Aufgespießt
Unverschämtheiten aus Politik, Promiszene und Alltag
Die Kolumne des Teams " Aufgespießt"
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Tote Dörfer
von AlmaMarieSchneider
Viele Dörfer wirken wie ausgestorben. Kein Mensch bewegt sich dort in den Höfen oder auf der Straße. Außer hin und wieder eine streunende Katze.
Verfehlte Kommunalpolitik trieb bereits in den 50ern und 60er Jahren die jungen Leute aus den Dörfern. Man tat alles um die ansiedlungswillige Industrie vom bäuerlichen Einzugsbereich fern zu halten. Brauchte man doch billige Mägde und Knechte selbst auf den Feldern und in den Ställen. Landwirte, die mit den Löhnen der Industrie nicht mithalten konnten oder wollten, verloren dennoch ihr Personal und nur mit teuren Maschinen konnte dieser Verlust aufgefangen werden. Diese Anschaffungen zwang viele Kleinbauern zur Hofaufgabe. Währen in den 70ern Kühe und Schweineställe unter Zwang an das Fernwassersystem angeschlossen wurden, fehlte weiterhin das notwendige Abwassersystem. Eine Hofmodernisierung mit Bad und Toilette war ein Projekt, das oft erst im Jahr 2010 mit einem Abwassersystem einen Abschluss fand. Vorhandene Bahnhöfe wurden aufgelöst, Schulen geschlossen und die Kinder stundenlang im Sammelbus durch die Gegend gekarrt. Der Lehrer, einst wichtig für das dörfliche Vereinsleben lebte nun auch in der Stadt, die Schüler verloren den Bezug zum Heimatdorf und jeder wollte nur schnell weg.
Den letzten Stoß versetzte man dem dörflichen Leben dann durch eine Eingemeindung in die nahe Kleinstadt. Das Dorf wurde Ortsteil und in die Infrastruktur und das Lebensgefühl wurde nichts mehr investiert.
Gab es früher einen Bäcker, den kleinen Kaufladen mit eigener Metzgerei, das Schuhgeschäft, das Postamt, die Kirche mit Pfarrer, die Schule und ein Standesamt, gibt es jetzt nichts mehr davon. Selbst den Alten hat man die Lebensgrundlage entzogen und sie sehen nur im Altersheim eine Versorgung mit dem Lebensnotwendigen.
Übrig blieben ein paar größere Landwirte, ein paar Vereine, denen der Nachwuchs fehlt, manchmal ein Gasthaus, viele leerstehende Häuser, der Friedhof und die Dorfkatzen.
Kommentare zu diesem Teamkolumnenbeitrag
Als ich vor 20 Jahren in das Dorf zog, in dem ich bis heute lebe, gab es vier Gaststätten, zwei Bankfilialen, zwei Friseure, einen Edeka-Markt, einen Metzger und eine Postfiliale (in der meine Mutter gearbeitet hat).
Heute gibt es nur noch zwei Gaststätten (beide außerhalb des Dorfes), einen neuen Friseur (nachdem es zwischendurch gar keinen gab) und den Metzger, dersich als einziger im Dorf selbst gehalten hat. In einem der beiden ehemaligen Bankgebäude stehen zumindest noch die Automaten beider Institute, im anderen hat ein Getränkeshop eröffnet.
Aber der Ort an dem das meiste Leben herrscht, ist der Friedhof. Es mag makaber klingen, aber es entspricht der Wahrheit.
Einer traurigen Wahrheit, die mit Sicherheit nicht nur bei uns stattfindet.