Die Verwandlung

Text zum Thema Abstraktes

von  autoralexanderschwarz

Die Verwandlung

Als Gregor S. an einem sonnigen Morgen aus bedrückenden Träumen erwachte, sich schwerfällig erhob und die Vorhänge des Parterrefensters zurückzog, stellte er zu seinem Schrecken fest, dass sich alle Menschen über Nacht in gewaltige Ungeziefer verwandelt hatten. Fast konnte er es nicht glauben, als er seinen Blick über die vertraute Heimatstraße gleiten ließ, die so unverhofft Kulisse eines atemberaubenden, ja erschreckenden Schauspiels geworden war. Die Luft schien unter den Abermillionen von Beinchen zu vibrieren, die an sich leise, aber vereint, wie ein Gewitter auf das Pflaster schlugen und obwohl dies dort draußen eindeutig keine Menschen waren, die in nahezu militärischer Ordnung den Zebrastreifen überquerten , oder an der alten Ampel auf das Lichtsignal warteten, entdeckte er doch bei allen Anzeichen, die auf die plötzliche Verwandlung verwiesen. Da war zum Beispiel das rosa Halstuch der Nachbarin aus dem ersten Stock, dass mit einem dieser raffinierten Knoten um den Chininpanzer eines Ungeziefers geschlungen war, der Zylinder des alten Herr Knaurs, der zwei Häuser weiter wohnte, wogte im Takt der vielen Beinchen auf einem pechschwarzen Rücken und zu seiner Überraschung sah er dort sogar ein Insekt, welches den kleinen schwarzen Pudel von Frau Gruber in Richtung des Parks führte, wobei es sich die Leine zwischen die harten, zahnlosen Kiefer geklemmt hatte.

„Wie wird dies den Vater wundern, wenn er es mit eigenen Augen sieht",

dachte er sich und hätte im ersten Impuls der Verwunderung beinahe laut nach ihm gerufen, als ihm einfiel, wie empfindlich dessen Gehör in den frühen Morgenstunden war und wie zornig er wohl auf einen solchen Überfall reagiert hätte.

„Aber ich muss es ihm doch zeigen", dachte er dann, wischte sich noch einmal durch die Augen um sicherzugehen, dass er nicht Opfer einer optischen Täuschung geworden war, und als alles blieb wie es war, trat er dann auf Zehnspitzen an die Tür des Vaters.

„Vater", rief er leise durch das Holz und legte sein Ohr an die Zimmertür, um auch eine leise Antwort von drinnen vernehmen zu können und dann, rief er noch einmal, ein wenig lauter:

„Vater, das müsst ihr selbst sehen."

Doch es drang keine Antwort zu ihm, nach draußen, lediglich ein leises, kratzendes Geräusch glaubte er zu hören, doch er war sich nicht sicher, ob er sich getäuscht hatte.

„Vater, ich komme nun hinein", rief er und konnte nicht verhindern, dass sein Stimme einen besorgten Ton annahm, war der Vater doch in den letzten Jahren zusehends gealtert, so dass er, bei dem kleinsten Anzeichen von Gefahr zwangsläufig schnell an das Schlimmste dachte.

Dann klopfte er vorsichtshalber noch einmal an – niemand sollte ihm vorwerfen können er wäre rücksichtslos gewesen- und öffnete langsam die Tür. Die Vorhänge waren noch zugezogen und so lag eine schummrige Dunkelheit über dem Raum, die alle Konturen verwischte und erst als er die Vorhänge auf und beiseite gezogen hatte, stellte er fest, was er zwar befürchtet, aber nicht einmal zu denken gewagt hatte. Der Vater lag noch im Bett, doch die wunderliche Verwandlung, die sich an den Menschen auf der Straße vollzogen hatte, war scheinbar auch an dem Vater nicht spurlos vorbeigegangen. Zwar trug dieser noch den rot-grünen Pyjama, in dem er sich abends ins Bett zu legen pflegte, doch aus der tief ins Gesicht gezogenen Schlafmütze starrten ihm zwei tiefschwarze Facettenaugen entgegen, über denen sich zwei gewaltige, zuckende Fühler in die Luft erhoben.

„Vater, seid ihr das", fragte er dem Geschöpf entgegen und beschloss zunächst, als die Antwort ausblieb, in die Küche zu gehen und einen starken, schwarzen Tee aufzubrühen, um erst einmal die Situation zu überdenken. Fast lautlos und ohne eine Reaktion des Vaters verließ er den Raum, zog die Tür vorsichtig zu und setzte, in der Küche, den Kessel auf den Herd.

Dann, während sich langsam das vertraute Pfeifen des Kessels einstellte, trat er an das Fenster, welches in Richtung des Gartens ausgerichtet war und in dem einige kleinere, aber noch immer kniehohe Ungeziefer einen zerfledderten Fußball von der einen Seite zur anderen bewegten, wobei sie einander umrannten und helle, pfeifende Geräusche ausstießen.

Das die anderen Menschen, die er ja nur sehr begrenzt kannte und zu denen er, wenn auch nicht keine, so aber doch nur sporadische Beziehungen unterhielt, so einfach, von einem Tag auf den anderen, ihr Menschsein aufgaben, war verwunderlich, ließ sich jedoch akzeptieren, da er immer geglaubt hatte, dass die Kurzen und sinnentleerten Gespräche auf dem Treppenabsatz zwar unterhaltsam, aber doch verzichtbar waren, aber dass der Vater, mit dem er sich, seit dem Tode der Mutter die kleine Parterrewohnung teilte, einfach und ohne jede Form der Rücksprache, Teil dieser Bewegung geworden war, das war eine ganz andere Sache. Und wie oft hatte de3 Vater, der für ihn Inbegriff von Ordnung, Pünktlichkeit und Disziplin war sich übers eine Mitmenschen beschwert, so dass es Gregor nicht einleuchtete, dass dieser auf einmal wie die anderen dort draußen zu sein schien, über die er sich stets erhoben hatte.

„Vielleicht ist aber auch diese Verwandlung unabhängig von seinem Willen geschehen, vielleicht weiß er noch gar nicht, dass er zum Ungeziefer geworden ist",

dachte er sich dann, obschon es ihm schwer fiel den Gedanken zu akzeptieren, dass der Vater sich entgegen seines Willens verwandelt hatte, der jahrelanghöchstes Gesetz in dieser Wohnung gewesen war.

So schien es ihm richtig, alleine schon in Rücksicht auf die schwachen Nerven des Vaters, dass er diesen zunächst von jedem Spiegel fernhielt und ihm auch durch sein eigenes Verhalten keine Möglichkeit gab, auf den umstand zu schließen, dass er sich verwandelt hatte.

Der Kessel hatte sein Pfeifen gesteigert, pfiff für einige Momente lauter, als die Ungeziefer draußen, im garten und er nahm ihn vom Herd, löschte die Gasflamme und goss den Tee auf, während er auf Geräusche aus dem Zimmer des Vaters horchte.

Es blieb still und erst, als er sich mit zwei gefüllten Tassen der Tür näherte, glaubte er wieder jene kratzenden Geräusche zu vernehmen.

„Ich habe uns einen Tee gekocht, Vater", rief er aus, während er vorsichtig mit dem Ellenbogen die Klinke hinunter und die Tür auf drückte und in den Raum trat.

Der Vater war inzwischen erwacht, hatte sich, so gut es ging, halb im Bett aufgerichtet und sah ihn aus großen Augen an.

„Ja, hier ist der Tee", sagte Gregor, stellte die zwei Tassen auf dem Nachttischchen ab und zog wie nebenbei die Decke des Vaters ein Stück höher, so dass sie nun den gesamten Körper verbarg.

„Ich hatte heute ein wenig Kopfweh", sagte er in Richtung des Vaters, wobei er sich bemühte, nicht in die fremden Augen, sondern auf die vertraute Schlafmütze zu blicken,

„deshalb habe ich bei der Arbeit angerufen und mir einen Tag Urlaub genommen. Überhaupt meintet ihr zuletzt zu mir, dass ich nur noch so wenig Zeit auf Euch verwende und so ist es doch ein glücklicher Umstand, dass wir diesen Tag privat und nur zur gegenseitigen Beschäftigung miteinander nutzen können.

Er stockte kurz. Noch immer hatte der Vater nichts gesagt, obwohl er ihn sonst oft und gerne unterbrach und auf einmal hatte Gregor die Befürchtung, dass es ja möglich sein konnte, dass der Vater nicht nur sein Aussehen, sondern womöglich auch sein Wesen verändert hatte.

„Und was sagt ihr dazu, lieber Vater, freut ihr Euch nicht darauf, den Tag mit mir, eurem Sohn zu verbringen", fragte er um eine Antwort zu provozieren und gab sich Mühe den Schreck zu verbergen, als anstelle der vertrauten Stimme des Vaters nur eine verwirrende Folge jener Pfeiftöne die Antwort war, welche er bereits aus dem Garten vernommen hatte.

„Ja, ja. Mich freut es auch", antwortet er schnell und überspielte dabei den ersten Schrecken, während er sich fragte, ob der Vater es bemerkt hatte.

„Möchtet ihr einen Schluck schwarzen Tee, den ich eigens frisch für uns aufgebrüht habe", ergänzte er schnell und ohne eine Antwort abzuwarten, nahm er eine der Tassen und näherte sie dem tiefschwarzen, zahnlosen Kiefer, der sich in pfeifenden Tönen öffnete und schloss.

Doch der Vater wollte keinen Tee, zog demonstrativ den Kopf weit in die Schlafmütze zurück, schüttelte ihn, in unverkennbaren Ekel, so dass die langen, gebogenen Fühler über seinem Kopf miteinander tanzten und für einen kurzen Moment glaubte Gregor in diesem Reflex der Verweigerung, in dieser verachtenden Geste der Ablehnung die vertraute Mimik zu entdecken, doch dann waren da auch noch diese Pfeifgeräusche, die sich in einem fremden und undurchschaubaren Rhythmus steigerten, schneller, lauter und eindringlicher wurden.

Er stellte die Tasse wieder ab, vorsichtig, damit sie den zitternden Händen nicht entglitt und trat, da ihm gerade nichts einfiel an das Fenster.

„So beruhigt Euch doch, lieber Vater",

sagte er in halb beschwörenden, halb vermittelndem Ton, doch der Vater schien dies als Bestätigung zu verstehen, wie elektrisiert riss er den Kopf von der einen Seite des Bettes zur anderen und schrie immer lauter, in beängstigenden, schrillen, geradezu obszönen Tönen seinen Zorn in das fassungslos Gesicht von Gregor.

Er versuchte sich zu beruhigen, sagte sich, dass der Vater ja irgendwann aufhören musste zu

Schreien, versuchte ruhig zu atmen und gab dabei gleichsam beruhigende Pfeiftöne von sich, die wie die des Vaters, aber sanfter und verständnisvoller klangen. Als er trotz der Absurdität der Situation aus dem Fenster blickte, einfach, weil er es gewohnt war aus dem Fenster zu blicken, wenn er an dieser Stelle des Raumes stand, entdeckte er zu seinem Entsetzen , dass die Rufe des Vaters, unten auf der Straße nicht ohne Reaktion geblieben waren und dass sich ein wahrer Ansturm auf die Haustür entwickelt hatte, die ja, zu dieser frühen Zeit noch verschlossen war. Von allen Seiten eilten die Ungeziefer herbei, so dass sich ein einziges, gewaltiges Durcheinander auf der Straße gebildet hatte und die aufgehende Sonne sich in unzähligern Beinchen, Panzern und Flügeln widerspiegelte, so dass sie in Gregors Augen brannte.

„Vater, ihr müsst euch beruhigen", rief er, nun schon etwas lauter, mit einem Hauch von Panik

und lauschte sorgenvoll in Richtung des Treppenhauses, aus dem er einen anschwellenden Lärm zu hören glaubte.

Er blickte sich in dem kleinen Raum um, ob es dort irgendetwas gab, was zur Hilfe gereichen konnte, verweilte mit dem Blick kurz bei dem Bild, mit der Dame im Pelz und entdeckte dann die Obstschale, welche aus dekorativen Gründen nicht in der Küche, sondern im Zimmer des Vaters stand.

„Ruhig, Vater, so beruhigt Euch doch", sagte er noch einmal in Richtung der Schlafmütze,

in deren Augen er noch immer nicht blicken wollte und als sich der Vater immer noch nicht beruhig hatte, das schrille Ächzen der Wohnungstür im Treppenhaus widerhallte, griff er nach einem der Äpfel aus der Schale, zögerte noch einmal kurz, sprang dann einen Satz nach vorne und presste ihn in das weit aufgerissene, schreiende Maul, dass aus dem rot-grünen Pyjama ragte.

Von einem Moment auf de n anderen war es still, nur noch leise, röchelnde Laute entwichen dem Kiefer des Vaters, auch der Lärm im Treppenhaus hatte sich gelegt und als er aus dem Fenster blickte, sah er, wie sich die Menge auflöste und jedes der vielen Wesen wieder seinem eigenen Weg folgte.

„Es tut mir leid, Vater", sagte er in die Richtung vom Bett und konnte sich nicht zurückhalten

hinzuzusetzen:" aber ihr musstet ja auch so laut schreien, dass alle auf uns aufmerksam wurden".

Der Vater schien sich nicht sonderlich um diese Belehrung zu kümmern, war wohl auch durch das unausgesetzte Schreien erschöpft, welches ihm nun, durch den Apfel im Rachen verwehrt blieb und so sank er erschöpft mit dem Kopf zur Seite und selbst als Gregor ihn einige Male mit dem Fuß anstieß, reagierte dieser nicht mehr, so dass Gregor sich sicher war, dass der Vater eingeschlafen war.

In der Küche, im Besenschrank, lag ein langes Seil, dass der Vater, wie so vieles andere, einmal gekauft und niemals benutzt hatte und nach einer kurzen Überlegung entschloss sich Gregor, da er ja nicht wusste, wie der Vater beim Erwachen reagieren würde, diesen, mit eben jenem Seil an das Bett zu fesseln.

Bis zu diesem Moment hatte der Vater zwar gar nicht versucht das Bett zu verlassen und er war ja auch ein alter Mann, der manchmal etwas schwach auf den Beinen war, aber es war zumindest möglich, dass er das Bett verlassen würde, um Gregor, in einem ahnungslosen Moment den Angriff mit dem Apfel zu vergelten oder vielleicht war der Vater wirklich, ganz und gar, Ungeziefer geworden würde sich zu den anderen, zu seinesgleichen flüchten und die Meute auf ihn hetzen, während Gregor schlief. Viele gute Gründe sprachen dafür den Vater an das Bett zu fesseln, doch trotzdem fühlte er sich schlecht, als er vorsichtig das Seil um die starren, gepanzerten Beine zog, so locker, dass der Panzer nicht aufbrach, so fest, dass sich der Vater der Fessel nicht entwinden konnte

„Es wird schon alles wieder gut", sagte er dabei zu der vertrauten Schlafmütze und auch ein wenig zu sich selbst.

„Es wird schon wieder alles gut", sagte er noch einmal, abschließend, als er den letzten Knoten zuzog, den, der die Handgelenke verband und an das Bettgestell zwang, warf noch einen letzten, prüfenden Blick auf die Fesseln, zog dem Vater die verrutschte Decke wieder bis dorthin, wo einmal das Kinn gewesen war, die Schlafmütze weit über das fremde Antlitz und ging zurück in die Küche.

Das junge Ungeziefer, dass zuvor mit dem zerfledderten Ball durch den Garten gestürmt war, schien nun verschwunden, doch ein junges Insektenpärchen hatte die entstandene Verlassenheit des Ortes genutzt, um sich, im Schatten des alten Kirschbaumes, auf dem frisch gemähten Gras niederzulassen. Eng hielten sie ihre Panzer aneinander geschmiegt und Gregor erkannte an der lose gebundenen Schürze das junge Mädchen aus dem Gemischtwarenladen, welches auch ihm immer freundlich zugelächelt hatte.

„Überall müssen sie sein", sagte er ärgerlich in die Einsamkeit der Küche und zog die Vorhänge wieder zu, wobei er das Gefühl hatte, nicht nur den Garten, sondern gleichsam jeden Platz dort draußen, in der vertrauten Heimatstadt an das Ungeziefer abzutreten.

Eine Weile saß er in der verdunkelten Küche und ärgerte sich darüber, dass sie verdunkelt war. Obwohl der Morgen einen schönen, sommerlichen Tag verhießen hatte

Eigentlich blieb ihm nichts, als an dem, von Kinderbeinen auf vertrauten Tisch zu sitzen und zu warten, zu warten und zu denken, zu denken und zu warten, und da es eigentlich nichts gab, worauf er wartete, fiel es ihm nach einiger Zeit auch immer schwerer zu denken und all dies, das Warten und das Denken, veranlasste ihn, gegen Mittag dazu, noch einmal vor die Tür des Vaters zu treten und einen Blick in den Raum zu werfen.

Alles schien unverändert, der Vater lag noch immer gefesselt in seinem Bett, hatte nicht einmal den Kopf bewegt, nur die langen Fühler, die zuvor noch lebhaft vom Kopf abstanden, hingen nun, leblos, wie die Schlafmütze auf dem unförmigen Kopf des Ungeziefers.

„Vater", fragte er vorsichtig in Richtung des Bettes und als eine Reaktion ausblieb, ein wenig energischer, „Vater", in dem Tonfall, in dem man einen guten Freund weckt, und näherte sich dem Bett.

„Das mit dem Apfel tut mir leid, Vater", sagte er noch, für den Fall, dass der Vater bei Bewusstsein, aber beleidigt war und das unerträgliche Schweigen aus dieser Beleidigung resultierte, doch selbst dieses Eingeständnis eines persönlichen Fehlers, dass den Vater sonst immer umgänglich und nachsichtig stimmte, blieb ohne Resonanz.

„Ich kann auch wieder in die Küche zu meinen Freunden gehen", sagte er abschleißend,, denn es konnte dem Vater nicht egal sein, dass nebenan, für ihn Fremde , Einzug in ihr Privatleben erhalten hatten, doch nicht einmal dies entlockte eine Reaktion und so trat er doch, entgegen seines Entschlusses noch näher an das Bett heran und warf einen forschenden Blick in das fremde Gesicht.

Noch immer war das Maul des Insekts auf unnatürliche Art im Schrei erstarrt aufgerissen und da sich die Augen von Gregor inzwischen an das schummrige Licht gewöhnt hatten, sah er sogar den Apfel, dort, aus diesem dunklen, fremden Abgrund funkeln und erst in diesem Moment kam ihm der Gedanke, dass es ja möglich war , dass er den Vater durch seine Unbeherrschtheit verletzt hatte

„Geht es Euch denn nicht gut, Vater", fragte er, obwohl er die Hoffnung auf Antwort bereits begraben hatte und auch seine erste Assoziation, das entstandene Unrecht durch einen frisch aufgebrühten, schwarzen Tee zu mildern, den der Vater doch so gerne mochte, erschien ihm sinnlos und falsch.

„ich schaue mir das mal an", sagte er mehr zu sich selbst, als zum teilnahmslosen Vater und ließ seine Hand in das erstarrte Maul sinken, erst vorsichtig tastend, dann, bestrebt den Apfel und somit den Grund des Unglücks zu entfernen, forscher und mit einigem Kraftaufwand.

Doch der Apfel schien seinen eigenen Willen zu besitzen, ließ sich, selbst unter Einsatz alles Geschicks und aller Kraft nicht empor bewegen, rutschte nur tiefer hinab, in diesen schwarzen Schlund , bis er sich schließlich, etwa einen Arm tief im Vater, vollständig festsetzte und sich nicht einmal weiter nach unter durchschieben ließ.

Es war eine mühsame Arbeit und bald traten Gregor dicke Schweißtropfen auf die Stirn, doch dies änderte nichts an der Undurchführbarkeit der Rettung, so dass er schließlich entnervt,

und in dem Bewusstsein, die Situation eher verschlimmert als verbessert zu haben, aufgab.

Verzweiflung machte sich in ihm breit , denn so schlimm die Verwandlung des Vaters auch gewesen war, erschien es ihm nun ungleich schlimmer, dass er auf einmal alleine dastand, selbst all jene Dinge verrichten musste, die er so oft in unterdrücktem Zorn, oder beschworener Gleichgültigkeit erduldet hatte.

„Es tut mir so leid, Vater", stieß er zwischen einigen Tränen hervor und beschloss sich zu ihm, dem einzigen, den er auf dieser Welt liebte, unter die warme Decke zu legen.

„Ich weiß nicht was ich tun soll",

sagte er mehrmals hintereinander in die endgültige Stille und bettete sein Gesicht an der Schlafmütze, die noch nach dem Vater roch, so wie das Bett, so wie das Zimmer und der rot-grüne Pyjama. Irgendwann schlief er dann ein und kurz bevor alle Gedanken und Wünsche ins Unbewußte entglitten, glaubte er noch ein Geräusch zu vernehmen, wie er es zuvor noch nie gehört hatte.


Anmerkung von autoralexanderschwarz:

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Kommentare zu diesem Text

Sanatanas (43)
(27.02.08)
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Mitternachtslöwe (27)
(27.02.08)
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 autoralexanderschwarz meinte dazu am 27.02.08:
Also, lieber Kommentator:
Zunächst einmal finde ich, dass man bei einem Literaturforum unterstellen kann, dass doch die meisten (du ja auch) den Kafkabezug begreifen, der sich ja alleine schon aus dem Titel ergibt. Dieser Text ist eine Adaption. Ich denke, das begreift man. Zudem kann ich Deine "Grab-Rotieren-Meinung" nicht im geringsten kommentieren, wenn Du sie nicht begründest.
(Antwort korrigiert am 27.02.2008)
Mitternachtslöwe (27) antwortete darauf am 27.02.08:
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 autoralexanderschwarz schrieb daraufhin am 27.02.08:
Lieber Kommentator!
Das verstehst Du vollkommen falsch. Ich zitiere nicht, ich adaptiere. Das ist ein gewaltiger Unterschied. Ich gebe zwar zu, dass ich durchaus mit dem Gesamtwerk Kafkas vertraut bin, aber ich habe diesen Text aus dem Kopf, unabhängig von der ursprünglichen Verwandlung geschrieben. Ich habe lediglich einige Motive übernommen (z.B. das Bild mit der Dame im Pelz),aber der Gesamtzusammenhang ist ein anderer. Ich habe mich nicht wie Kafka auf
das Moment der Ausgrenzung und den gesamtgesellschaftlcihen Zusammenhang bezogen, sondern das Vater-Sohn-Verhältnis herausgestellt.
Auf jeden Fall ist das ne harte Anschuldigung. Plagiate sind so mit das niedrigste und aus meiner Sicht niederträchtigste, was ein Autor schreiben kann. Falls Du tatsächlich einen Satz findest, den ich aus meinem Unterbewußtsein aus dem Originaltext übernommen habe (und ich bezweifle dies!!!!), dann zitier ihn mir bitte.
Gruß
Al X
(Antwort korrigiert am 27.02.2008)
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