Das, was ist

Gedicht

von  Rosalinde

Verirrt in die Straßen der Kindheit,
stand ich vor den bekannten Häusern;
noch immer üppiges Grün, Duft von
Rosen wie damals, als unser Leben
einzig ein Traum war.

Die Hausnummern sprachen
von uns Kindern, der und die wohnten
dort und dort, noch einmal die Rufe
der Mütter, noch einmal die Gerüche
der Hauseingänge.

Ein Sandsturm die neue Zeit,
verweht die Burgen der Kindheit,
gläsern ragte neu ein Haus in die Straße,
mit schreiendem Namen, ich wollte
ihn mir nicht merken.

Still war es, nirgendwo
spielende Kinder, die Straße nun halb
in der Sonne, mitten durch
die Menschenleere ging ich, gepeinigt
vom Lärm meiner Schritte.

Zuletzt noch einmal die Rosen
vorm Haus, suchend ein Blick hinauf
zu den Fenstern, zu fremden Gardinen,
und mir war, als geriete ein wenig
das Herz aus dem Takt.



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Kommentare zu diesem Text


 Nuna (16.09.23, 08:57)
Sehr nah erzählt diese Rückkehr zum ehemaligen Elternhaus mit all seinen Erinnerungen und  Gefühlen die überwältigen. Wow.

LG Oops

 Rosalinde meinte dazu am 16.09.23 um 11:24:
Ist ja nun doch ein paar Jahrzehnte her, eine Begegnung aus einer vergangenen Welt. Vergessen aber kann ich es nicht.
Fast war ich plötzlich wieder Kind.

Vielen Dank auch für die Empfehlung des Textes.

Lieben Gruß, Rosalinde

 Beislschmidt (16.09.23, 14:54)
Seltsam, dass man sich gerade an Gerüche erinnert. Bei uns hatte jeder Tag einen anderen Geruch. Samstags roch es in der ganzen Straße nach Eintopf. Mütter riefen zum Essen und Väter pfiffen abends um sechs. Heute ist alles fremd und aufgeräumt.
Sehr gut beschrieben.
Beislgrüße

 Rosalinde antwortete darauf am 16.09.23 um 15:29:
Gerüche sind was Wichtiges, man erinnert sich sofort an sie und weiß, wo man sie außerdem gerochen hat. Daran ist der Hippocampus schuld, der bewahrt sich so etwas auf. 

Da erinnere ich mich einer hübschen Episode. Es war 1946, ein Panjewagen, beladen mit Weißkohl, fuhr durch die Straße. Ein Junge hängte sich an und warf Kohlköpfe auf die Straße, der Kutscher wandte sich um und versuchte mit der Peitsche den Jungen zu vertreiben, der aber warf und warf Kohlköpfe herunter. Wir Kinder sammelten sie auf. Und am nächsten Tag roch die ganze Straße nach Weißkohleintopf. Das war ein Essen à la carte in dieser Zeit. Und keiner fragte, woher wir den Kohlkopf hatten.

Danke für deinen Kommentar.

Lieben Gruß, Rosalinde

 niemand (16.09.23, 15:57)
@ Rosalinde
Sehr gut in Worte gesetzt, diese "Rückkehr" an die Orte der Kindheit.
Kenne ich auch alles, nicht wortwörtlich natürlich ;)  aber inhaltlich.
Spricht mich sehr an, Dein Gedicht! 
Mit liebem Gruß, Irene

 Rosalinde schrieb daraufhin am 16.09.23 um 16:14:
Danke, Irene, für deinen Kommentar und die Empfehlung des Textes. Das freut mich, dass du was für dich gefunden hast.

Lieben Gruß, Rosalinde
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