keinEinhorn
keinEskapismus, keinRosa, keineLiebe.
Die Kolumne des Teams " keinEinhorn"
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Doppelter Kater
von keinB
Meine Nachbarin hatte am Montag Geburtstag. An sich ist so ein Geburtstag von Nachbarn ja eine nette Sache, mit viel Glück bekommt man eine Einladung zu Kaffee und Kuchen oder zum Grillen. Problematisch wird's, wenn die Nachbarin grade Urlaub hat und Kaffee und Kuchen zu der Aussage "Komm ab acht, ich hab Sekt" wird. Völlig ungünstig, wenn diese Aussage erst kurz vor acht kommt und dein Abendessen aus einer Banane und etwas Joghurt mit Heidelbeeren bestand. Wenn du dann auch noch grade Urlaub hast, ist die einzig sinnvolle Antwort eine Absage.
Nun ... ich war schon immer der Meinung, dass sinnvolle Entscheidungen überbewertet werden. Außerdem geht einem auch viel Spaß flöten, wenn man sich immer nur an die politisch und moralisch korrekten Verhaltensweisen hält ...
Für Sektkonsum in nicht haushaltsüblichen Mengen bin ich inzwischen aber auffallend zu alt. Und das bezieht sich noch nicht mal das leichte bis mittelstarke Lallen und das starke Wanken. Sondern mehr auf die Tatsache, dass erhöhter Alkoholkonsum meinerseits zu erhöhter Sentimentalität meinerseits führt und ich derzeit leider niemanden habe, der mir in entsprechenden Anflügen absoluten Wahns und völliger Wahllosigkeit das Smartphone abknöpfen und vorenthalten würde. Irgendwann schaffe ich es normalerweise zwar, das Phone so zu sperren, dass ich die PUK brauche, welche zum Glück nur online im Kundenbereich meines Anbieters hinterlegt ist und die Anmeldung bekomme ich nicht mal nüchtern beim ersten Mal fehlerfrei hin. Aber leider ist bis dahin oft schon viel Wasser den Bach hinunter und ich habe bereits völlig willkürlich frühere Liebhaber, frühere potentielle Liebhaber oder wessen Name mir im Adressbuch grade so ins Auge springt und mich emotional triggert, belästigt. Meistens sehr anzüglich. Ich lösche Nummern dummerweise nicht, oder besser: nicht mehr, einfach auch um zu wissen, welcher von den tausend irgendwann-mal-Kontakten gerade angerufen und so getan hat, als hätte er sich verwählt (das kommt öfter vor, als man glaubt).
Am Tag danach verlaufen die ersten zehn Minuten nach dem Aufwachen friedlich. Bis man sich erinnert: da war ja was. Was genau, daran erinnert man sich meistens nicht mehr (gilt analog auch für alkoholbedingte ONS). Das Handy zeigt jedenfalls 'gesperrt' an, was schon mal für das erste "O Gott, nicht schon wieder!" des Tages sorgt. Zehn Minuten und eine PUK später stellt sich ganz kurz die Frage, ob ich zum Schämen Kaffee haben möchte. Die verschickten Nachrichten sind irgendwie immer die gleichen. "Ich liebe dich.", "Ich liebe dich immer noch." "Ich hasse dich.", "Ignorier das, ich bin besoffen." Nur die Nummern variieren. Gnädigerweise sind die meisten derart Belästigten entspannt drauf (oder meine Nummer ist blockiert, oder die Nummer gehört inzwischen irgendwem anderen, oderoderoder ...) und ignorieren derartige Ausfälle einfach. Aufgewärmt ist schließlich nur bei Eintöpfen besser.
Zu all dem kommt dann noch der tatsächliche Kater. Kopfschmerzen, vage oder nicht so vage Übelkeit, ein sich drehendes Bett. Der Umstand, dass der Hund Gassi gehen möchte und schon quengelnd vorm Schlafzimmer sitzt. Und der Gedanke, dass man echt langsam zu alt für den Scheiß wird. Über Gebühr zu saufen wie gleichermaßen über Gebühr Sentimentalitäten über das Telefonbuch zu zerstäuben.
Zugegeben, diese Kolumne ist ein bisschen kurz ausgefallen. Aber ich hab echt immer noch einen Kater. Kopfschmerzen, vage Übelkeit - und irgendwie noch drei unbeantwortete Nachrichten auf dem Handy und eine Menge zu erklären.
Kommentare zu diesem Teamkolumnenbeitrag
Aber wenn dabei ne Kolumne rumkommt (deren Titel sich wie eine Tierkolumne liest), nimmt man das gerne in Kauf.
Haha, ja. Ich dachte mir, ich nutze die wahrscheinliche Gunst der Stunde und greife ein paar Leser ab.