KLICKS UND CLIQUEN

Synthesen + Analysen in der Matrix


Eine Kolumne von  Bergmann

Montag, 27. April 2009, 18:00
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ÜBER DAS RAUCHEN

146. Kolumne

So kurz und klar wie möglich:

Ich habe anfangs gern geraucht, das ist wahr. Aber ich habe immer gewusst, dass es mir schadet, und ich habe das auch immer mehr gespürt. Die Zigarette ist tückisch. Erst spät wird dem Raucher der suizidale und selbstbetrügerische Aspekt seines immer mühsameren ‚Genusses’ klar. Allzu strikte Verbote helfen nicht, verlagern nur die Probleme; aber Laisser-faire scheitert auch. Am liebsten wäre mir, wir würden zur Vernunft, zu unserem Glück nicht gezwungen, sondern verführt. Ich weiß aber auch nicht wie. Und da offenbar die Vernunft so reizvoll nicht sein kann, ist sanfter Druck gegen die, die nicht recht wissen, was sie tun, leider unvermeidlich.

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Kommentare zu diesem Kolumnenbeitrag


 Elén (22.05.09)
Die Illusion begann zu jenem Zeitpunkt, am dem das Glück zur Absicht erklärt wurde. - Genussmittel, psychptrope Substenzen u. Rausch im Zeitalter der Sinnleere und Langeweile erleichtern das schwere Leiden am Vakuum und am Verlust der Lust an Leben und Streben.

lg
wupperzeit (58)
(22.05.09)
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 Bergmann (22.05.09)
Lieber Elvarryn, 33, was bedeutet hier "Subtext"? (Zwischen den Zeilen?) Behagt dir nicht, dass ich's geschafft habe, von der Sucht wegzukommen? Und dass ich mich gegen das Rauchen ausspreche? Ein Raucher, der das Rauchen bejaht, ist entweder noch sehr jung oder dumm. Gesetze und kapitalistische Realitäten sind doch kein Grund zur Rechtferigung des Rauchens! Dass viele es nicht schaffen, von ihrer Sucht wegzukommen, ist eine andere, diffizilere Sache. (Ich war ja schließlich auch bis zum 49. Lebensjahr süchtig...)

Liebe Andrea Elèn, 30, jeder hat es in der Hand, sich der Sinnleere (die es in jedem Zeitalter gibt) zu entziehen. Alle Fans von Germanys next Top Model oder Jauch oder Raab oder Dieter Dumm beten ihre eigene Leere an. Die Schwere des Lebens ist eine andere Kategorie - aber auch hier erkenne ich fürs Rauchen keine Entschuldigung an für die eigene Schwäche. Ich habe mein Rauchen nie entschuldigt, sondern - anfangs - immer nur als Genuss verteidigt, was aber eigentlich genauso dumm war. Ich bin gegen jedes Opium fürs Volk. Ich bereue nicht die Zeit als Raucher, aber das Rauchen bereue ich sehr - nicht wegen des Geldes, sondern wegen des Selbstbetrugs, so klein er auch war.

 Elén (23.05.09)
NEIN. - Zit.: Ein Raucher, der das Rauchen bejaht, ist entweder noch sehr jung oder dumm. _ Das ist zu einfach und, mit verlaub, ein massentauglicher Erklärungsansatz, der bei genauerer Erörterung nicht eine Minute standhält. Zudem ist es nicht möglich, hier in Kurzform alle meine Gedanken dazu aufzuschreiben zu einem Thema, das komplexer ist, als nur ein bisschen Vernunft und Disziplin._ In Gegenwart unserer Zeit ist der Pornographische Markt, Sexindustrie Wirtschaftskraft Nummer 1, unmittelbar gefolgt von der Drogenindustrie, ergo: der Mensch konsumiert Lust, Sinnlichkeit, er schafft sich an, er kauft sich seinen Sinn und erzeugt sich sein synthetisches Glück. Glück kann jedoch niemals, wie ich bereits erwähnte, Intention sein, sondern nur Effekt: von etwas. Was der moderne Mensch betreibt, ist Effekthascherei. Er geht der Massenindustrie auf den Leim, er geht unter im Alltag der Reizüberflutung, er verliert sich im Überfluß, in der tausendzähligen Suggestionen von Glück. _ Der zivilisierte Mensch bekommt Tag für Tag soviel Glück ins Haus geliefert und doch leidet er an emotionalen Nöten, die in der Moderne zur existentiellen Bedrohung werden: Depression als Volkskrankheit Nr.1 und Österreich als Land mit höchster Suizidrate, unmittelbar gefolgt von Deutschland. _ Ein Appelll an die Vernunft? - Das kann wohl nur zynisch gemeint sein..

ach ja: Nichtraucher meinerseits.

lg

 Bergmann (23.05.09)
NEIN, Andrea.
Das Leben ist nicht sinnlos. Du musst dir nicht das Scheiß- und Schein-Glück reinziehen, das die Industrie für die vielen Schwachen und Dummen herstellt und die Armen im Geiste auch noch materiell ausbeutet.
Du musst dein Leben ändern, sage ich allen Konsumenten, die vanitas vanitatum lieben und primitiv carpe diem leben.
Das Leben bietet viel Gutes - den Sinn gebe ich selbst, und das ist möglich.

 Ingmar (29.06.09)
rauchen ist nicht die krankheit, sondern symptom der krankheit. die krankheit: die lebensweise und sicht auf das leben. wer richtig lebt, raucht nicht, so verstehe ich herrn bergmanns these. schliesslich ist rauchen ungesund, man wird krank davon... und wer raucht, weiss nicht recht, was er, was sie tut. so wird oben konstatiert. eine prämisse, die sich auf die physisch schädliche wirkung des rauchens stützt.

also, man besteigt einen berg nicht, wegen der gefahr, abzustürzen. und früher oder später wird man abstürzen, die gefahr ist gross. man soll am fuss des berges sicher stehen bleiben und sicher zum gipfel hoch schauen und ein langes leben leben, versunken in diese betrachtung.

sehr polemisch gefragt: was würdest du wählen, herr bergmann: den schmerz oder das nichts?

(ps. das schreiben schadet übrigens auch. das sitzen tut dem rücken nicht gut. ausserdem verpasst man, was draussen spannendes passiert im leben. man könnt sich in der zeit um frau und kind und hund kümmern... schreiben ist tückisch.)

 Bergmann (01.07.09)
Lieber Ingmar:
1. Nicht jeder Berg ist es wert erklommen zu werden!
2. Ist Rauchen ein Gipfel???
P.S.: Ich habe 26 Jahre lang geraucht. Es waren 26 Jahre zuviel. Meine Gipfel lagen und liegen woanders, gleichsam tiefer...
:-)

 Ingmar (06.07.09)
1. Nicht jeder Berg ist es wert erklommen zu werden!
2. Ist Rauchen ein Gipfel???

zu 1.) ja, aber die entscheidung, ob er da hoch will, liegt beim bergsteiger. er hat sich diesen berg ausgewählt; er kennt das risiko. es ist seine entscheidung. er ist kein kind mehr.

zu 2.) nein, nicht bei denen, die bei trost sind. meines erachtens. dennoch.

voltaire sagte einmal zu jemandem: "ihre meinung ist mir zwar widerlich, aber ich werde mich dafür totschlagen lassen, dass sie sie sagen dürfen."

so seh ich das auch hinsichtlich rauchern und der freiheit des einzelnen. wenn ich lese "sanfter Druck gegen die, die nicht recht wissen, was sie tun", finde ich das vom autoren eine elitäre, um nicht zu sagen arrogante aussage erstens, und zweitens eine bevormundung, gegen die ich mich zur wehr setze, wenn sie auf politischer ebene stattfindet (wie sie es tatsächlich tut).

ingmar
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