Film & Fußball

Eine cineastische Mannschafts-Kolumne


Die Kolumne des Teams " Film & Fußball"

Mittwoch, 23. Januar 2013, 16:13
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Harte Hunde, losgelassen

von  Dieter_Rotmund


Über Ruben Fleischers Gangster Squad (USA 2013)

Ein schick gekleideter Mann überreicht in Los Angeles in einer prachtvollen Bahnhofsvorhalle einer gerade eingetroffenen, attraktiven jungen Frau sein Kärtchen und sagt, dass sie sofort zu den ersten Vorstellungsterminen fahren könnten und die Verträge, die sie zum Star machen würde, so gut wie unterschriftsreif seien.
Die Szene spielt zwar 1949, aber jedem Zuschauer ist sofort klar, dass die Sache nicht koscher sein kann und das Angebot des schmierigen Kavaliers zumindest fragwürdig ist. Dies fällt auch einen Polizisten in Zivil, John O'Mara (Josh Brolin) auf. Er folgt den beiden und mischt in einem düsteren Gebäude ein Gruppe Krimineller auf, deren Vergehen man heutzutage als Vergewaltigung und Zwangsprostitution bezeichnen würde. Das Verb „Aufmischen“ verharmlost das Vorgehen von O'Mara, der mindestens ein so harter Hund ist, wie Brolins kantiges Gesicht vermuten lässt. Dabei kommen die Banditen noch gut weg, denn in den Augen von Gangsterboss Mickey Cohen (Sean Penn) haben sie versagt: Verbrennung bei lebendigen Leib ist die Bestrafung.
In den ersten halben Stunde von „Gangster Squad“ geht es darum zu zeigen, dass alle Beteiligten ganz harte Burschen sind. Auf der einen Seite ist das die titelgebende, aus Polizisten bestehende Gruppe, auf der anderen Seite Cohen und seine Handlanger. Allesamt Männer, einzig O'Maras Ehefrau Connie (Mireille Enos) sticht hervor. Sie weiß, das O'Mara ohne seinen Beruf nur ein halber Mensch ist, aber sie weiß auch, dass sie keinen toten Ehemann haben will. Doch die sanftmütige Rothaarige ist außen vor, weil schwanger.
Connie O'Maras Ambivalenz ist eine der wenigen doppelbödigen Charaktere in Ruben Fleischers „Gangster Squad“. Der Film erzählt die Geschichte eines Bandenkrieges, denn die Polizisten agieren mit Segen und Wissen von Polizeichef Parker (Nick Nolte) außerhalb des Gesetzes. Bald unterscheiden sich die Taten der mutmaßlich „Guten“ und vermeintlich „Bösen“ kaum noch. Cohens zu zerstörendes Großprojekt ist nur ein Wettbüro und die Polizisten müssen vermehrt sog. „Kollateralschaden“ von Unbeteiligten in Kauf nehmen. Zuguterletzt bekommen sie mittels einer Zeugin und eines daraus resultierenden Haftbefehls doch noch eine moralische Legitimation, den Gangsterboss festzunehmen. Ein hilflos erscheinender Drehbuchkniff, um die Grenze zwischen den Parteien wieder deutlich und damit für einen Massenpublikum kompatibel zu machen? Fleischer ist zweifellos einer der jungen Regisseure, die noch lange nicht etabliert genug sind, um sich nervösen Produzenten entgegenzustellen. Produzenten, die ausschließlich um ihr finanzielles Engagement bangen. Heraus kommt, wie nun „Gangster Squad“, ein sehr prominent besetzter Film, der nicht mehr als halbwegs gute Unterhaltung bietet. Der Cineast freut sich an Details wie dem Kontrast zwischen Noltes Bass- und Goslings Mickey-Mouse-Stimme (natürlich nur in der Originalfassung), mehr wird jedoch nicht geboten.
Die aktuelle Multiplexkino-Zuschauergeneration mag so etwas wie „Gangster Squad“ noch nicht gesehen haben, die Generation davor erinnert sich an Brian de Palmas „The Untouchables“ mit Robert de Niro, Kevin Costner, Sean Connery und aus dem Jahre 1987. „Gangster Squad“ hat heute, am 24. Januar 2013, in den deutschen Kinos Bundesstart.

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