Besuch vom Wind

Geschichte zum Thema Begegnung

von  püttchen

Gerade kam mich der Wind besuchen. Ich lag schon im Bett und versuchte zu schlafen, als ich eine leise Stimme vernahm. Sie rief meinen Namen. Dreimal, bis ich antwortete. „Sieh nach, wer ich bin. Schau, wer dich besuchen kommt“, hauchte sie. Etwas unsicher fragte ich wer sie sei. „Schau nach, wer dich Besuchen kommt. Sieh aus dem Fenster.“ Ich setzte mich aufrecht und sah aus dem Fenster. Ich sah nichts, starrte nur in die leere Dunkelheit der Nacht. „Ich kann dich nicht sehen“, flüsterte ich leise. „Mach dein Fenster auf und lass mich hinein“, sagte die Stimme. Es hat schon den ganzen Tag geregnet und ich hatte eigentlich wenig Lust mein Fenster zu öffnen. Ich hatte Angst, dass all die Spinnen und Insekten des Waldes sich zu mir ins Trockene retten wollten. Dennoch öffnete ich mein Fenster. Etwas links davon stand eine junge Frau in weiß. Weiße Haare, weiße Haut, weiße Lippen. Sie trug ein luftiges, weißes Sommerkleid und wirkte sehr schmal und zerbrechlich aber guter Dinge. Ein salziger Regengeruch strömte von ihr aus und wehte mir um die Nase. „Wer bist du?“, fragte ich erneut. Sie kicherte, sie sei der Wind. Ich fragte sie, warum sie mir als weiße Frau erscheine und sie antwortete, dass diese Erscheinung nicht sie, sondern mein Herz festlege. „Ich habe dir etwas mitgebracht“, fuhr sie fort, „vom Meer.“ Und wirklich schien frische Seeluft in mein dunkles Zimmer zu fließen. Wie herrlich es roch. Nach Fisch und Salz und Steinen und Tang und Möwen. Ich bat sie herein. Bevor ich mein Fenster wieder schloss, sog ich noch ein paar mal diese herrliche Luft in meine Lunge. Schnell legte ich mich in mein Bett, vergrub meinen Kopf in das Kissen und schloss die Augen. Die Frau hatte ich schon wieder vergessen. Oder für unwahr gehalten. Oder beides. Aber wieder vernahm ich ihre Stimme. Diesmal ganz dicht an meinem Ohr. Wieder rief sie meinen Namen. „Was ist los?“, erkundigte ich mich fast etwas barsch. Sie sagte nichts. Doch sie kniete in meinem Bett, genau neben meinem Kopf. Ich stöhnte. Sie sah aus wie eine Elfe, oder Fee, oder ähnliches. „Was bist du?“, hatte ich sie gefragt. „Der Wind“, hatte sie, wieder kichernd, geantwortet. Ich merkte, dass ich so nicht weiterkam. Also noch einmal: „Was suchst du hier?“ Sie kicherte. „Ich suche nicht. Ich habe dir etwas mitgebracht.“ „Vom Meer?“, versuchte ich das Gespräch weiter zu führen. Ihre Antwort überraschte mich etwas: „Nein. Das hast du doch gerade schon bekommen. Ich soll dir noch etwas bringen. Sie nahm meine Hand und legte etwas hinein. Ich wusste nicht was es war, ich konnte es nicht erspüren, aber mir wurde angenehm warm. „Was ist das?“ „Liebe“, sagte sie. Ich wusste nicht, was das bedeuten sollte, also fragte ich sie was Liebe sei. Vielleicht lerne ich doch noch etwas aus diesem merkwürdigen Besuch, dachte ich bei mir. Sie hatte etwas Schwierigkeiten mit dem Satz, den sie hervorbringen wollte. Schließlich erklärte sie stolz, „Liebe ist ein Band zwischen den Menschen, das nicht dafür da ist, dem Einzelnen seine materiellen Zwecke zu erfüllen.“ Den Satz hatte ich nicht ganz verstanden, wollte aber auch nicht weiter darauf eingehen. Stattdessen fragte ich, wer mir denn dieses Geschenk gemacht habe. „Das weiß nur der Wind“, kicherte sie wieder. Ich merkte, dass sie begann von meinem Bett zu verschwinden. „Aber du bist der Wind!“ rief ich ihr aufgebracht nach. Ihr Kichern drang nur noch von weiter Ferne an mein Ohr, bis es schließlich ganz verklungen war.

Ich lag noch eine ganze Weile wach in meinem Bett und starrte in die Dunkelheit. Ich war auch ein bisschen stolz. Schließlich kommt der Wind ja nicht alltäglich zu Besuch. Nach einigem starren, beschloss ich den Laptop neben meinem Bett noch einmal in Gang zu bringen um mir diese Begegnung lieber aufzuschreiben. Vielleicht hätte ich sie sonst morgen schon vergessen.

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Kommentare zu diesem Text

castorin (27)
(31.05.07)
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 püttchen meinte dazu am 31.05.07:
dann bin ich nicht die einzige die Besuche bekommt? *steinvomherzfall*.schön, dass du es verstehst. donnerstag wird toll. Hab dich lieb, deine Jointy
The_black_Death (31)
(16.06.07)
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 püttchen antwortete darauf am 19.06.07:
Na klar, der hat auch schon ne Einladung.mit dem würd ich mich gern mal unterhalten. danke für die empfehlung!
schönen gruß
jointy
k-rin (32)
(30.06.07)
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 püttchen schrieb daraufhin am 01.07.07:
schön nicht allein zu sein. lg, püttchen
DasDunklePoet (28)
(17.06.12)
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