Gedanken bei Nacht
Gedanke zum Thema Selbsterkenntnis
von Mychinos
"Ich bin ein unendlicher Fluss von Gedanken, die niemanden Interessieren wollen. Dabei hätte ich
doch nur eine Maschine werden sollen, die Funktioniert..."
James Gabriel Flint: Vor 5 Minuten beim Rauchen am Fenster
04:03 08.07.2015
Sehen Sie, ich bin ein Mensch, der erst kürzlich angefangen hat, eine Persönlichkeit zu
entwickeln. Lange Zeit habe ich eine Beobachter-rolle eingenommen. Was das sein soll, fragen sie?
Nun ja, sollten sie einmal ihre Mitmenschen beobachtet haben, so werden sie feststellen, dass
unausweichlich zwischenmenschliche Konflikte entstehen. Ob die in Beziehungen,
freundschaftlich oder im Bezug auf Liebschaften, oder auf ganz intuitiver Basis gegenüber
Fremden entsteht ist vernachlässigbar. Ein Beobachter sieht alles, das um ihn herum geschieht.
Es ist ein Persönlichkeitsbild, das einer Persönlichkeit entbehrt. Es definiert sich dadurch, dass
es keinen Einfluss auf die Geschehnisse um er herum nimmt. Es schaut sich nur, losgelöst von
einem moralischen Standpunkt, an was geschieht. Es versucht einzelne Sichtweisen einzunehmen
um Handeln nachzuempfinden. Auf einer Party wird diese Person nichts von Essenz von sich
geben, abgesehen von den gesellschaftlich vorgegebenen Floskeln, sofern man bei denen von
Essens reden kann. ("Na wie geht's dir so?", "Ach ja, so weit ganz gut..."). Darüber hinaus wird es
versuchen, alles in sich aufzuziehen was es beobachtet. Jede Wortwahl wird mit jeder Mimik und
Gestik in Verbindung gebracht. Den schließlich geschieht nichts ohne Grund. Es versucht die
Persönlichkeiten so lange zu beobachten, bis es sie nachahmen kann, Ja, sogar bis es sie
vorhersagen kann. Denn steckt nicht schlussendlich darin eine gewisse Sicherheit? Zu wissen,
was die Anderen denken? Wie sie ticken? Was sie wollen?
Und sehen sie, ferner ist es einem solchen Ding schwer Partei zu ergreifen. Es kann zu allem und
jedem seine Meinung sagen. Allerdings ist diese immer auf einer neutralen Ebene. (Ob sie nicht
desto trotz von eigenen Überzeugungen geprägt ist eine andere Frage.)
Ich bin ein solcher Beobachter... oder bin es zumindest bis vor kurzem gewesen. Mein Selbstbildnis
ist zerfressen von Standards die "So sein sollten" welche im Konflikt mit dem eigentlich freien
Leben und der freien Entscheidung stehen. Ein Beobachter wird seiner Umwelt allerdings immer
nur eins von beiden zusprechen. Denn entweder sind die Dinge vorherbestimmt, und die
Menschen nun mal durch ihr Wesen zu einem gewissen Handeln gezwungen, oder jedoch, sie sind
frei und müssen für jedes manipulative Handeln was sie vornehmen Verantwortung übernehmen.
Allerdings scheint keines dieser beiden Extreme die Beobachtungen des Beobachters
untermauern zu können.
Aber stellen wir das einmal nach hinten. Diese Rolle des Beobachters. Ein Beobachter besitzt
selbst nur eine minder ausgeprägte Persönlichkeit. Er weiß was er die Leute um ihn rum glauben
machen will; was er jedoch selbst will, ist für ihn nur schwer zu greifen. Aber ist er unweigerlich
ein Bestandteil der menschlichen Spezies. Die damit einhergehenden Bedürfnisse stehen für
sich. Eine Zeit lang wird der Beobachter diese ignorieren können. Solange er aber nicht einer
gewissen Selbstwahrnehmung (welche ihn eigentlich erst zu dieser Rolle ermächtigen sollte,
denn der Abgleich mit den eigenen gelernten "Formen" des menschlichen Handelns ist für ihn ein
Grundwerkzeug) und darüber hinaus einer grundlegenden Intelligenz entbehren, so wird er
zwangsläufig erkennen, dass die Bildung einer eigenen Persönlichkeit maßgeblich für das eigene
Glück ist. Ohne eine individuelle Persönlichkeit wird sich kein Interesse vertreten lassen.
Es ist nun weiter so, dass die Bildung dieser Persönlichkeit nicht ohne weiteres vonstattengehen
kann. Es ist eine Aufgabe der sich die meisten Menschen innerhalb ihrer Pubertät gegenüber
sehen. Dies ist die sogenannte Selbstfindungsphase. Ein Beobachter hat diese innerhalb seiner
Pubertät, zumindest war es bei mir der Fall, nicht durchgemacht. Er hat sich für eben diese
Beobachterrolle entschlossen, da es nur wenige Menschen gab, die an einer Eventuell
vorhandenen Persönlichkeit Interesse geschöpft hätten, besonders wenn sie bei Nachfrage
merken, dass diese nur bedingt ausgeprägt ist.
Mit steigendem Alter wird allerdings die Nachfrage nach eben jener wachsen, genauso wie der
nicht zu vernachlässigende intrinsische Wunsch nach eben Jener. Nun Fragen sie sich sicherlich,
warum ich ihnen all das Erzähle... Sehe sie, ich bin an einem Punkt angelangt, an dem sich für
mich nur schwer navigieren lässt. Ich bin an eben jenem Punkt, an dem ich Dinge über mich
selbst und das Wesen der Leute erfahre, die nicht mehr Trivial sind. Die Schwierigkeit begründet
sich zum einen in einer Aufgabe der neutralen, wertfreien Perspektive.Es wird mit dem Schaffen
einer Persönlichkeit logischerweise (und dass muss es auch) immer schwere zu dieser
Perspektive zu finden. Die Abstraktionsebenen werden schwere zu finden.
Ich selbst bin an einem Punkt angelangt an dem ich mich, meiner alten Rolle und eigentlichen
Überzeugung zur Liebe (Es gibt kein wirkliches "Gut" und keine gewolltes "Böse") selbst in Frage
stellen muss. Damit einher geht, das ich meine gesammte Beurteilung in Frage stellen muss. Ich
bin an einem Punkt an dem ich erkannt habe, dass die Blickwinkel anderer Individuen auf diese
Welt grundverschieden von meinen agieren. Ja, dass diese Blickwinkel auf einer grundlegenden
Perspektive aufs Leben gebaut sind, die ich nur schweren Herzen akzeptieren kann. Dennoch
bleibt mir keine Wahl, als diese in Betracht zu ziehen. Denn: So wahnwitzig diese Weltbilder auch
auf mich wirken mögen, es ist der Logik ein leichtes zu erkennen, dass dementsprechend mein
Weltbild auf eben jene denselben Eindruck der Wahnwitzigkeit haben.
Ich möchte gerne für so viele Dinge einstehen. Welchen Kampf aber führe ich hier? Die
Kommunikation ist ein zwischenmenschliches Mittel dem an Abstrusität kaum gleichzukommen ist.
Denn wo immer ich Leute habe debattieren hören, wo immer ich selbst debattiert habe, seltenst
hat es die Früchte des eigentlich angestrebten Verständnis getragen. Oftmals müssen
Standpunkte wiederholt in anderen Wortlauten wieder und wieder aufgebrüht werden, damit sie,
so hoffe man, letztendlich in ihrer eigentlichen Meinung aufgefasst werden. Fast immer drehen
sich Diskussionen im Kreis. Meistens gewinnt nicht derjenige Standpunkt der es (nach meiner
Auffassung, das zugegeben) verdient hätte zu gewinnen; Es gewinnt nicht der, hinter dem eine
wirklich ernsthafte Überzeugung steht, sonder jener, der mit größter Entschlossenheit vorgebracht wurde.
In den wenigsten Diskussionen die ich erlebt habe, ging es um eine wirkliche Debatte von
Ideen. Es ging meist nur um ein psychologisches Kräftemessen. Eine Idee die mit wahrer
Überzeugung vorgetragen wird, sei diese nun echt oder nicht spielt selten eine Rolle, wird auch
überzeugen. Auch die beste Idee, sei sie zaghaft vorgetragen
(und oftmals [dies ist wieder nur ein persönlicher Punkt] habe ich Ideen, die im Nachhinein als
sehr gut bewertet wurden, zaghaft vorgetragen aus mangelndem Selbstbewusstsein und damit
einhergehend mangelnder Überzeugung von der Güte des von mir Geschaffenen, vorgebracht.
Diese Ideen wurden meist nur von einigen eng Vertrauten gehört Sie wurden von anderen
gar nicht wahrgenommen. Erst wenn sich einer dieser Vertrauten meiner Idee erbarmte und sie
überzeugt vorbrachte, gewann die Idee Gehör.)
so hat sie kaum eine Chance.
Ich weiß lieber Leser, dass ich mir dem vorangegangenen Satz
ihre Geduld sicherlich auf eine Probe gestellt habe. Sofern sie noch bei mir sind möchte ich
ihnen folgendes raten: Beobachten sie einmal nur die Debatten die um sie herumgeführt
werden. Ergreifen Sie dabei nicht Partei, sondern fragen sie sich, welche Lebensumstände sie
dazu beführt hätten, gerade jene Argumente anzuführen. Lassen Sie auch gerne Wissen über die
debitierenden Personen einfließen, sofern sie es besitzen ABER: Nehmen sie nichts für bare
Münze. Zerdenken sie die Situation, die Wortwahl und das Verhalten der Debattierenden bis sich
für sie ein schlüssiges Bild ergibt. Ich denke sie werden oftmals zu dem Schluss kommen, dass es
keine wirkliche Streitfrage gab, sofern die Debatte nicht um Belanglosigkeiten ging.
Ich denke selbst mittlerweile, dass oftmals Debatten um beliebige Themen als Schlachtfeld
persönlicher Weltbilder benutzt werden. Ich denke das ist ein Problem. "Wieso?" werden sie
vermutlich fragen. Es ist unsere Tendenz, tieferliegende Konflikte auf abstraktere Ebenen zu heben, ohne
dies bewusst zu tun. Wo eigentlich ein Streit zweier Weltbilder herrscht, wird von beiden Seiten ein ebener, gemeinsamer Grund und Boden(im Folgenden :"Common Ground") vorausgesetzt
unproblematisch meinen sie? Wohl kaum. Ein einzelner Satz gesprochen auf einem Weltbild
erhält innerhalb eines anderen meist eine des eigentlichen Inhalts verschiedene Bedeutung. Wird
allerdings Common Ground vorausgesetzt von beiden Seiten, sind diese Bedeutungen und
Intentionen auf keiner der beiden Seiten diskutabel. Sie werden einfach angenommen und als
gegeben vorausgesetzt dass nun ein einzelner Satz, gesprochen als gut gemeinter Ratschlag
aus dem einen Weltbild, in einem anderen als böse Nachrede oder verletzendes, unnötiges
Kommentar wahrgenommen werden kann, wird innerhalb der Annahme eines Common Ground
vollständig ignoriert. Nehmen wir an Person A sagt so etwas, und Person B nimmt es an. So wird
Person B sich in seiner Person gekränkt fühlen. Sie wird die negative Schwingung zurückwerfen
in der Sicherheit, dass Person A diese überhaupt erst Erzeugt hat. Person A hingegen wird sich
nun, da sie eine negative Schwingung von Person B entgegennehmen muss verunsichert fühlen
und wohl auch eher Negativ reagieren. Die negative Schwingung ist hier nur aus einem Konflikt
innerhalb der Wortwahlen der beiden Weltbilder entstanden
Ich hoffe ich langweile sie nicht mit diesen Logikketten die meiner verdrehten Wahrnehmung der
Welt entstammen. Falls sie mir noch gewillt sind zuzuhören so möchte ich ihnen Danken, dass
sie sich so lange mit meinem Blödsinn befasst haben, und verspreche, nicht mehr al zu viel ihrer
Zeit in Anspruch zu nehmen.
Sehen Sie, in einer Beobachterrolle fällt eine solche Feststellung nicht schwer. Es ist, so meine ich,
mit eine der ersten Dinge die eine Beobachterpersönlichkeit lernt Entfernt sich allerdings ein
Individuum (Es fällt mir erst gerade auf, dass ich sehr generell schreibe. Ich möchte meinen, diese
ist in meinem Fall wohl so) nun willentlich von dieser Beobachterrolle, so wird es die daraus
gewonnenen Erkenntnisse allerdings nicht plötzlich verlernen. Es wird sie mitnehmen und
versuchen darauf seine Persönlichkeit zu bauen. Hier ist nun der Knackpunkt. Obwohl es weiß,
dass eine Sache wie der Common Ground nicht existiert, wird sich eine Persönlichkeit im
Gegensatz zu einem Beobachter oftmals in Debatten und Konflikten wiederfinden. Schließlich ist
es eines der Merkmale einer individuellen Persönlichkeit, dass sie für Überzeugungen und Werte
einsteht. Allerdings muss sie gegen Weltbilder für eben jene einstehen, die ihrer Überzeugung
grundverschieden sind. Die Erkenntnis, dass der Common Ground de facto nicht existiert ist hier
nur begrenzt hilfreich, da die "Gegnerseite" sich dieser Nichtexistens aufgrund sozialer
Gepflogenheiten (schließlich wird uns alle gelehrt, dass jeder dem anderen Gleich ist und wir alle
auf einer Erde Leben) nur in den seltensten Fällen bewusst ist. Während der Beobachter einfach
eine Position einnehmen kann, die auf dem Grund der Gegenseite basiert, ist dies für eine
Persönlichkeit nicht mehr möglich.
Für das Individuum entsteht hier mit dem Entschluss eine andere Persönlichkeit als die des
Beobachters zu werden, eine Selbstentfremdung. Denn die Persönlichkeit fordert auch ihren
Tribut an den Erkenntnissen des Beobachters. Sie strebt danach, andere zu überzeugen, denn
nichts anderes bedeutet "für etwas einstehen". Allerdings muss sie erkennen, dass all ihr reden
nur selten auf gleichgesinnte Ohren trifft, die auch die Worte die gewählt wurden, verstehen
können. Sie bemerkt, das die einstige Gabe des Beobachters, jeden vorgelegten Grund zu
erkenne und auch betreten (das heißt einnehmen) zu können, ihr abhanden gekommen ist.
Entschließt sie sich zu reden, so wird sie zu einem jener Individuen, die die Sinnlosigkeit dieses
Unterfangens ignorieren. Tut sie das nicht, so wird sie früher oder später vergehen und wieder
zu einem Beobachter.
So weit...
Danke
James Gabriel Flint
Horror Vacui
doch nur eine Maschine werden sollen, die Funktioniert..."
James Gabriel Flint: Vor 5 Minuten beim Rauchen am Fenster
04:03 08.07.2015
Sehen Sie, ich bin ein Mensch, der erst kürzlich angefangen hat, eine Persönlichkeit zu
entwickeln. Lange Zeit habe ich eine Beobachter-rolle eingenommen. Was das sein soll, fragen sie?
Nun ja, sollten sie einmal ihre Mitmenschen beobachtet haben, so werden sie feststellen, dass
unausweichlich zwischenmenschliche Konflikte entstehen. Ob die in Beziehungen,
freundschaftlich oder im Bezug auf Liebschaften, oder auf ganz intuitiver Basis gegenüber
Fremden entsteht ist vernachlässigbar. Ein Beobachter sieht alles, das um ihn herum geschieht.
Es ist ein Persönlichkeitsbild, das einer Persönlichkeit entbehrt. Es definiert sich dadurch, dass
es keinen Einfluss auf die Geschehnisse um er herum nimmt. Es schaut sich nur, losgelöst von
einem moralischen Standpunkt, an was geschieht. Es versucht einzelne Sichtweisen einzunehmen
um Handeln nachzuempfinden. Auf einer Party wird diese Person nichts von Essenz von sich
geben, abgesehen von den gesellschaftlich vorgegebenen Floskeln, sofern man bei denen von
Essens reden kann. ("Na wie geht's dir so?", "Ach ja, so weit ganz gut..."). Darüber hinaus wird es
versuchen, alles in sich aufzuziehen was es beobachtet. Jede Wortwahl wird mit jeder Mimik und
Gestik in Verbindung gebracht. Den schließlich geschieht nichts ohne Grund. Es versucht die
Persönlichkeiten so lange zu beobachten, bis es sie nachahmen kann, Ja, sogar bis es sie
vorhersagen kann. Denn steckt nicht schlussendlich darin eine gewisse Sicherheit? Zu wissen,
was die Anderen denken? Wie sie ticken? Was sie wollen?
Und sehen sie, ferner ist es einem solchen Ding schwer Partei zu ergreifen. Es kann zu allem und
jedem seine Meinung sagen. Allerdings ist diese immer auf einer neutralen Ebene. (Ob sie nicht
desto trotz von eigenen Überzeugungen geprägt ist eine andere Frage.)
Ich bin ein solcher Beobachter... oder bin es zumindest bis vor kurzem gewesen. Mein Selbstbildnis
ist zerfressen von Standards die "So sein sollten" welche im Konflikt mit dem eigentlich freien
Leben und der freien Entscheidung stehen. Ein Beobachter wird seiner Umwelt allerdings immer
nur eins von beiden zusprechen. Denn entweder sind die Dinge vorherbestimmt, und die
Menschen nun mal durch ihr Wesen zu einem gewissen Handeln gezwungen, oder jedoch, sie sind
frei und müssen für jedes manipulative Handeln was sie vornehmen Verantwortung übernehmen.
Allerdings scheint keines dieser beiden Extreme die Beobachtungen des Beobachters
untermauern zu können.
Aber stellen wir das einmal nach hinten. Diese Rolle des Beobachters. Ein Beobachter besitzt
selbst nur eine minder ausgeprägte Persönlichkeit. Er weiß was er die Leute um ihn rum glauben
machen will; was er jedoch selbst will, ist für ihn nur schwer zu greifen. Aber ist er unweigerlich
ein Bestandteil der menschlichen Spezies. Die damit einhergehenden Bedürfnisse stehen für
sich. Eine Zeit lang wird der Beobachter diese ignorieren können. Solange er aber nicht einer
gewissen Selbstwahrnehmung (welche ihn eigentlich erst zu dieser Rolle ermächtigen sollte,
denn der Abgleich mit den eigenen gelernten "Formen" des menschlichen Handelns ist für ihn ein
Grundwerkzeug) und darüber hinaus einer grundlegenden Intelligenz entbehren, so wird er
zwangsläufig erkennen, dass die Bildung einer eigenen Persönlichkeit maßgeblich für das eigene
Glück ist. Ohne eine individuelle Persönlichkeit wird sich kein Interesse vertreten lassen.
Es ist nun weiter so, dass die Bildung dieser Persönlichkeit nicht ohne weiteres vonstattengehen
kann. Es ist eine Aufgabe der sich die meisten Menschen innerhalb ihrer Pubertät gegenüber
sehen. Dies ist die sogenannte Selbstfindungsphase. Ein Beobachter hat diese innerhalb seiner
Pubertät, zumindest war es bei mir der Fall, nicht durchgemacht. Er hat sich für eben diese
Beobachterrolle entschlossen, da es nur wenige Menschen gab, die an einer Eventuell
vorhandenen Persönlichkeit Interesse geschöpft hätten, besonders wenn sie bei Nachfrage
merken, dass diese nur bedingt ausgeprägt ist.
Mit steigendem Alter wird allerdings die Nachfrage nach eben jener wachsen, genauso wie der
nicht zu vernachlässigende intrinsische Wunsch nach eben Jener. Nun Fragen sie sich sicherlich,
warum ich ihnen all das Erzähle... Sehe sie, ich bin an einem Punkt angelangt, an dem sich für
mich nur schwer navigieren lässt. Ich bin an eben jenem Punkt, an dem ich Dinge über mich
selbst und das Wesen der Leute erfahre, die nicht mehr Trivial sind. Die Schwierigkeit begründet
sich zum einen in einer Aufgabe der neutralen, wertfreien Perspektive.Es wird mit dem Schaffen
einer Persönlichkeit logischerweise (und dass muss es auch) immer schwere zu dieser
Perspektive zu finden. Die Abstraktionsebenen werden schwere zu finden.
Ich selbst bin an einem Punkt angelangt an dem ich mich, meiner alten Rolle und eigentlichen
Überzeugung zur Liebe (Es gibt kein wirkliches "Gut" und keine gewolltes "Böse") selbst in Frage
stellen muss. Damit einher geht, das ich meine gesammte Beurteilung in Frage stellen muss. Ich
bin an einem Punkt an dem ich erkannt habe, dass die Blickwinkel anderer Individuen auf diese
Welt grundverschieden von meinen agieren. Ja, dass diese Blickwinkel auf einer grundlegenden
Perspektive aufs Leben gebaut sind, die ich nur schweren Herzen akzeptieren kann. Dennoch
bleibt mir keine Wahl, als diese in Betracht zu ziehen. Denn: So wahnwitzig diese Weltbilder auch
auf mich wirken mögen, es ist der Logik ein leichtes zu erkennen, dass dementsprechend mein
Weltbild auf eben jene denselben Eindruck der Wahnwitzigkeit haben.
Ich möchte gerne für so viele Dinge einstehen. Welchen Kampf aber führe ich hier? Die
Kommunikation ist ein zwischenmenschliches Mittel dem an Abstrusität kaum gleichzukommen ist.
Denn wo immer ich Leute habe debattieren hören, wo immer ich selbst debattiert habe, seltenst
hat es die Früchte des eigentlich angestrebten Verständnis getragen. Oftmals müssen
Standpunkte wiederholt in anderen Wortlauten wieder und wieder aufgebrüht werden, damit sie,
so hoffe man, letztendlich in ihrer eigentlichen Meinung aufgefasst werden. Fast immer drehen
sich Diskussionen im Kreis. Meistens gewinnt nicht derjenige Standpunkt der es (nach meiner
Auffassung, das zugegeben) verdient hätte zu gewinnen; Es gewinnt nicht der, hinter dem eine
wirklich ernsthafte Überzeugung steht, sonder jener, der mit größter Entschlossenheit vorgebracht wurde.
In den wenigsten Diskussionen die ich erlebt habe, ging es um eine wirkliche Debatte von
Ideen. Es ging meist nur um ein psychologisches Kräftemessen. Eine Idee die mit wahrer
Überzeugung vorgetragen wird, sei diese nun echt oder nicht spielt selten eine Rolle, wird auch
überzeugen. Auch die beste Idee, sei sie zaghaft vorgetragen
(und oftmals [dies ist wieder nur ein persönlicher Punkt] habe ich Ideen, die im Nachhinein als
sehr gut bewertet wurden, zaghaft vorgetragen aus mangelndem Selbstbewusstsein und damit
einhergehend mangelnder Überzeugung von der Güte des von mir Geschaffenen, vorgebracht.
Diese Ideen wurden meist nur von einigen eng Vertrauten gehört Sie wurden von anderen
gar nicht wahrgenommen. Erst wenn sich einer dieser Vertrauten meiner Idee erbarmte und sie
überzeugt vorbrachte, gewann die Idee Gehör.)
so hat sie kaum eine Chance.
Ich weiß lieber Leser, dass ich mir dem vorangegangenen Satz
ihre Geduld sicherlich auf eine Probe gestellt habe. Sofern sie noch bei mir sind möchte ich
ihnen folgendes raten: Beobachten sie einmal nur die Debatten die um sie herumgeführt
werden. Ergreifen Sie dabei nicht Partei, sondern fragen sie sich, welche Lebensumstände sie
dazu beführt hätten, gerade jene Argumente anzuführen. Lassen Sie auch gerne Wissen über die
debitierenden Personen einfließen, sofern sie es besitzen ABER: Nehmen sie nichts für bare
Münze. Zerdenken sie die Situation, die Wortwahl und das Verhalten der Debattierenden bis sich
für sie ein schlüssiges Bild ergibt. Ich denke sie werden oftmals zu dem Schluss kommen, dass es
keine wirkliche Streitfrage gab, sofern die Debatte nicht um Belanglosigkeiten ging.
Ich denke selbst mittlerweile, dass oftmals Debatten um beliebige Themen als Schlachtfeld
persönlicher Weltbilder benutzt werden. Ich denke das ist ein Problem. "Wieso?" werden sie
vermutlich fragen. Es ist unsere Tendenz, tieferliegende Konflikte auf abstraktere Ebenen zu heben, ohne
dies bewusst zu tun. Wo eigentlich ein Streit zweier Weltbilder herrscht, wird von beiden Seiten ein ebener, gemeinsamer Grund und Boden(im Folgenden :"Common Ground") vorausgesetzt
unproblematisch meinen sie? Wohl kaum. Ein einzelner Satz gesprochen auf einem Weltbild
erhält innerhalb eines anderen meist eine des eigentlichen Inhalts verschiedene Bedeutung. Wird
allerdings Common Ground vorausgesetzt von beiden Seiten, sind diese Bedeutungen und
Intentionen auf keiner der beiden Seiten diskutabel. Sie werden einfach angenommen und als
gegeben vorausgesetzt dass nun ein einzelner Satz, gesprochen als gut gemeinter Ratschlag
aus dem einen Weltbild, in einem anderen als böse Nachrede oder verletzendes, unnötiges
Kommentar wahrgenommen werden kann, wird innerhalb der Annahme eines Common Ground
vollständig ignoriert. Nehmen wir an Person A sagt so etwas, und Person B nimmt es an. So wird
Person B sich in seiner Person gekränkt fühlen. Sie wird die negative Schwingung zurückwerfen
in der Sicherheit, dass Person A diese überhaupt erst Erzeugt hat. Person A hingegen wird sich
nun, da sie eine negative Schwingung von Person B entgegennehmen muss verunsichert fühlen
und wohl auch eher Negativ reagieren. Die negative Schwingung ist hier nur aus einem Konflikt
innerhalb der Wortwahlen der beiden Weltbilder entstanden
Ich hoffe ich langweile sie nicht mit diesen Logikketten die meiner verdrehten Wahrnehmung der
Welt entstammen. Falls sie mir noch gewillt sind zuzuhören so möchte ich ihnen Danken, dass
sie sich so lange mit meinem Blödsinn befasst haben, und verspreche, nicht mehr al zu viel ihrer
Zeit in Anspruch zu nehmen.
Sehen Sie, in einer Beobachterrolle fällt eine solche Feststellung nicht schwer. Es ist, so meine ich,
mit eine der ersten Dinge die eine Beobachterpersönlichkeit lernt Entfernt sich allerdings ein
Individuum (Es fällt mir erst gerade auf, dass ich sehr generell schreibe. Ich möchte meinen, diese
ist in meinem Fall wohl so) nun willentlich von dieser Beobachterrolle, so wird es die daraus
gewonnenen Erkenntnisse allerdings nicht plötzlich verlernen. Es wird sie mitnehmen und
versuchen darauf seine Persönlichkeit zu bauen. Hier ist nun der Knackpunkt. Obwohl es weiß,
dass eine Sache wie der Common Ground nicht existiert, wird sich eine Persönlichkeit im
Gegensatz zu einem Beobachter oftmals in Debatten und Konflikten wiederfinden. Schließlich ist
es eines der Merkmale einer individuellen Persönlichkeit, dass sie für Überzeugungen und Werte
einsteht. Allerdings muss sie gegen Weltbilder für eben jene einstehen, die ihrer Überzeugung
grundverschieden sind. Die Erkenntnis, dass der Common Ground de facto nicht existiert ist hier
nur begrenzt hilfreich, da die "Gegnerseite" sich dieser Nichtexistens aufgrund sozialer
Gepflogenheiten (schließlich wird uns alle gelehrt, dass jeder dem anderen Gleich ist und wir alle
auf einer Erde Leben) nur in den seltensten Fällen bewusst ist. Während der Beobachter einfach
eine Position einnehmen kann, die auf dem Grund der Gegenseite basiert, ist dies für eine
Persönlichkeit nicht mehr möglich.
Für das Individuum entsteht hier mit dem Entschluss eine andere Persönlichkeit als die des
Beobachters zu werden, eine Selbstentfremdung. Denn die Persönlichkeit fordert auch ihren
Tribut an den Erkenntnissen des Beobachters. Sie strebt danach, andere zu überzeugen, denn
nichts anderes bedeutet "für etwas einstehen". Allerdings muss sie erkennen, dass all ihr reden
nur selten auf gleichgesinnte Ohren trifft, die auch die Worte die gewählt wurden, verstehen
können. Sie bemerkt, das die einstige Gabe des Beobachters, jeden vorgelegten Grund zu
erkenne und auch betreten (das heißt einnehmen) zu können, ihr abhanden gekommen ist.
Entschließt sie sich zu reden, so wird sie zu einem jener Individuen, die die Sinnlosigkeit dieses
Unterfangens ignorieren. Tut sie das nicht, so wird sie früher oder später vergehen und wieder
zu einem Beobachter.
So weit...
Danke
James Gabriel Flint
Horror Vacui
Anmerkung von Mychinos:
James Gabriel Flint ist keineswegs divergent vom Autor. Es ist lediglich ein weiteres Pseudonym meiner selbst. Lieber hätte ich auf Keinverlag darunter veröffenlticht, allerdings ist es ohne Leer- oder Sonderzeichen weder griffig noch ansehnlich.