Film & Fußball

Eine cineastische Mannschafts-Kolumne


Die Kolumne des Teams " Film & Fußball"

Donnerstag, 10. Mai 2012, 09:52
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Die Verkündung

von  Dieter_Rotmund


Am Montag dieser Woche wurde nun bekanntgegeben, welche Fußballer deutscher Staatsangehörigkeit ihr Land auf der Europameisterschaft der Nationalmannschaften repräsentieren werden. „Wurde bekanntgegeben“ heißt, dass der vom Deutschen Fußballbund (DFB) eingesetzte Bundestrainer Joachim Löw in einer Pressekonferenz 27 Namen von deutschen Fußballspielern nannte. „Nannte“ ist nicht ganz richtig, aber von Anfang an:
Der Deutsche Fußballbund hatte zu der Pressekonferenz eingeladen, beziehungsweise man konnte sich über das Internet-Presseportal des DFB anmelden. Ich dachte: Fahr‘ ich mal hin, schau ich mir an, ich hatte an diesem Montagmittag keine anderen Termine. Dass ich keinen „richtigen“ Auftrag dafür bekommen würde, war abzusehen: Zu sehr ist Fußball König und die Nationalmannschaft Chefsache, die Pressekonferenz war mehr was für Chefredakteure und Sportresortleiter. Ich gebe zu, dass diese auch kompetenter sind als ich (was Fußball betrifft...). Aber ich muss kein schlechtes Gewissen haben, wenn ich auf Pressekonferenzen gehe und nicht a priori für ein großes Medium schreibe. Pressekonferenzen sind auch da, damit sich die Journalisten unverbindlich informieren können. Es wäre nicht das erste Mal, dass ich aus so einer „PK“ keinen Artikel mache, das eine oder andere Statement aber doch noch verwenden kann.
Ich fange an, mich zu rechtfertigen. Warum? Vielleicht wegen des Ortes der Pressekonferenz? Es war das sogenannte Kundencenter eines Automobilherstellers, der schon eine ganze Weile Sponsor des DFB ist. Das ist nicht unüblich, dass Sponsoren ihre „Räumlichkeiten“, um es etwas geschwurbelt auszudrücken, für solche Anlässe zur Verfügung stellen, so haben alle etwas davon: Die Sportler ein Forum, die Sponsoren ein wenig Aufmerksamkeit und die Journalisten eine Stätte, an der man vernünftig arbeiten kann. Das besagte Kundencenter ist groß und sehr schick, hell und natürlich voller nagelneuer Automobile darin, einem großen Parkplatz davor und mit „Workstations“ in einem beige beleuchteten Nebenraum, also wo man sein Laptop auf einen Schreibtisch stellen konnte.
Die Herrschaften Joachim Löw, Oliver Bierhoff, Andreas Köpke und Hansi Flick (die korrekten Schreibweisen der Namen habe ich jetzt nicht überpüft, man möge mit evtl. Fehler verzeihen) kamen fünf Minuten früher und setzten sich erst einmal in die erste Reihe. Das war nicht unangemessen, war doch der Automobilhersteller der eigentliche Hausherr und Gastgeber und nicht der DFB. Dann wurde sie zu einem Tisch auf die Bühne gebeten, ich schreibe ganz bewußt „Bühne“, denn Licht und Aufbau waren durchaus bühnentauglich. Das mag den Bitten der Fernsehensender geschuldet sein; für die tatsächlich Anwesenden, zumindest für mich, drängte sich der Eindruck einer sakralen Heilsverkündung auf. Am Bühnentisch saßen Joachim Löw und Oliver Bierhoff und ein leicht finster dreinblickender Mann, der souverän moderierte, aber sich selbst nicht vorstellte. Er entschuldigte sich dafür, dass man nicht sofort anfangen könnte, weil man warten müsse, bis alle anwesenden Fernsehsender bereit waren. Die Wartezeit war jedoch kurz, es wurde „zur Einstimmung“ ein Videoltrailerfilmchen gezeigt, in dem deutsche Fußballer abwechselnd beim Kleidungskauf und beim Fußballspielen zu sehen waren, dazu sang eine weibliche Stimme lasziv „Sweet dreams are made of this“ (Nein, es war nicht Annie Lennox). Wie zu Börsenbeginn (so stelle ich es mir vor) beamte dann ein Beamer die 27 Namen auf die Leinwand auf der Rückseite der Bühne. Gleichzeitig verteilten Angestellte des Gastgebers einen DIN A 4 großen Zettel, auf denen diese 27 Namen in der gleichen Art und Weise abgebildet waren. Das sorgte für journalistische Chancengleichheit. Jedoch stand darüber „Erweitertes Aufgebot für die EURO 2012“; ich ahnte, was sich später bestätigte: Das ist nicht die endgültige Mannschaftszusammensetzung, offenbar muss man den Veranstaltern in Polen und der Ukraine noch nichts Endgültiges mitteilen. Apropos Ukraine, ich hatte schon befürchtet, das kaum ein Sportjournalist käme und die Redaktionen die Angehörigen ihrer Politikressorts geschickt hätten. Dem war nicht so und Joachim Löw hatte sich zur „Ukraine-Frage“, um es mal so zu nennen, gut vorbereitet. So gut vorbereitet, dass es nach seinem vorab geäußerten Statement keine Fragen mehr zu dem EM-ausrichtenden Staat mehr gestellt wurden. Wenn es detaillierter interessiert, Michael Horeni von der F.A.Z. hat die Ausführungen von Joachim Löw in seinem am Dienstag erschienenen Artikel gut zusammengefasst. Mir blieb, ohne in meine Notizen zu schauen, in Erinnerung, das Löw sich einen „humanitären Umgang mit Frau Timoschenko“ wünsche. Das wünsche ich auch, unabhängig davon, was sie nun verbrochen hat oder nicht.
Der leicht finster dreinblickende Moderator kannte wirklich jeden Journalisten, den er aufrief, mit Namen. Es wurde oft danach gefragt, warum jener Fußballspieler aufgestellt sei, ein anderer jedoch nicht. Mir persönlich drängte sich zunehmend ein Gefühl von Banalität auf. Immerhin ging es doch nicht um Leben oder Tod, sondern um 22 Männer, die eineinhalb Stunden lang gegen eine luftgefüllte Kunststoffkugel treten. Viele smarte junge Männer waren anwesend, in schicken, weißen Hemden und taillierten, schwarzen Sakkos. Mutmaßlich keine Journalisten, sondern Angestellte des Automobilherstellers....Es, die Veranstaltung, hatte irgendwie nicht sehr viel mit Fußball zu tun. Man möge mich naiv und idealistisch nennen, aber bei Fußball denke ich an rennende, ackernde und schwitzende Akteure, die Freude daran haben, in einer fairen Begegnung einen Sieger zu ermitteln. In einem Zusammenspiel, in dem es für den Moment um alles, im Ganzen aber um nichts geht. Die Pressekonferenz am Montag hatte nur einen kurzen Augenblick, in dem diese Stimmung spürbar war, quasi aufflackerte, zum Schluß hin, der offizielle Teil war vorrüber: Als Joachim Löw versuchte, einen Fußball in ein unter der Decke aufgehängtes Netz zu kicken.

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Kommentare zu diesem Teamkolumnenbeitrag


 Lala (10.05.12)
Hallo Dieter_Rotmund,

na da beneide ich Dich aber, um die Chance bei so einer Farce niveanah teilnehmen zu können. Leider, leider versemmelst Du diese Chance mir allzu fahrlässig. Menno! Und warum so eine Bleiwüste? Mach doch bitte mehr Absätze oder was spricht dagegen?
Aber zurück zum Elfmeter: Es fällt Dir schon bald selbst auf, dass Du Dich rechtfertigst. Entweder Du löscht dann alles und fängst noch mal an oder Du benutzt das wenigstens als runing gag. So aber wirkt es schwächlich. Gräme Dich nicht, auch Grass, der Nobelflakhelfer - hähäha - war sich nicht zu schade, sein jüngstes Gedicht mittels dieser Weise, die Kritik vorwegzunehmen, vor Kritik schützen zu wollen. Geht nur, wenn die Kritik nicht berechtigt ist. Kurzum: ich finde es schade, dass Du hier nicht die Marke nennst und nicht pointierter auf die Verquickungen eines eingetragenen Vereins mit einem sog. global Player eingehst und diese Show in den Showräumen eines Unternehmens z. B. mit den Shows in den ebenso privatwirtschaftlich organisierten Bundespresseshows vergleichst? Vielleicht ahnte dann auch ein g.penn dass es nicht des Begriffs einer gleichgeschalteten Presse bedarf sondern gleichartige Interessen ausreichend sind, um nicht nur Fußball gleichartig aussehen zu lassen? Nur als Beispiel und in memoriam an Heini Haffenloher.

Immerhin Dein Fazit:

Es, die Veranstaltung, hatte irgendwie nicht sehr viel mit Fußball zu tun. Man möge mich naiv und idealistisch nennen, aber bei Fußball denke ich an rennende, ackernde und schwitzende Akteure, die Freude daran haben, in einer fairen Begegnung einen Sieger zu ermitteln. In einem Zusammenspiel, in dem es für den Moment um alles, im Ganzen aber um nichts geht.

ist auf den Punkt. In diesem Sinne: Rugby! So und nicht anders muss es auch beim Kommentieren zugehen. Leider ist es meist: Nivea oder DFB.

 Dieter_Rotmund (11.05.12)
Lieber Lala,

du überschätzt meine (schreiberischen) Kompetenzen! Who am I, dass ich die "Verquickungen eines eingetragenen Vereins mit einem sog. global Player" ausführlich erläutern kann, das habe ich auch nicht recherchiert. Und dieser "global Player" ist in Verbindung mit der deutschen Herren-Fußballnationalmannschaft soooo oft zu sehen, also sein Zeichen, das muss ich nicht auch noch durch konkrete Nennung mehren und ehren!
Ich will was erzählen, keinen investigativen Spiegel-Journalismus pflegen...

P.S.: Da sind Absätze! Das ist nur die Browserdarstellung, geht mir oft auch so!
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