Elegisches gegen die Einsamkeit

Text

von  Rosalinde

„Also mir gehen Männer auf den Nerv.“
          Patricia B., Berlin-Oberschöneweide


Die Frau von heute ist zumeist allein.
Sie lebt so für sich hin, oft halb daneben,
und pflegt genüsslich ihre Zipperlein.
Das ist normal heut im modernen Leben.

So geht’s nicht weiter. Und sie sieht sich um.
Und ist dabei sehr wählerisch im Nehmen.
Sucht ihr Pendant und findet‘s nicht. Zu dumm!
Und schlägt sich rum mit etlichen Problemen.

Es wird gemäkelt. Der ist viel zu klein!
Und der zu dick. Der nächste ist zu mager.
Dann lässt sie sich mit dem zu Dicken ein.
Der stellt sich leider raus als ein Versager.

Natürlich ist sie wieder mal allein.
Das geht ein Weilchen gut, ganz ohne Frage.
Doch sie bedauert sich. Lässt es dann sein.
Und schlittert in die nächste Niederlage.


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Kommentare zu diesem Text

Agnete (66)
(11.07.23, 12:49)
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 Rosalinde meinte dazu am 11.07.23 um 14:01:
Hallo Agnete,

da hast du recht, eine Elegie ist es nicht, schon gar nicht eine klassische. Eher das Gegenteil einer Elegie. Der Titel ist natürlich eine ironische Übertreibung. Und die Sprachebene ist Alltagssprache, ohne aufplusternde Schnörkeleien, sie passt sich der Behandlung des Themas an. Nicht die Metrik, sondern das Metrum sind fünfhebige Jamben, Metrik ist was anderes. So weit akzeptiert.

Aber was ich dir übernehme, ist die Männerfeindlichkeit.
Mitnichten diese, Agnete. Eher würde ich Frauenfeindlichkeit akzeptieren. Aber auch das ist es nicht, es ist ein bisschen Mitleid mit der Frau, die auf der Suche ist und immer Pech gehabt hat, und das Ganze mit ironischem Augenzwinkern. 

Die Tiefe, die darin liegt und die du nicht siehst, hängt natürlich mit den Gegebenheiten im Elternhaus und der Oberflächlichkeit unserer Zeit zusammen. Denn heute werden die Frauen nicht mehr verheiratet, sondern suchen sich ihren Maxe oder Oskar selber aus, diese Freiheit zumindest hat der Feminismus ermöglicht. Dass das schiefgehen kann im Einzelfall, ist auch gar nicht so selten. Ob es gutgeht, hängt oftmals von der Reife der Beteiligten und gewissen Glücksumständen ab. Was meinst du - ist diese Frau menschlich reif, wonach wählt sie ihren Sozius aus? 

Genau diese Zusammenhänge wollte ich in diesem kleinen Gedicht aufzeigen. Ob es mir gelungen ist, stellt der Leser fest. Oder auch nicht.

Hab vielen Dank für deinen Kommentar.

Rosalinde

Antwort geändert am 11.07.2023 um 14:10 Uhr
Agnete (66) antwortete darauf am 11.07.23 um 14:46:
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JDW (62) schrieb daraufhin am 11.07.23 um 14:55:
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 Beislschmidt äußerte darauf am 11.07.23 um 15:06:
Es gibt Persönlichkeiten, die sind ... hmm ... sperrig. Gilt für Mann und Frau. In so einem Fall, ist es besser für alle Beteiligten alleine zu bleiben. Alles andere führt zu Verletzungen. 
Beislgrüße 

Und ja, je älter die Menschen werden, um so schwieriger wird es sich auf einen neuen Menschen einzulassen.

 Rosalinde ergänzte dazu am 11.07.23 um 15:26:
Ach, Agnete, was hast du denn, was ist denn dein Kummer?
Wenn du eine klassische Elegie brauchst, schreib sie doch selber., bist du doch firm, wie ich annehme. Mein Fall sind die alten Griechen nicht. Ich stehe mehr auf Kästner und Co., Neue Sachlichkeit. 

Wer lesen kann, stellt fest, dass ich nicht den Anspruch hatte, eine Elegie zu schreiben. Warum beharrst du denn so darauf, das musst du als gestandene Kennerin doch auf den ersten Blick sehen, dass das keine Elegie ist und auch gar nicht sein will. Elegisches, das ist zumindest im deutschen Sprachgebrauch was ganz anderes, das ist noch nicht mal eine kleine Elegie, ganz zu schweigen von einer klassischen. Wenn ich eine Elegie hätte schreiben wollen, hätte ich sie auch geschrieben, das kannste glauben.

Nach diesem Kommentar bin ich sicher, dass du das Gedicht überhaupt nicht begriffen hast. Mit der klassischen Elegie kann ich mich gar nicht anfreunden, ich gebe dir aber gern dir die Anforderungen an eine neuzeitliche Elegie, womit ich vor allem auf die Buckower Elegien von Brecht hinweisen möchte. 

Aber mir fällt ein, ich hatte vor langem mal ein paar neuzeitliche Elegien geschrieben. Hier mal eine zum Thema Zeit.

Elegie XV

Ach, dieses schwärzliche
Abendlicht, das lautlose Sterben
der Stunden.

Beredt schweigt das Dunkel,
Erdendüfte steigen auf. Und kein Blatt,
das sich regt.


Die Elegie der Neuzeit beschäftigt sich häufig, aber nicht nur mit dem Tod. Bei mir sterben die Stunden. Siehe auch Brecht, und der Mann wusste, was eine Elegie ist, sowohl klassisch als auch neuzeitlich.

Rosalinde

 Rosalinde meinte dazu am 11.07.23 um 15:37:
Hallo JWD,

mit Rilke kannste mich jagen. Oller Faschist, von Kopf bis Fuß. Gewusst?

Rosalinde

 Rosalinde meinte dazu am 11.07.23 um 15:59:
Richtig, Beislschmidt. Sperrig, auch so ein Begriff. Die ist zu, die fragt nicht: Was ist das für einer, würde ich mit dem hinkommen? Die rechnet sich bloß aus: Hat der Kohle? Die war nie offen für den anderen, sie war das, was man als Egoistin bezeichnet.

Ich habe mal so eine Frau gekannt, nicht ganz, die ich beschreibe im Gedicht, die ganze Kollegenschaft kannte ihre sogenannten Liebschaften, von denen sie schwärmte, jede Woche ein anderer. Ein Kollege begrüßte sie bei Arbeitsbeginn einmal statt mit Morgengruß mit: "Na, was machen die Männer?" Seitdem blieben wir alle ohne Nachrichten aus der Männerwelt. Das war unsere Strafe, die wir uns hinter die Ohren schreiben sollten. 

Rosalinde

 niemand meinte dazu am 11.07.23 um 16:21:
Ich lese diesen Text [Elegie, oder keine, ist mir wurscht] eher nicht als männerfeindlich, sondern als eine, wenn auch milde Kritik an einem
Frauentypus, dem es materiell an nicht zu mangeln scheint, aber dafür mangelt es wohl eher an einem Rauschmittel [hier wohl der gesellschaftlich viel besungene Traummann] der ihr ein märchenhaftes Gefühlsleben bescheren könnte, sofern es solchen in der Realität gäbe. Na, ja, in der Werbung geistern solche Superhelden ja alltäglich. Die Werbung operiert mit dieser traumhaften/realitätsfremden Sehnsucht, denn nur mit dem Aufwühlen dieser, lässt sich jeder industrielle Krempel verkaufen. Dieses Gedicht könnte man allerdings auf auf den Mann der Heutzeit und auf dessen traumhafte Sehnsüchte münzen. Denn auch dieser rennt einem Traum hinteher, obwohl ich denke, das ihm der alltägliche sexuelle Trieb es leichter macht, sich nicht nur auf die absolute Traumfrau zu fixeren, sondern, da sich in der Not auch Brot ohne Wurst gut verzehren lässt, begügt sich ein solcher mit weniger als einer Barbie.
Hauptsache der Trieb kommt auf seine Kosten.
Und eigentlich ließe sich die Aussage des Gedichtes im Prinzip auf den Heutzeitmenschen als solches münzen. Den Menschen, der im Wohlstand lebt, ergo keine so großen einfachen Bedürfnisse mehr hat, da bereits erfüllt. Wenn kein echter Hunger mehr da ist, erfindet man seltsame Gerichte, die solche Dimensionen annehmen können, dass Karfoffeln im Müll langen [ein pures Beispiel nur] derweil man aus Karfoffelschalen etwas besonderes kochen möchte. Vom Normalen zum Irrsinn ist kein so langer Weg 8-) 

Imer mehr, immer schneller, immer höher und... und... und...
Ex und hopp, auf der Suche nach dem Absoluten, verliert Mann wie Frau den Bezug zur Realität, welche man dann fortdauernd bemäkelt,
wie in dem Gedicht: Der/die eine ist zu klein, der/die andere ist zu dumm, der/die andere ist nicht schön genug. Leider versäumen es Menschen mit derartigen Ansprüchen an andere, in den inneren, wie in den äußeren Spiegel zu schauen. Tja, wer sieht sich schon selber
gerne kritisch, dann doch lieber das Gegenüber. Man/Frau selber scheint ja der totale Traum zu sein.   

LG niemand

P.S. das Gedicht finde ich nicht besonders gelungen,
aber die darunter [im Antwortkommentar] beigefügte Elegie XV
ist von ganz hoher Qualität. Wunderbar rund und super aussagekräftig
JDW (62) meinte dazu am 11.07.23 um 16:27:
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 Rosalinde meinte dazu am 11.07.23 um 17:35:
JDW, nein, es geht nicht um Rilkes Gedichte, da gibt es schon welche, die mich ansprechen. Ich bin aber der Ansicht, dass es eine Einheit zwischen Mensch und Werk geben sollte. Sonst handelt es sich um Mimikry.
Und die gab es bei Rilke eben nicht. Er hat Mussolini eine saudumme Ergebenheitserklärung geschickt, fand sich auch gedanklich und schriftlich immer mehr im italienischen Faschismus wieder. Und wenn er nicht gestorben wäre, hätte er auch dem (erfolgreichen) Hitler eine Ergebenheitsadresse geschickt. 

Die Germanisten würden diesen Abschnitt seines Daseins am liebsten verschweigen, und viele tun das auch. Aber es gelingt nicht, es gibt zu viele informierte Lyriker und Literaturwissenschaftler auf der Welt. Wird aber kleingehalten. Sozusagen das Werk entschuldigt den Meister. 

Rosalinde

Antwort geändert am 11.07.2023 um 17:37 Uhr

 Rosalinde meinte dazu am 11.07.23 um 17:57:
Hallo Niemand,

natürlich ist es keine Elegie. Ich weiß gar nicht, warum Agnete darauf so herumreitet. Das sieht doch ein Blinder mit zwei Krückstöcken, dass es keine sein soll. Irgendwas scheint sie zu haben, aber interessiert mich nicht.

Das Gedicht ist im Stil der Neuen Sachlichkeit geschrieben, ein bisschen ironisch, ein bisschen mehr So-ist-es. Es will gar nicht die ganze Welt umfassen. Ja, der Traummann, aber der steht auf einem ganz anderen Frauentyp. Sie muss sich mit ein, zwei Klassen darunter irgendwie 
begnügen. Ein Gutgenährter, denkt sie, der hat Geld, der ist gewitzt, der weiß, worauf es ankommt. Die Dame ist berechnend, von Verliebtsein nicht die Spur. Noch nicht mal der Versuch. Und dann: Das Alleinsein macht ja auch keinen Spaß, hier muss Leben in die Bude! Solche einsamen Frauen gibt es, immer mehr, je härter die Zeiten werden. Falls sie sich nicht zu einer Geschlechtsumwandlung entschließen sollte, immer im
kurzen Atem der Zeit. Man muss leben, egal, wie.

Rosalinde
JDW (62) meinte dazu am 11.07.23 um 19:00:
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Agnete (66) meinte dazu am 11.07.23 um 19:58:
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 Rosalinde meinte dazu am 11.07.23 um 20:11:
Schon vergessen, Agnete.
Unzulänglich sind wir alle, jeder hat so seine kleinen geheimen Ecken, nehme ich einfach mal an.

Rosalinde
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