Aufgespießt

Mini-Triebtäter im Land der unbegrenzten Möglichkeiten

von  AlmaMarieSchneider

Ein vierjähriger Junge umarmt seine Kindergärtnerin und berührt dabei mit dem Kopf ihre Brust. Nach amerikanischem Gesetz liegt hier ein klarer Fall von sexueller Belästigung vor. Die Folge dieser Null-Toleranz-Politik ist: Der Vierjährige wird einige Tage vom Besuch des Kindergartens ausgeschlossen und ist natürlich auch polizeilich erfasst und als Triebtäter lebenslang registriert.

Auslöser für die rigorose Umsetzung dieses Gesetzes, das eigentlich für Erwachsene und Jugendliche gedacht ist, war die Klage einer Mutter, deren Tochter in der 5 Klasse von Mitschülern verbal und sexuell belästigt wurde. Trotz der Hilferufe des Mädchens griff kein Lehrer ein.
Das erfolgte Urteil zwingt nun die Aufsichtspersonen zum Handeln. Unterlassen sie es, machen sie sich selbst strafbar. In Maryland wurden bereits 166 Kinder registriert, darunter 16 Kindergartenkinder und 22 Erstklässler. Auch in anderen Bundesstaaten stapeln sich bereits die Akten der Mini-Triebtäter. Selbst die „Belästigten“ finden kaum Worte vor Entsetzen.

Was muss in einer Gesellschaft nicht stimmen, dass man sich per Gesetz schon an den „Kleinsten“ vergreift. Führen wirtschaftliche und politische Ängste zu derartig grotesken Auswüchsen von Korrektheit oder rudert die amerikanische Gesellschaft, zutiefst verunsichert durch das immer größer werdende soziale Gefälle in eine Gesetzesstrenge, die bereits im Kindergarten potentielle Straftäter dingfest macht. Wann ziehen die ersten Vierjährigen in Guantanamo als verdächtigte Terroristen ein, weil in ihren Hosentaschen Knallfrösche gefunden wurden?
Als Kindergartensünde ist ein derartiger Vorfall jedenfalls nicht abzutun. Nein, als Sexualtäter registriert, wird diese „Knuddelei mit der Kindergärtnerin“ in den USA eine lebenslange schwere Bürde für den Jungen. Welch ein Gewissen besitzt eine Gesellschaft die Kleinkindern einen derartigen Rucksack umhängt?