BlackHört
Un-Erhörtes aus der Musikwelt
Eine Kolumne von BLACKHEART
(bisher 1.978x aufgerufen)
"Red deut(sch)licher. Ich versteh dich nicht!"
Ein neues Jahr, eine neue Kolumne.
Was euch hier erwartet? Eine bunte Mischung aus Fakten und eigener Meinung (der nicht jeder zustimmen wird). Das ganze gewürzt mit etwas Ironie, einer Prise Sarkasmus und einem Schuss Ignoranz. Ach ja, und einem Anfang:
Neulich an der Arbeit fiel mir auf, dass sich in den "Das-Beste-aus-Rock-und-Pop"-Einheitsbrei der deutschen Radiostationen vermehrt deutsche Texte eingeschlichen haben. Und das sowohl bei öffentlich-rechtlichen, als auch bei privaten Sendern.
Bevor jemand fragt: Nein, bei uns an der Arbeit läuft nicht HR4 oder ein vergleichbarer Sender. Dafür ist der Altersschnitt dann doch noch zu niedrig. Leider ist er aber auch noch nicht hoch genug, um PLANET RADIO komplett ausschließen zu können. Könnte auch an den Azubis liegen.
Aber ich schweife ab.
Wie gesagt, ich höre vermehrt auch deutsche Texte heraus und frage mich, woran das liegen mag.
Gibt es auf einmal mehr deutschsprachige Interpreten?
Sind die Songs einfach nur besser, so dass sie sich besser verkaufen?
Oder ist das nur gerade so ein Trend?
Falls das Letztere der Fall ist, sollten sich Künstler wie CLUESO, TIM BENDZKO oder ADEL TAWIL lieber jetzt ein gutes Polster auf die Seite legen. Wer weiß, wann die Musikindustrie den nächsten Trend ausruft und sich kaum noch einer der "Fans" für deren Musik interessiert.
Dass es mehr geworden sind, liegt da für mich schon eher im Bereich des Möglichen. Das Internet mit seinen vielfältigen Möglichkeiten (YouTube, My Space, etc.) hat schon einige aus ihren Wohnzimmern auf die großen Bühnen gebracht. Also, warum dann nicht auch deutschsprachige Interpreten?
Ob die Songs besser sind als früher, liegt im Ohr des Zuhörers. Ich kann für mich ganz klar sagen: In den meisten Fällen nicht.
Hier eine kleine Übersicht über die deutsche Musiklandschaft:
- Im klassischen Deutschrockbereich ist von den 3 Großen mit den langen ...
Nachnamen bereits alles gesagt, gesungen oder genuschelt worden.
- Gleiches gilt für das Singer/Songwriter-Genre sowie Soul und andere "leichte" Musik: Die schönsten Blumen auf der Wiese der Songtexte wurden bereits vom heiligen Xaver und seiner Mannheimer Herde abgegrast.
- Und mit dem deutschen Hip Hop geht es steil bergab. Vor allem, was die Inhalte angeht. Waren es in meiner Jugend noch eher Party-Tracks mit teilweise genialen Vergleichen
(geben wir mehr Gas, als im Hühnerstall 'ne Oma aus "Ja, ja deine Mudder" von FÜNF STERNE DELUXE)
oder Songs mit politischem Inhalt
(z.B.: "Weck mich auf" von SAMY DELUXE),
so hört man heutzutage nur noch, was für harte "Gangztaz" sie sind, dass sie saufen, kiffen, koksen und sich gegenseitig den After penetrieren wollen (wahlweise auch der Frau, Freundin, Schlampe eines anderen) oder dass sie andere aufs übelste beschimpfen.
Die sagen dazu: "dissen".
Ich sage dazu: "Dissen" ist ein Stadtteil von Gudensberg in Nordhessen.
Außerdem fällt auf, dass die wenigsten Deppen, pardon Räpper, in der Lage sind, vernünftige deutsche Sätze zu bilden. Beispiel gefällig?
lauf ich durch die Stadt mit einer Schaufel, um die deepen Rhymes zu diggen aus "Haus & Boot" von KOOL SAVAS.
Informationen darüber, was dieser Mensch uns damit sagen will, schicken sie bitte direkt an Aktenzeichen XY ungelöst oder jede Dienststelle des Duden.
- Und die Texte von diesen Pop-Rock-Bands (WIR SIND HELDEN, JULI, SILBERMOND, JUPITER JONES, etc.) und ihren stilistischen Artverwandten (ROSENSTOLZ, GLASPERLENSPIEL) klingen irgendwie alle gleich. Oder um es mit den Worten von JAN DELAY alias EIßFELDT zu sagen: Aus 50 Wörtern wählen, um das gleiche zu erzählen. (aus "Liebes Lied" von den ABSOLUTEN BEGINNERN). Der einzige Unterschied liegt im Geschlecht des Sängers. Aber selbst wenn man das tauschen würde, würde es keinen Unterschied machen.Vom inhaltlichen her wäre es ja immer noch gleich. Meiner Meinung nach, sollte es schon einen Unterschied zwischen den Themen geben, über die von Männern, bzw. Frauen gesungen wird. Kann man anders sehen, muss man aber nicht.
Und damit ist auch schon alles zu diesem Thema gesagt.
- Im Bereich Punk und "neuer Deutschrock" (mir fällt dafür gerade keine bessere Bezeichnung ein) tut sich dagegen einiges. Zumindest quantitativ. Viele neue Bands kommen aus dem Untergrund hoch und können auch eine treue Fanschar ihr eigen nennen. Bands wie BETONTOD oder BROILERS spielen sogar auf großen Rock- und Metal-Festivals wie WACKEN.
Es lässt sich nicht verhehlen, dass etliche (nicht alle) dieser Bands in irgendeiner Form von den BÖHSEN ONKELZ beeinflusst wurden. Die Lücke die diese gerissen haben, wird durch diese neue Generation langsam wieder aufgefüllt, womit sich der Kreis schließt.
Leider gibt es aber auch Gruppen, die das Erbe der ONKELZ auf deren Anfangstage beschränken und entsprechend auch dort ansetzen. Ich persönlich finde es erschreckend und schockierend zu sehen, was für einen Zulauf Bands wie FREI.WILD haben, die aus ihrer politischen Einstellung keinen Hehl machen. Aber ich wollte ja über deutsche Bands sprechen.
- Wie z.B. jene, die die deutsche Sprache zu ihren Ursprüngen zurück verfolgen und in die Musik auch gleich die passenden Instrumente mit einbauen. Mittelalter-/Folk-Rock/Metal erfreut sich weiterhin äußerst großer Beliebtheit. Und das inzwischen auch weit über die "klassischen" Zielgruppen hinaus. Bei Konzerten von Bands wie IN EXTREMO, SUBWAY TO SALLY, SCHANDMAUL, CORVUS CORAX oder SALTATIO MORTIS sieht man vom gewandeten Burgfräulein über den kuttentragenden Schwermetaller bis hin zum Polunder-Papi samt Anhang so ziemlich jedes Alter und jede Gesellschaftsschicht einträchtig beisammenstehen. So muss das sein.
- Als wohl "deutscheste" Musikart kann wohl der Schlager angesehen werden. Seit Jahrzehnten unverwüstlich bringt er immer neue Songs und Stars hervor und erfreut sich stets größter Beliebtheit. Vor allem ab 1,5 Promille. Es gibt wohl kaum jemanden, der nicht schon mit vollem Kopf aus vollem Hals "Das rote Pferd", "Anton aus Tirol" oder irgendwas von WOLFGANG PETRY mitgegrölt hat.
Aber den Titel "Deutscheste Band aller Zeiten" hat sich, trotz oder vielleicht gerade wegen der Konkurenz aus der NDH-Ecke (OOMPH!, EISBRECHER, MEGAHERZ) eine andere Band verdient: RAMMSTEIN
Nicht, weil sie deutsch singen. Weil sie deutsch klingen.
Gilt französisch weltweit als angenehme Sprache, wegen der vielen weichen Laute, so ist es bei deutsch genau anders herum. Die vielen "T", "P", "K", etc. und vor allem das rollende "R" lassen die deutsche Sprache sehr hart klingen (vergleichbar etwa mit den arabischen Sprachen, in denen das "CH" sehr stark verbreitet ist).
Und genau diesem Umstand verdanken RAMMSTEIN ihren weltweiten Erfolg. Weil sie genau dem entsprechen, wie man sich in anderen Ländern Deutsche vorstellt. Nur schade, dass man im Ausland in den seltensten Fällen auch die Texte versteht. Die sind nämlich sowohl vom Aufbau, als auch vom Inhalt her genial (nicht alle, aber ich brauche diese Aussage, um zu meiner abschließenden Überleitung zu kommen:). Da kann sich so mancher Depp, pardon Räpper noch eine dicke Scheibe von abschneiden.
@ Bushido: "Abschneiden" heisst nicht "ausschneiden und in eigene Tracks einfügen".
In diesem Sinne:
Haltet die Ohren offen!
Zum Beispiel für meine Top 5 der besten deutschsprachigen Songs von nicht-deutschsprachigen Künstlern:
Platz 5: "Feuer Overtüre/Prometheus entfesselt" von THERION (Schweden)
Platz 4: "Punk Rock Song" von BAD RELIGION (USA)
Platz 3: "Herz aus Stahl" von MANOWAR (USA)
Platz 2: "Sie liebt dich" von THE BEATLES (England)
und
Platz 1: "Weiber und Wein" von ALESTORM (Schottland)
Danke fürs Reinhören.
Euer BLACKHEART
Kommentare zu diesem Kolumnenbeitrag
Abgesehen davon finde ich den Rest ziemlich gelungen und es bietet einen guten Überblick über die aktuelle Situation. Was bleibt ist, das man über Gescmack nicht streiten kann.
P.S. Die Rammstein CD die ich meinem französischen Austauschpartner geliehen habe, habe ich heute noch nicht wieder bekommen.
Liebe Grüße
Alma Marie