Film & Fußball
Eine cineastische Mannschafts-Kolumne
Die Kolumne des Teams " Film & Fußball"
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Drei Filme
von Dieter_Rotmund
Zu Die Kirche bleibt im Dorf von Ulrike Grote, Deutschland 2012
Ein neuer Tiefpunkt in der langen Reihe der Epigonen von Marcus H. Rosenmüllers Wer früher stirbt, ist länger tot. Die deutschen Produzenten haben seit Rosenmüllers Überraschungserfolg aus dem Jahr 2006 entdeckt, dass man mit Komödien, die einen gewissen Lokalkolorit ausstrahlen, Geld verdienen kann. Es sind so etwas wie Ethnoburlesken, vorgeblich witzige Filme, die sich über regionale Schrullen lustig machen. Was bei Rosenmüller die auf dem Land lebenden Bayern waren, sind bei Die Kirche bleibt im Dorf die Schwaben, also die Baden-Württemberger, die weder am Rhein noch Bodensee wohnen noch Allgäuer sind. Warum auch nicht, sie, die Schwaben, bieten eine Menge Angriffspunkte. In Die Kirche bleibt im Dorf wird halb-schwäbisch gesprochen, denn voll-schwäbisch verstehen selbst die Nachbarn im eigenen Lande, die Badener nicht. Wer aus Gegenden nördlich des sogenannten Weißwurstäquators, dem Main, kommt, hat noch größere Probleme, schwäbisch zu verstehen. Das ist wahrscheinlich auch der Grund, warum der Film bisher nur im „Musterländle“ gezeigt wurde. Ein dralle Kinogängerin ein paar Sitze neben mir musste sich auffällig oft die – eigentlich ziemlich hochdeutschen – Dialoge von ihrem Begleiter übersetzen lassen. Übrigens musste er auch Teile der Handlung erklären. Diese erinnert am Anfang ein wenig an Adalbert Stifters Erzählung Bergkristall, führt aber auf dem kürzesten Weg fort von einer intelligenten zu einer äußerst tumben Komödie. Man erahnt, dass unter dem dichten Teppich des biederen Schenkelklopferhumors und der affigen Zoten es ein gutes Drehbuch gegeben haben könnte. Wer sich noch den Abspann ansieht, erkennt, woher die Metamorphose kommt: Die Degeto, die Firma, die für die ARD all die dämlichen Vorabendschmonzetten produziert, hat ihr Geld in Die Kirche bleibt im Dorf investiert und damit ihre Finger im Spiel. Ich verließ den Kinosaal nur deswegen nicht vorzeitig, weil eine der Schauspielerinnen in Die Kirche bleibt im Dorf Karoline Eichhorn war. Die ist nämlich ein Gute.
Zu Samsara von Ron Fricke, USA 2011
Ron Fricke, das ist der M. Night Shyamalan des Dokumentarfilms: Alle seine nach Koyaanisqatsi entstandenen Werke müssen sich mit diesem Film aus dem Jahre 1982 messen lassen, so wie viele Menschen sich äußerst abfällig über alles äußern, was Shyamalan nach Sixth Sense machte, auch wenn der eine oder andere dieser Filme doch recht ordentlich wurde. Fricke hielt sich allerdings zurück, nach Koyaanisqatsi entstanden nur noch Baraka (1992) und eben nun Samsara, das am 16. September 2011 in Toronto Weltpremiere hatte. Leider stellte der neben Alexandre Desplat derzeit Beste unter den Filmmusikkomponisten, Philipp Glass, nach Koyaanisqatsi weder in Bakara noch in Samsara die Musik. Das ist jedoch nur ein kleiner Schönheitsfehler, ansonsten ist Samsara ein brillantes Werk der cineastischen Ästhetik. Man muss nur darauf achten, sich den Film nicht mit Leuten anzusehen, die sich für weitgereiste Weltbürger halten und meinen, einem die Namen der gefilmten Stätten soufflieren zu müssen. Ob Dubai oder Deutschland, das ist nämlich egal, darum geht es nicht, denn Samsara ist kein nettes Reisefilmchen. Am besten alleine ansehen.
Zu From Rome with Love von Woody Allen, USA/Italien/Spanien 2012
Bei Woody Allens neusten Film vermischen sich Realität und Vorstellung der Protagonisten, gemixt mit einer Überzeichnung momentaner gesellschaftlicher Verhältnisse. Das führt zu einer streckenweise launigen Groteske, die wegen ihrer subversiven Kraft einen gewissen Charme hat. Leider kombiniert Allen das mit einer handwerklich extrem betulichen Kameraarbeit, die zu 100 Prozent Bilder verwendet, die in ein warm-goldenes Licht getaucht sind. Er verwendet auch noch äußerst gefällige italienische Schlagerliedchen und zeigt uns ein völlig touristenverseuchtes Rom. Um es mit zwei Worten zu sagen: Das nervt. Die Gesamtkomposition: Misslungen. Im Detail durchaus noch ein sehenswerter Film, was vor allem an Penelope Cruz' Darstellung einer Prostituierten liegt, die Sophia-Loren-Qualität hat. Falls jemand sich hier noch tatsächlich an Sophia Lorens filmisches Wirken erinnern und damit diesen Vergleich verstehen kann.
Schlussendlich bleibt die rein sachliche Feststellung, das Allen inzwischen zum europäischen Filmemacher geworden ist. Das kann man nur gutheißen, hat er sich damit nämlich deutlich von der aktuellen amerikanischen Komödie, die inzwischen bei Seth Farlanes sehr zotig-biederem Werk Ted angekommen ist, abgegrenzt.
Kommentare zu diesem Teamkolumnenbeitrag
Trotzdem: Mehr davon in zukünftigen Kolumnen!
Bergmann, das freut mich. Ich denke, hoffe, wenigstens Du kannst mit dem Namen Sophia Loren etwas verbinden...
Aber jetzt mal Butter bei die Fische, Müller, konkret welche ARD-Vorabendschmonzette möchtest Du denn von meinem Rundumschlag ausgenommen wissen? Na?