Aufgespießt
Unverschämtheiten aus Politik, Promiszene und Alltag
Die Kolumne des Teams " Aufgespießt"
(bisher 4.333x aufgerufen)
König, Depp, Deppenkönig
von SchorschD
Das waren noch Zeiten, als die Kunden Könige waren. Wenn sich die Frau einen Rock oder eine schicke Bluse zulegte, damit sie für ihren Mann noch begehrenswerter erscheinen konnte, so beriet eine Verkäuferin sie in dieser wichtigen Angelegenheit . Sie war Königin. Sollte dem Mann die Meinung in den Kopf geraten, neue Fußballschuhe würden Schüsse neben das Tor in Zukunft unmöglich machen, ließ er sich vom Sportartikelfachverkäufer ausführlich erklären, welche Treter zu diesem Zweck geeignet seien. Er war „König Kunde“.
Doch heute? Während früher ein eifriger Tankwart nicht nur die Antriebsflüssigkeit in den Tank laufen ließ, das Öl nachschaute und die Scheiben wieder für den klaren Blick polierte, muss sich der Driver selbst kundig machen, wie die Motorhaube zu öffnen ist. Niemand hört mehr beim Einkauf der nötigen Lebensmittel das freundliche und Willkommen heißende Gebimmel der Ladenglocke. In stressigem Lauf saust der Kunde, die Kundin durch den Supermarkt, hat selbst die Waren zu suchen, die Sonderangebote zu finden, eventuell etwas angegammelte Lebensmittel zu erkennen und die Preise in vergleichbare Kilogramm oder Liter umzurechnen. Besonders Männer sind hier hart gefordert, denn schon mancher kämpfte beim Heimkommen mit den Tränen, wenn er seiner Frau erklären musste, dass im Supermarkt umgeräumt worden sei und er deswegen nichts mehr gefunden habe. Auch die Deutsche Bahn will natürlich nicht zurückstehen und fordert umseitige Kenntnisse vom Kunden „Fahrgast“, wenn es um die vielfältigen Tarife für die Fahrkarten geht. Sollte nämlich im Kleingedruckten stehen, dass man beim Erwerb einer Bahncard diese als Abo erwerben werde, dann verlangt sie die Bezahlung der folgenden Bahncard, auch wenn sie diese gar nicht geliefert wurde. Das Kleingedruckte wurde auch extra für Versicherungen, Banken und sonstige Wohltäter der Menschheit erfunden. Damit ist dem „König Kunden“ schnell klarzumachen, dass er nicht sorgfältig genug zehn Seiten Kleingedrucktes mit einer hochauflösenden Lupe durchforstet hat. Somit sind ihm die jedem anderen braven Bürger selbstverständlich bekannten spitzfindigen juristischen Formulierungen entgangen. „Mehr umfassendes Wissen und konzentriertes nachvollziehendes Denken muss schon sein!“, kann man bei solchem Versagen dem König Kunden nur zurufen. Es ließe sich noch vieles aufzeigen. So ist es doch herzerfrischend, wenn ein ratloser Mensch wegen einer Auskunft bei der für ihn zuständigen Stelle anruft, für ihn nach der Verbindung das Lied „Üb immer Treu und Redlichkeit“ ertönt sowie die im 15-Sekunden-Rhythmus vorgetragene Aufforderung „Please hold the line!“ Dass dann die nach einer dreiviertel Stunde gegebene Auskunft die Richtige ist, muss nicht sein. Wer genug Nerven besitzt, braucht nur den Anruf wiederholen und kann eine ganz andere Auskunft zum selben Sachverhalt bekommen. Schließlich hat er ja eine andere Mitarbeiterin/einen anderen Mitarbeiter an der Strippe.
Vom König zum Deppen, zum Deppenkönig ging der Weg, der zunächst breit, bequem und sicher wirkt, aber sich nur für eine Minderheit als sicher erweist. Die Mehrheit führt er in die Irre.