Das Dilemma
Kurzgeschichte zum Thema Leben/Tod
von Stone
Er saß und starrte auf sein Bier. Zwar konnte er jetzt, in diesem Moment, nichts mehr an den Tatsachen ändern, aber er wusste dass er durchaus wieder in eine solche Situation kommen konnte; er war Feuerwehrmann und wusste nicht wie er sich beim nächsten Mal verhalten würde.
3 Tage vorher:
Seit vier Stunden saß er schon auf dem Dach dieses Hauses; vier Stunden von denen er seit dreieinhalb nicht mehr alleine war. Ca. 15 bis 20 Leute standen unten auf der Straße und zwei Männer waren ihm bis auf fünf Meter nahe gekommen. Der eine hatte eine Feuerwehruniform an und sprach seit gut einer Viertelstunde auf ihn ein. "Nun kommen sie schon runter", sagte er zu ihm. "Das Leben bietet ihnen doch noch einiges." "Was denn?", fragte er den Feuerwehrtypen. "Ich bin jetzt 45 Jahre alt und habe keine Perspektiven mehr. Meine Frau hat sich von mir scheiden lassen und eine Arbeit finde ich sowieso nicht." Der für solche Situationen geschulte Beamte widersprach: "Sie können doch auch so das Leben geniessen; wer weiß denn schon was nach dem Tode kommt." "Ach hören sie doch mit ihrer Taschenspieler-Psychologie auf, mit dem Tod hört das Denken auf, das Herumquälen mit den vielen dummen und ignoranten Leuten hört auf und was dann kommt? Was dann kommt ist mir doch egal!" "Aber dann denken sie doch an das Vermächtnis; an was werden die Leute denken, wenn sie nicht mehr da sind. Sie sollten auch daran denken was noch kommen kann. Vielleicht kommen noch Dinge auf sie zu, mit denen sie nicht gerechnet haben und sie gehen sogar in die Geschichte ein." Offenbar half das. Der Lebensmüde stand nicht mehr ganz so nah am Abgrund. Er sagte: "Vielleicht haben sie ja recht und ich bin nur zu verblendet zu erkennen zu welchen Dingen die mich unvergesslich machen ich noch in der Lage bin." Erleichtert sah der Feuerwehrmann den Mann zurücktreten, während die Leute die unten herumstanden enttäuscht aufstöhnten, als hätte man sie um ein großes Vergnügen und Erlebnis gebracht. Der Drops war gelutscht, der vermeintliche Selbstmörder war zur Vernunft gekommen und wurde nun von mehreren Hilfskräften, die ihm unter anderem eine Decke reichten, weggebracht.
Der Feuerwehrmann, sein Name war Jens Schöller, erzählte am Abend im Kreis seiner Kollegen von dem durchaus üblichen Einsatz mit den Worten:"Hab mal wieder nen Lebensmüden gerettet. Allmählich habe ich mir ja wohl sowas wie eine Tapferkeitsmedaille verdient; das war schon der dritte dieses Jahr." Die anderen quittierten den Spruch mit den üblichen Kommentaren:"bist eben ein Menschenfreund, so einem kann man nix abschlagen, nicht mal den Wunsch einen festen Entschluß wieder rückgängig zu machen."
An den nächsten beiden Tagen war nicht viel los. Das übliche Warten auf einen Einsatz, das Herumsitzen mit den Kollegen und ab und zu eine Rettung von einer Katze, die von einem Baum heruntergeholt werden musste. Am Nachmittag des dritten Tages - er hatte seinen freien Tag und war nur au Bereitschaft - hörte er im Fernsehen die Nachricht von einem Amoklauf in der näheren Umgebung. Der Täter hatte bereits sieben Leute getötet und war noch immer nicht gefasst worden. Er schaute gebannt auf den Fernsehschirm, als plötzlich ein Bild zu sehen war : "sein" vermeintlicher Selbstmörder war zu sehen. Er konnte es nicht realisieren, war wie paralysiert. Dann fiel ihm ein, dass er hier nicht sitzen konnte; das war schier unmöglich, er musste irgendetwas tun. So fuhr er zu der Wache, in der er sonst seinen Dienst verrichtete. Doch als er eintraf, war die Sache gelaufen. Zwei Schüsse aus einer Dienstpistole eines Polizisten beendete den Amoklauf. Der Mann, der drei Tage vorher aus dem leben scheiden wollte, hatte noch vier weitere Menschen, davon einen Beamten, getötet, weitere fünf zum Teil schwer verletzt. Und sein Name - er hieß Michael Berghammer - war plötzlich in den Schlagzeilen. Und so kam es dass Jens Schöller in seiner Stammkneipe saß und nicht mehr wußte wie er jetzt weiterleben sollte.
3 Tage vorher:
Seit vier Stunden saß er schon auf dem Dach dieses Hauses; vier Stunden von denen er seit dreieinhalb nicht mehr alleine war. Ca. 15 bis 20 Leute standen unten auf der Straße und zwei Männer waren ihm bis auf fünf Meter nahe gekommen. Der eine hatte eine Feuerwehruniform an und sprach seit gut einer Viertelstunde auf ihn ein. "Nun kommen sie schon runter", sagte er zu ihm. "Das Leben bietet ihnen doch noch einiges." "Was denn?", fragte er den Feuerwehrtypen. "Ich bin jetzt 45 Jahre alt und habe keine Perspektiven mehr. Meine Frau hat sich von mir scheiden lassen und eine Arbeit finde ich sowieso nicht." Der für solche Situationen geschulte Beamte widersprach: "Sie können doch auch so das Leben geniessen; wer weiß denn schon was nach dem Tode kommt." "Ach hören sie doch mit ihrer Taschenspieler-Psychologie auf, mit dem Tod hört das Denken auf, das Herumquälen mit den vielen dummen und ignoranten Leuten hört auf und was dann kommt? Was dann kommt ist mir doch egal!" "Aber dann denken sie doch an das Vermächtnis; an was werden die Leute denken, wenn sie nicht mehr da sind. Sie sollten auch daran denken was noch kommen kann. Vielleicht kommen noch Dinge auf sie zu, mit denen sie nicht gerechnet haben und sie gehen sogar in die Geschichte ein." Offenbar half das. Der Lebensmüde stand nicht mehr ganz so nah am Abgrund. Er sagte: "Vielleicht haben sie ja recht und ich bin nur zu verblendet zu erkennen zu welchen Dingen die mich unvergesslich machen ich noch in der Lage bin." Erleichtert sah der Feuerwehrmann den Mann zurücktreten, während die Leute die unten herumstanden enttäuscht aufstöhnten, als hätte man sie um ein großes Vergnügen und Erlebnis gebracht. Der Drops war gelutscht, der vermeintliche Selbstmörder war zur Vernunft gekommen und wurde nun von mehreren Hilfskräften, die ihm unter anderem eine Decke reichten, weggebracht.
Der Feuerwehrmann, sein Name war Jens Schöller, erzählte am Abend im Kreis seiner Kollegen von dem durchaus üblichen Einsatz mit den Worten:"Hab mal wieder nen Lebensmüden gerettet. Allmählich habe ich mir ja wohl sowas wie eine Tapferkeitsmedaille verdient; das war schon der dritte dieses Jahr." Die anderen quittierten den Spruch mit den üblichen Kommentaren:"bist eben ein Menschenfreund, so einem kann man nix abschlagen, nicht mal den Wunsch einen festen Entschluß wieder rückgängig zu machen."
An den nächsten beiden Tagen war nicht viel los. Das übliche Warten auf einen Einsatz, das Herumsitzen mit den Kollegen und ab und zu eine Rettung von einer Katze, die von einem Baum heruntergeholt werden musste. Am Nachmittag des dritten Tages - er hatte seinen freien Tag und war nur au Bereitschaft - hörte er im Fernsehen die Nachricht von einem Amoklauf in der näheren Umgebung. Der Täter hatte bereits sieben Leute getötet und war noch immer nicht gefasst worden. Er schaute gebannt auf den Fernsehschirm, als plötzlich ein Bild zu sehen war : "sein" vermeintlicher Selbstmörder war zu sehen. Er konnte es nicht realisieren, war wie paralysiert. Dann fiel ihm ein, dass er hier nicht sitzen konnte; das war schier unmöglich, er musste irgendetwas tun. So fuhr er zu der Wache, in der er sonst seinen Dienst verrichtete. Doch als er eintraf, war die Sache gelaufen. Zwei Schüsse aus einer Dienstpistole eines Polizisten beendete den Amoklauf. Der Mann, der drei Tage vorher aus dem leben scheiden wollte, hatte noch vier weitere Menschen, davon einen Beamten, getötet, weitere fünf zum Teil schwer verletzt. Und sein Name - er hieß Michael Berghammer - war plötzlich in den Schlagzeilen. Und so kam es dass Jens Schöller in seiner Stammkneipe saß und nicht mehr wußte wie er jetzt weiterleben sollte.