Wie die Schuld in meine Welt kam

Kurzgeschichte zum Thema Schuld

von  WortGewaltig

Anerkennung braucht jeder Mensch. Sie formt den Menschen und seine Sicht auf die Welt. Mit Anerkennung fällt vieles leichter. Man sieht einen Erfolg in dem was man tut, in dem was man ist, in dem was man sein will. Aus Anerkennung wächst wieder Anerkennung. Sie ist wie ein Zug auf den man aufgesprungen ist, er fährt immer schneller. Ich wollte auch aufspringen, nur mein Zug war schon zu schnell.

Schule formt den Menschen. Dort entscheidet sich Wie, und vor allem  Was, er sein wird im Leben. Gleich einem Sieb werden die besten herausgesucht. Der Rest wird aussortiert und wird Masse. Das alles entscheidet sich in einer Phase des Lebens, in der man selten bereit dazu ist, sich dieser Herausforderung wirklich bewusst zu sein. In der man Astronaut, Wild und später einfach nur Cool sein will anstatt klug, fleissig und beherrscht. Man lernt, still zu sitzen, sich anzupassen, sich in die Masse zu fügen. Individualität und Neugierde werden eher unterdrückt anstatt gefördert. Gezieltes Fördern wird durch Massenabfertigung ersetzt. Der Lehrplan muss eingehalten werden. Lern oder stirb. Ich war auf dem besten Weg zu sterben.

Aber, es gab ein Ereignis das mein Leben in eine andere Bahn lenken könnte. Der alljährliche Fussballwettbewerb zwischen den verschiedenen Jahrgängen. Das jährliche Highlight für Schüler und Lehrer. Dort wurden die Stars der Schule gemacht. Was wohl hauptsächlich daran lag dass auch ein Trainer der ansässigen, zwar mässig erfolgreichen aber hochklassigen Fussballmannschaft die Spiele besuchte. Schon 2 Kicker der Schule hatten ihren Weg in das Team gefunden und wurden von allen bewundert. Die männlichen, aber auch die weiblichen Lehrkräfte brüsteten sich damit.
Ich war in einem guten Team und hatte es geschafft den Überspieler für uns zu gewinnen. Sein Preis war hoch. Er wollte jeden Tag bis zu dem Turnier eine Currywurst mit Pommes, oder etwas vergleichbares, von einer Bude die direkt vor unserer Schule stand. Doch welcher Schüler besitzt so viel Geld um ihm das zu ermöglichen. Mein Weg aus dieser Misere bestand darin das ich das Geld von meinen Eltern klaute. Hatte ich ein schlechtes Gewissen deshalb ? Nein, ich sah nur das Ergebnis. Mein persönlicher Aufstieg in die Welt der Anerkennung.  Und so aß der Supersportler jeden Tag sein Mahl und ich versuchte jeden Tag neues Geld zu bekommen. Ich wusste, dass ich dabei vorsichtig sein musste. Mal nahm ich das Geld aus dem Geldbeutel des Vaters, mal aus dem der Mutter, mal aus der *geheimen Kasse* die meine Eltern angelegt hatten um sich mal was Besonderes zu gönnen.

Die Vorbereitung lief gut bis zu dem Tag an dem ein neuer in die Klasse kam. Alexander Müller, dünnes blondes Haar, blaue Augen, klein, schmächtig und völlig unbegabt was Sport anging. Irgendein Lehrer hatte die grandiose Idee in gut integrieren zu wollen und steckte ihn per Anweisung in unser Team. Ich war entsetzt. Mit einer solchen Lusche fielen unsere Chancen auf den Nullpunkt. Doch jeder Protest war vergeblich. Tief geknickt grübelte ich was ich tun konnte. Bis zu dem Tag, ca. eine Woche vor dem Turnier, an dem wir beide nebeneinander die Treppe herunterliefen. Ich weiß nicht was ich in dem Augenblick dachte, aber gehandelt habe ich. Ich stellte ihm ein Bein. Er fiel, langsam verlor er das Gleichgewicht, ruderte mit seinen Armen, versuchte sich an mir festzuhalten, ich griff nicht zu. Ich beobachtete seine Augen die sich weiteten und dann stürzte er rückwärts auf die Steintreppe. Es krachte, er schrie und dann war Stille. Und Blut. Eine gebrochene Rippe und eine klaffende Kopfwunde. Ich stand da und das Entsetzen kroch langsam in mir hinauf. Breitete sich aus und nahm Besitz von mir.

Beim Fussballturnier meldete mich meine Mutter krank wegen Bauchschmerzen. Der Diebstahl flog auf und ich hatte einen Riesenärger zuhause. Das Beinstellen wurde nie geklärt. Ich trag es bis heute auf meinen Schultern und in meinem Gewissen. Mein Leben ging weiter, ich hatte nie die Anerkennung die ich wollte, aber ich hatte die Schuld in mein Leben gelassen. Sie ist nie wieder gegangen.

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