Film & Fußball

Eine cineastische Mannschafts-Kolumne


Die Kolumne des Teams " Film & Fußball"

Mittwoch, 30. Oktober 2019, 12:11
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Die Schule als Schauplatz für Kinofilme

von  Dieter_Rotmund


Gastkolumne von  eiskimo

Die Schule als Schauplatz für Kinofilme hat eine lange Tradition. In Deutschland sind Werke wie „Die Feuerzangenbowle“ (Helmut Weiss, 1944), „Der junge Törless“ (Volker Schlöndorff, 1966), „Das fliegende Klassenzimmer“ (allein drei Mal verfilmt, 1954, 1973, 2003) oder zuletzt „Fack ju Göthe“ (Bora Dagtekin 2013) sicher noch vielen Kinogängern im Gedächtnis.
Weniger bekannt sind leider die französischen Filme zum Thema „Schule“. Dabei gibt es auch in unserem Nachbarland absolut sehenswerte „Pauker-Filme“ - nicht nur für leidenschaftliche Cineasten!
Interessant dabei ist die völlig andere Wahrnehmung dieser so Weg weisenden Einrichtung, schon allein, weil Schule in Frankreich –nicht nur zeitlich, im Tagesablauf – sondern auch gesamtgesellschaftlich einen viel wichtigeren Platz einnimmt als sie das hierzulande tut…Streng getrennt von der Kirche ist sie immer „l´école de la République“, das heißt den Prinzipien der Liberté, Egalité und Fraternité grundlegend verbunden. Und in diesem Sinne sollen dort „citoyens francais“ (Bürger)ausgebildet werden, in einem eingliedrigem, zentralistischem System, das auf weiterführende Schulen vorbereitet (Lycée), aber in Primarstufe und Collège verbindlich ist für alle.
Zu den Filmen:
Allen voran zu nennen wäre „Sein und Haben“, ein Dokumentarfilm in Schwarz-Weiß von Nicolas Philibert (2002), der in hoch konzentrierter Form das Miteinander jüngerer Schüler und ihres Lehrers in einer Landschule vor Augen führt.
Zwei Jahre später kamen „Die Kinder des Monsieur Mathieu“ in die Kinos (Christophe Barratier, 2004), der mit diesem Musik-Film einen – auch international – riesigen Erfolg feierte. Die harte Internatswelt der Nachkriegsjahre , die da gezeigt wird, war weit genug weg, um noch wirklich zu irritieren. Dafür war auch der Gesang der „Choristes“ zu schön….
Ganz anders irritieren konnte dann die nächste französische Produktion, die es dann In Deutschlands Kinos schaffte: Es war der in Cannes preisgekrönte Film „Die Klasse“ (Laurent Cantet, 2008). Cantet hatte ein Jahr lang nachgezeichnet, wie sich ein junger Lehrer in der Banlieue von Paris mit seinen Schülern zusammen rauft. Realität pur. Diese Schüler waren übrigens allesamt Laien und improvisierten jeweils ihr Spiel .
Wer „Die Klasse“ und die so authentisch wiedergegebene Schulwirklichkeit darin mochte, der wird in diesen Wochen auch Gefallen finden an „La vie Scolaire“, (Grand Corps Malade und Mehdi Idir, 2018)
Wieder erleben wir in einer der schwierigen Zonen im Norden von Paris mit, wie ein Lehrerkollegium sich auf ein neues Schuljahr vorbereitet. Neben den Lehrern gibt es an französischen Collèges eine Riege von „Aufpassern“ (surveillants), die dort alle Aufsichten , die Betreuung der „Nachsitzer“ oder bestimmte schulinterne Organisationsarbeiten übernehmen. Dieser ganze Bereich ist überschrieben mit „La vie scolaire“, und neue Leiterin wird in diesem Jahr Samia. Es ist ihr erster Job, und sie ist gerade aus der heilen Welt des Ardèche hier in den Norden der Hauptstadt, in das berüchtigte Saint-Denis verschlagen worden. Sie erlebt ungeschönt, was in Frankreich „la mixité“ heißt – Multi-Kulti vermengt mit Wohnproblemen, zerrissenen Familien, Jugendkriminalität, Perspektivelosigkeit…
Samia kämpft und behauptet sich in diesem schwierigen Umfeld.
Dem 15jährige Yanis, intelligent, aber durch die Gefängnisstrafe seines Vaters aus der Bahn geworfen, droht der Schulverweis. Mehrfach musste er schon vor Samia Rede und Antwort stehen. Die junge Sozialarbeiterin spürt die Verzweiflung des Jungen und sucht nun eine Lösung, die den entnervten Lehrern, aber auch Yanis gerecht wird.
Kein Popcorn-Kino, dafür aber echt und – trotz der erlebbaren Schulmisere – Mut machend. Grand Corps Malade ist Poetry-Slam-Künstler und Regisseur, er stammt selber aus Saint-Denis, und er ist seit einem Unfall gelähmt.
Es wäre schön, wenn dieser (sein zweiter) Kinofilm auch nach Deutschland käme.

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