Teil 30
Roman
von AnastasiaCeléste
Ein paar Abende später saß Corvin angespannt in seiner Loge. Unten im Club dröhnte der Bass, der vibrierend durch alle Wände und Möbel pulsierte. Die Party zu seinen Füßen war in vollem Gange. Der Alkohol floss, das Geld der gut betuchten Gäste saß locker und die Mädchen lockten die Männer, wie Sirenen die Seefahrer auf dem Meer.
Er verfolgte schon eine ganze Weile diesen kleinen grünen Punkt, mit dem gelben Ring drum herum, der sich langsam über den Stadtplan bewegte. Manchmal kam er für eine Weile zum Stillstand, dann bewegte er sich wieder, aber stets in Richtung Innocent. Dieser kleine unruhige Punkt hieß Ave.
Corvin erwartete seine linke Hand schon ungeduldig. Diese Nacht würde für beide unerfreulich werden. Viel zu schnell kippte der Boss den Whiskey hinunter. Er genoss den teuren Alkohol nicht, er diente heute nur dazu, seine Wut und seinen Unmut in Zaum zu halten. Wut war in Verknüpfung mit Corvin eine höchst explosive Kombination. Wenn es hier nicht um Ave gegangen wäre, wäre ihm egal gewesen, was diesen Abend noch passieren würde, aber Corvin war darauf bedacht, sein inneres Monster heute nicht zu entfesseln. Gerade als eine ziemlich verstörte Kellnerin ihrem Boss den nächsten Drink servierte, betrat der lang erwartete Gast die Loge.
Ave wartete einen Moment, bis die Kellnerin verschwunden war, bevor er seinen Chef begrüßte. Sofort fiel ihm Corvins eisiges Schweigen auf.
Erst ein paar Sekunden später sah Corvin ihn an und gab ihm den unmissverständlichen Befehl „Setzen!“.
Ave nahm auf der kurzen Seite des L-förmigen Sofas Platz und wartete. Er blieb ruhig, war nach außen hin gelassen. Innerlich jedoch war er in Alarmbereitschaft. Irgendetwas schien nicht so gelaufen zu sein, wie er es gehofft hatte.
Corvin suchte Aves Blick. Seine fast schwarzen Augen taxierten sein Gegenüber eine Weile starr.
„Was zur Hölle denkst du, wer du bist?“ knurrte Corvin schließlich. Ave antwortete nicht. Er hatte keinen Schimmer, auf welche Angelegenheit sein Boss hinaus wollte. Es hätte alles sein können.
„Du genießt eine Menge Freiheiten. Aber du solltest aufpassen, was du dir erlaubst, Ave!“ „Worüber sprechen wir hier?“, wollte Ave wissen und achtete darauf, seiner Stimme einem ruhigen Ton zu verleihen. „Wir reden hier über deine Kleine, für die du scheinbar mehr übrig hast, als du solltest!“
Aves Herz setzte für einen Schlag aus. Corvin wusste von der Sache mit Colby. „Deine Lieblingshure hat die letzten Tage auffällig selten ihr Zimmer verlassen. Hier unten im Club wurde sie nicht mehr gesehen. Dieses Ding, dass ihr im Nacken tragt, verrät mir so etwas.“ Er zeigte mit seinem ausgestreckten Zeigefinger auf Ave, als wollte er ihn erdolchen.
„Ich habe Männer, die den ganzen Tag auf kleine Punkte starren und mir Auffälligkeiten melden. Und da dachtest du, ich bekomme nicht mit, wenn hier jemand Urlaub macht, den du bezahlst? Erklär mir das!“ Corvins Augen funkelten bösartig.
Ave atmete tief durch. „Colby wurde letzte Woche von einem ihrer Freier vergewaltigt und misshandelt. Sie war verletzt, grün und blau am ganzen Körper und somit nicht in der Lage zu arbeiten. Ich habe ihr gesagt, ich kümmere mich darum. Colby trifft also keinerlei Schuld.“
„Auch wenn es mich herzlich wenig interessiert was ihr passiert ist. Warum kommt keiner zu mir und erzählt mir davon?“, wollte Corvin wissen.
Ave zögerte einen Moment. Es blieb ihm nichts anderes übrig als die Wahrheit auszusprechen: „Weil die Mädchen Angst haben. Colby wäre niemals zu dir gekommen und hätte darum gebeten, ein paar Tage frei zu bekommen. Und ich hätte es auch nicht getan, Corvin.“ Ave wartete einen Moment ab. „Ich hätte es auch nicht getan, weil ich weiß, was mit den Mädchen hier passiert, die nichts mehr taugen.“ Corvin schnaubte wütend. „Und deswegen bestichst du einen meiner Männer? Du zahlst für sie?“ Corvin war wie vor den Kopf gestoßen. Er konnte nicht fassen, dass sein bester Mann ihn für eine Hure hintergangen hat. Das feine Band des Vertrauens löste sich langsam auf.
„Ave du enttäuschst mich. Ich werde dich im Auge behalten, glaub mir. Noch so ein Ding und ich garantiere für nichts mehr.“
Corvin lehnte sich zurück und sah eine Weile zu der Glaswand, vor dem die bunten Lichter des Clubs hin und her tanzten, bevor er aufstand. Er stellte sich nah an die Scheiben und sah einen Moment schweigend hinunter, bis er Ave zu sich winkte.
Dieser kam seinen Befehl nach, stellte sich neben ihn und zuckte kurz zusammen, als er Corvins festen Griff im Nacken spürte.
Der Boss zog Aves Kopf in die gewünschte Richtung und half ihm das Ziel mit einem Fingerzeig zu finden. Gefährlich nahe war er Ave gekommen. Corvins kaltes Flüstern in seinem Ohr ließ ihn erschaudern. „Sie schwingt ihren hübschen Arsch heute wieder durch den Club, siehst du? Es ist mir egal, wie es ihr geht. Für einen entsprechenden Preis kann sie jemand auch gerne totvögeln, wenn er will. Sie gehört mir und wenn ich heute nicht so gnädig wäre, wäre dein nächster Auftrag gewesen, ihre Leiche wegzuschaffen.“ Grob stieß er Ave von sich weg und entließ ihn so aus seinem Griff, der ihm unmissverständlich zeigen sollte, wer der Boss ist.
Ave musste gegen den Impuls ankämpfen, selbst handgreiflich zu werden. Corvin war zwar groß und gut trainiert, aber Ave hatte die bessere Ausbildung genossen, die ihm sicherlich einige Vorteile verschaffen würde. Sein Herz raste vor Wut und Adrenalin. Ohne einander einen weiteren Blick zu würdigen, löste sich ihr Treffen auf. Ave marschierte ohne Umwege zum Ausgang. Er wollte weg, weit weg von diesem Ort. All das am liebsten für immer hinter sich lassen. Der Chevy quittierte Aves ruppiges Fahrverhalten mit grollendem Protest. Die Zigarette, die ihm locker zwischen den Lippen hing, verlor in unregelmäßigen Abständen ein paar Ascheflocken, die sich auf Aves Kleidung und den Ledersitzen verteilten.
Das Geräusch der unsanft zugeworfenen Tür des alten Wagens hallte laut von den Hauswänden wieder. Cat und Asher erschraken bei dem lauten Krach der Wohnungstür, die ebenso rücksichtslos behandelt wurde, wie die Wagentür. Als Asher sich vorsichtig erkundigte, was passiert sei, verstand er nur so etwas wie ein gemurmeltes „Ich bring ihn um! Ich fackel die Bude ab und seinen Arsch dazu.“ Cat und Asher tauschten resignierende Blicke aus. Den Kopf einziehen und abwarten, war das Beste, was die beiden nun tun konnten.
Die nächsten Stunden hörten und sahen sie nichts mehr von Ave. Keine Geräusche drangen aus seinem Zimmer.
Erst nach Sonnenuntergang hörten sie Schritte auf dem Flur. Dann das Geräusch des Kühlschranks, als er geöffnet wurde. Kurz darauf herrschte wieder für einen Moment völlige Stille, bevor sie ein lautes Fluchen vernahmen. Bevor sie aufstehen konnten, war Ave schon ins Wohnzimmer gestürmt und knallte den Teller mit seinem frisch gemachten Sandwich auf den Couchtisch. Als er in der Küche zufällig einen Blick aus dem Fenster geworfen hatte, war ihm ein schwarzer Wagen auf der gegenüberliegenden Straßenseite aufgefallen, der ihm bekannt vorkam. Er gehörte zu Corvins Flotte, was bedeutete, dass ihm sein Boss Spione auf den Hals gehetzt hatte, die ihn womöglich nun rund um die Uhr beobachten sollten.
Er sah Cat eine Weile eindringlich an und fragte sich, wie lange dieses Versteckspiel mit ihr noch gut gehen wird. Sie könnte jetzt, wo sich die Schlinge nun schon an die Haut schmiegte, der letzte Funken vor der großen Katastrophe werden.
Nach einer Weile gespannter Stille klärte er seine Mitbewohner endlich über die Situation auf. Er erzählte von Colby, dem Treffen mit Corvin und dem großen Problem vor der Haustür. Asher und Cat waren schockiert, zu keinen klaren Gedanken fähig. Die junge Frau war kreidebleich geworden. Jeder von ihnen verstand, was die Situation bedeutete: Alarmstufe Rot.
Er verfolgte schon eine ganze Weile diesen kleinen grünen Punkt, mit dem gelben Ring drum herum, der sich langsam über den Stadtplan bewegte. Manchmal kam er für eine Weile zum Stillstand, dann bewegte er sich wieder, aber stets in Richtung Innocent. Dieser kleine unruhige Punkt hieß Ave.
Corvin erwartete seine linke Hand schon ungeduldig. Diese Nacht würde für beide unerfreulich werden. Viel zu schnell kippte der Boss den Whiskey hinunter. Er genoss den teuren Alkohol nicht, er diente heute nur dazu, seine Wut und seinen Unmut in Zaum zu halten. Wut war in Verknüpfung mit Corvin eine höchst explosive Kombination. Wenn es hier nicht um Ave gegangen wäre, wäre ihm egal gewesen, was diesen Abend noch passieren würde, aber Corvin war darauf bedacht, sein inneres Monster heute nicht zu entfesseln. Gerade als eine ziemlich verstörte Kellnerin ihrem Boss den nächsten Drink servierte, betrat der lang erwartete Gast die Loge.
Ave wartete einen Moment, bis die Kellnerin verschwunden war, bevor er seinen Chef begrüßte. Sofort fiel ihm Corvins eisiges Schweigen auf.
Erst ein paar Sekunden später sah Corvin ihn an und gab ihm den unmissverständlichen Befehl „Setzen!“.
Ave nahm auf der kurzen Seite des L-förmigen Sofas Platz und wartete. Er blieb ruhig, war nach außen hin gelassen. Innerlich jedoch war er in Alarmbereitschaft. Irgendetwas schien nicht so gelaufen zu sein, wie er es gehofft hatte.
Corvin suchte Aves Blick. Seine fast schwarzen Augen taxierten sein Gegenüber eine Weile starr.
„Was zur Hölle denkst du, wer du bist?“ knurrte Corvin schließlich. Ave antwortete nicht. Er hatte keinen Schimmer, auf welche Angelegenheit sein Boss hinaus wollte. Es hätte alles sein können.
„Du genießt eine Menge Freiheiten. Aber du solltest aufpassen, was du dir erlaubst, Ave!“ „Worüber sprechen wir hier?“, wollte Ave wissen und achtete darauf, seiner Stimme einem ruhigen Ton zu verleihen. „Wir reden hier über deine Kleine, für die du scheinbar mehr übrig hast, als du solltest!“
Aves Herz setzte für einen Schlag aus. Corvin wusste von der Sache mit Colby. „Deine Lieblingshure hat die letzten Tage auffällig selten ihr Zimmer verlassen. Hier unten im Club wurde sie nicht mehr gesehen. Dieses Ding, dass ihr im Nacken tragt, verrät mir so etwas.“ Er zeigte mit seinem ausgestreckten Zeigefinger auf Ave, als wollte er ihn erdolchen.
„Ich habe Männer, die den ganzen Tag auf kleine Punkte starren und mir Auffälligkeiten melden. Und da dachtest du, ich bekomme nicht mit, wenn hier jemand Urlaub macht, den du bezahlst? Erklär mir das!“ Corvins Augen funkelten bösartig.
Ave atmete tief durch. „Colby wurde letzte Woche von einem ihrer Freier vergewaltigt und misshandelt. Sie war verletzt, grün und blau am ganzen Körper und somit nicht in der Lage zu arbeiten. Ich habe ihr gesagt, ich kümmere mich darum. Colby trifft also keinerlei Schuld.“
„Auch wenn es mich herzlich wenig interessiert was ihr passiert ist. Warum kommt keiner zu mir und erzählt mir davon?“, wollte Corvin wissen.
Ave zögerte einen Moment. Es blieb ihm nichts anderes übrig als die Wahrheit auszusprechen: „Weil die Mädchen Angst haben. Colby wäre niemals zu dir gekommen und hätte darum gebeten, ein paar Tage frei zu bekommen. Und ich hätte es auch nicht getan, Corvin.“ Ave wartete einen Moment ab. „Ich hätte es auch nicht getan, weil ich weiß, was mit den Mädchen hier passiert, die nichts mehr taugen.“ Corvin schnaubte wütend. „Und deswegen bestichst du einen meiner Männer? Du zahlst für sie?“ Corvin war wie vor den Kopf gestoßen. Er konnte nicht fassen, dass sein bester Mann ihn für eine Hure hintergangen hat. Das feine Band des Vertrauens löste sich langsam auf.
„Ave du enttäuschst mich. Ich werde dich im Auge behalten, glaub mir. Noch so ein Ding und ich garantiere für nichts mehr.“
Corvin lehnte sich zurück und sah eine Weile zu der Glaswand, vor dem die bunten Lichter des Clubs hin und her tanzten, bevor er aufstand. Er stellte sich nah an die Scheiben und sah einen Moment schweigend hinunter, bis er Ave zu sich winkte.
Dieser kam seinen Befehl nach, stellte sich neben ihn und zuckte kurz zusammen, als er Corvins festen Griff im Nacken spürte.
Der Boss zog Aves Kopf in die gewünschte Richtung und half ihm das Ziel mit einem Fingerzeig zu finden. Gefährlich nahe war er Ave gekommen. Corvins kaltes Flüstern in seinem Ohr ließ ihn erschaudern. „Sie schwingt ihren hübschen Arsch heute wieder durch den Club, siehst du? Es ist mir egal, wie es ihr geht. Für einen entsprechenden Preis kann sie jemand auch gerne totvögeln, wenn er will. Sie gehört mir und wenn ich heute nicht so gnädig wäre, wäre dein nächster Auftrag gewesen, ihre Leiche wegzuschaffen.“ Grob stieß er Ave von sich weg und entließ ihn so aus seinem Griff, der ihm unmissverständlich zeigen sollte, wer der Boss ist.
Ave musste gegen den Impuls ankämpfen, selbst handgreiflich zu werden. Corvin war zwar groß und gut trainiert, aber Ave hatte die bessere Ausbildung genossen, die ihm sicherlich einige Vorteile verschaffen würde. Sein Herz raste vor Wut und Adrenalin. Ohne einander einen weiteren Blick zu würdigen, löste sich ihr Treffen auf. Ave marschierte ohne Umwege zum Ausgang. Er wollte weg, weit weg von diesem Ort. All das am liebsten für immer hinter sich lassen. Der Chevy quittierte Aves ruppiges Fahrverhalten mit grollendem Protest. Die Zigarette, die ihm locker zwischen den Lippen hing, verlor in unregelmäßigen Abständen ein paar Ascheflocken, die sich auf Aves Kleidung und den Ledersitzen verteilten.
Das Geräusch der unsanft zugeworfenen Tür des alten Wagens hallte laut von den Hauswänden wieder. Cat und Asher erschraken bei dem lauten Krach der Wohnungstür, die ebenso rücksichtslos behandelt wurde, wie die Wagentür. Als Asher sich vorsichtig erkundigte, was passiert sei, verstand er nur so etwas wie ein gemurmeltes „Ich bring ihn um! Ich fackel die Bude ab und seinen Arsch dazu.“ Cat und Asher tauschten resignierende Blicke aus. Den Kopf einziehen und abwarten, war das Beste, was die beiden nun tun konnten.
Die nächsten Stunden hörten und sahen sie nichts mehr von Ave. Keine Geräusche drangen aus seinem Zimmer.
Erst nach Sonnenuntergang hörten sie Schritte auf dem Flur. Dann das Geräusch des Kühlschranks, als er geöffnet wurde. Kurz darauf herrschte wieder für einen Moment völlige Stille, bevor sie ein lautes Fluchen vernahmen. Bevor sie aufstehen konnten, war Ave schon ins Wohnzimmer gestürmt und knallte den Teller mit seinem frisch gemachten Sandwich auf den Couchtisch. Als er in der Küche zufällig einen Blick aus dem Fenster geworfen hatte, war ihm ein schwarzer Wagen auf der gegenüberliegenden Straßenseite aufgefallen, der ihm bekannt vorkam. Er gehörte zu Corvins Flotte, was bedeutete, dass ihm sein Boss Spione auf den Hals gehetzt hatte, die ihn womöglich nun rund um die Uhr beobachten sollten.
Er sah Cat eine Weile eindringlich an und fragte sich, wie lange dieses Versteckspiel mit ihr noch gut gehen wird. Sie könnte jetzt, wo sich die Schlinge nun schon an die Haut schmiegte, der letzte Funken vor der großen Katastrophe werden.
Nach einer Weile gespannter Stille klärte er seine Mitbewohner endlich über die Situation auf. Er erzählte von Colby, dem Treffen mit Corvin und dem großen Problem vor der Haustür. Asher und Cat waren schockiert, zu keinen klaren Gedanken fähig. Die junge Frau war kreidebleich geworden. Jeder von ihnen verstand, was die Situation bedeutete: Alarmstufe Rot.