auch kann je nach Struktur einer Sprache mit siebzehn Silben unterschiedlich viel Inhalt transportiert werden. Um der Gefahr reiner Bildbeschreibung oder gedankenlyrischer Kommentare zu entgehen, bedarf es in diesem so kleinen Gedicht einer spürbaren Bewegung. Diese kann zum Beispiel erreicht werden durch den Gebrauch von Verben in der Gegenwartsform oder durch die Gestaltung von zwei Polen die in einer gewissen Spannung zueinander stehen. Das Kurzgedicht erfordert hohe sprachliche Disziplin und ein Gefühl für Rhythmus. Reime, Worttrennungen über das Zeilenende hin, Fremdwörter und Wortwiederholungen sollten besser nicht verwendet werden. Der Autor sollte sich selber ganz zurücknehmen, seine Darlegung sollte nur dem Geschehen gelten und keine Meinungsäußerung oder philosophische Schlussfolgerung sein. Nur so erreicht das Gedicht Transzendenz und Offenheit, die es auch dem Leser (Hörer) erlauben, das Erlebnis nachzuvollziehen und mit eigenem Empfinden zu füllen."

01.01.08 - Kommentar zur Definition " Essay": "Die essayistische Methode ist eine experimentelle Art, sich dem Gegenstand der Überlegungen zu nähern und ihn aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten. Das Wichtigste ist jedoch nicht der Gegenstand der Überlegungen, sondern das Entwickeln der Gedanken vor den Augen des Lesers. Bauanleitung: Das Thema des Essays soll von Anfang an ganz klar ersichtlich sein, es begleitet den Leser wie ein roter Faden ungekünstelt durch den ganzen Text. Jeder neue Begriff wird eingeführt und vorgestellt. Handlungen werden chronologisch erzählt und Zitate deutlich als solche gekennzeichnet. Der Umfang eines Essays ist eher knapp , das macht ihn übersichtlich und gut verständlich."

01.01.08 - Kommentar zur Definition " Ballade": "Eine Ballade ist eine erzählende, rhythmisch gestaltete sagenhafte Schilderung eines vergangenen Geschehnisses, mitunter romantisch oftmals mit einem unvermeidlichen katastrophalen Ende, mit kurzen Zeilen und einfachen wiederholten Reimen, manchmal mit Refrain. Die Ballade ist das "Urei der Literatur", sie enthält sowohl epische als auch lyrische und dramatische Elemente. Anders als die eher traditionelle Dichtung benötigen Balladen keine großen Aufwand an Erklärungen. Die Erzählstruktur ist üblicherweise schlicht, klar und leicht lesbar. Das Gefühl ist gewöhnlich auf ein Minimum beschränkt, und die Motive der handelnden Personen sind eher grob strukturiert. Die Dialoge sind beschränkt auf ein sparsames Maß."

01.01.08 - Kommentar zur Definition " Aphorismus": "Ein Aphorismus ist ein kurzer, einprägsamer Sinnspruch, ein Gedankensplitter von philosophischem Tiefgang. Er wird weder begründet noch hergeleitet. Ein Charakteristikum von Aphorismen ist, dass sie über sich hinausweisend auf etwas hindeuten, das sie nicht aussprechen, aber dennoch indirekt darauf hinweisen, indem sie es zeigen. Aphorismen sind kurze Prosa-Texte, die in geschliffener (rhetorisch überspitzter, pointierter) Form einen geistreichen, betont subjektiven Gedanken (ein originelles Werturteil, eine persönliche Erkenntnis, eine Lebensweisheit) moralischer, philosophischer, psychologischer, ästhetischer Art zum Ausdruck bringen. Ihrer formalen Gestaltung nach sind Aphorismen in sich abgeschlossene, kontextunabhängige (aus ihrem jeweiligen Umfeld herauslösbare) Aussagen. Im Hinblick auf ihren ideellen Gehalt hingegen sind sie extrem offen, indem sie den Leser zum Weiterdenken oder zum Widerspruch reizen."

Diese Liste umfasst nur eigenständige Definitionskommentare von Malik. Threads, in denen sich Malik an der Diskussion zu Definitionskommentaren anderer Leser mit Antworten bzw. Beiträgen beteiligt hat, findest Du  hier.

 
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Malik hat übrigens nicht nur Kommentare zu Genre-Definitionen geschrieben, sondern auch  3 Kommentare zu Teamkolumnen verfasst.

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