KLICKS UND CLIQUEN
Synthesen + Analysen in der Matrix
Eine Kolumne von Bergmann
(bisher 325x aufgerufen)
La rose en vie
609. Kolumne
Ähnlichkeiten mit Lebenden oder Toten oder lebenden Toten sind zufällig, rein zufällig, absichtlich zufällig, zufällig absichtlich, rein absichtlich und nichts als die reine Absicht.
Im Briefkasten liegt eine Rose. Dazu ein Brief von Arthur: Meine Rosen sind traurig, dass du sie in diesem Sommer nicht besuchst!
Lieber Arthur,
die schöne Rose, die du mir sandtest, sagte: Stimmt nicht, Arthur flunkert, wir sind gar nicht sauer auf dich, weil du uns in diesem Sommer noch nicht besucht hast. Arthur kann nicht die Wahrheit sagen, er ist ein Dichter, wir kennen ihn gut. Übrigens, wir haben dich aus der Ferne gesehen, als du bei uns vorbeigefahren bist!
Ihr habt aber gute Augen!, antwortete ich. Stimmt, ich war schon drei Mal an euch vorbeigefahren, einmal mit dem Zug. Ich habe euch zugewinkt.
Gewunken!, unterbrach deine Rose mich mit sanftem Tadel.
Typisch Arthur!, sagte ich. Er ist noch einer von der alten Schule...
Sag das nicht!, sagte die Rose. Er schreibt immer kühner, manchmal verstehen wir ihn schon gar nicht mehr richtig, aber wir kennen ihn und wissen, er liebt uns, er kann nicht anders, wir sind kluge Frauen in unserer Hecke, er kann uns nichts vormachen, weder mit seinen Komplimenten von früher noch mit seinen neuen Worten.
Liest er euch denn alle seine Gedichte vor?, fragte ich.
Ja, antwortete sie, er braucht das Echo der Rosen.
Interessant, sagte ich, am Ende schreibt Arthur seine Gedichte sozusagen von euch ab!
Du sagst es, aber auf uns hört ja niemand.
Auch seine Geliebte nicht?
Ja, schon, aber die hält zu ihm, obwohl sie auch eine Rose ist.
Das dachte ich mir, sagte ich.
Warum hast du uns nicht besucht?, fragte die Rose.
Schwer zu sagen, sagte ich, als ich in eure Nähe kam, dachte ich, das wäre jetzt bestimmt schön bei euch, aber dann quatscht ihr mich zu und ich verliere zu viel Zeit.
Was denkst du denn von uns!
Na ja, ich wollte eben weiter, und vielleicht war ja sowieso keiner da.
Wir sind immer da!
Arthur ist doch andauernd in allen Erdteilen unterwegs, er liebt euch gar nicht so sehr, wie er immer tut. Erst pflanzt er euch, und dann sollt ihr ganz alleine wachsen!
Wenn wir ihm das sagen, hört er nicht hin, sagte die Rose.
Und wenn ihr schön gewachsen seid, schneidet er euch aus der Hecke oder aus dem Busch. Arthur ist ein Rosenmörder!, sagte ich.
Die Rose schwieg, und während eins ihrer dunkelroten Blütenblätter ganz krumm wurde und sich nach außen bog, sagte sie: Wir verdrängen das immer und sagen, die Liebe ist ohne Schmerzen gar nicht richtig da.
Aha, sagte ich, siehst du jetzt, was er mit seinen Gedichten anrichtet? Und ich fügte nach einer kleinen Weile hinzu: Ihr müsst euch wehren! Wozu habt ihr eure Dornen?
Die nützen gar nichts, sagte die Rose, Arthur zieht sich dicke Handschuhe an, dann nimmt er eine scharfe Schere und schneidet uns ab.
Aber doch nicht alle?, fragte ich.
Nein, sagte sie, das ist es ja. Die meisten dürfen weiterleben, und darüber freut er sich so sehr, dass wir uns immer wieder mit ihm vertragen.
Das Ganze ist ja eine vertrackte Psychokiste, sagte ich. Ihr kennt doch bestimmt die Rose des kleinen Prinzen?
Ja, klar!, sagte meine Rose. So stolz sind wir auch, aber... Sie schwieg.
Ich ahnte ihren Kummer: Du meinst die Rosen, die Arthur noch lieber mag als euch.
Ja, sagte sie, die Über-Rosen.
Ich versuchte sie zu trösten: Weißt du, Arthur ist eben keine Rose.
Er tut aber immer so!, sagte sie.
Hm, sagte ich, das hab ich auch schon mal gedacht, er hat sich selber ganz schön lieb - wie eine Rose!
Ja, sagte sie, das ist zum Glück seine Schwäche, denn das haben die Über-Rosen nicht so gern, und wenn sie ihm ihre Dornen zeigen, dann kann er seine Handschuhe und seine Schere wegwerfen!
Bist du da ganz sicher?, fragte ich sie, für die Über-Rosen gibt es andere Handschuhe und ganz feine Scheren, die man nicht sehen kann.
Oh!, sagte sie, du kennst dich aber gut aus!
Ich bin eine Rose!, sagte die Rose.
---------------Ich auch, lieber Arthur!
Schlange
-