SONNTAGSFRÜHSTÜCK
Und wieder kam
ein Sonntag;
wie der Herr ihn mag
Man ist erwacht
Die Sonne lacht
Die Familie ist glücklich verein,
wie es vordergründig scheint
Schule, Dienst und Kindergarten
sie entfallen heute.
Das genießen viele Leute
Man muß sich nicht beeilen
Muß nicht unter Zeitdruck „starten“ ,
kann länger im Bett verweilen
Gemeinsames Frühstück ist dann Pflicht
Werktags ist niemand drauf erpicht,
doch Sonntags ist dies sakrosankt
und dem Herrn sei es gedankt,
daß es intakte Familien gibt ,
wo man diesen Brauch ausübt.
Alle zusammen am Frühstückstisch
und der Kaffee duftet frisch
Am Fernseher ein Kinderprogramm
Niemand ist gestresst.
Niemand fängt zu nörgeln an.
Das Leben ist heute ein Fest.
Der Vater fährt schnell Brötchen holen
und bringt auch Hörnchen, Kuchen mit.
Zwei Kerzen brennen fürs Gemüt
auf dem weißgedeckten Tisch
Alle wirken munter, frisch
an diesem friedlichen Sonntag,
wie ihn unser Herrgott mag
Ich sitze beim Kaffee
in einer Bäckerei
und denk mir vorerst nichts dabei
über den unmäßigen Brötchenkauf,
denn laufend geht die Türe auf
Familienhäupter Brötchen holen,
watscheln daher auf Turnschuhsohlen
in bunten Jogginghosen
und bedruckten Shirts
alle im Joghurtbecherdesign.
So kommen sie zur Tür herein,
schlampig
pampig
dick und bräsig
bestellen sie durchweg unmäßig
für zwei, drei oder vier Personen,
die schon vorm Frühsstücksaltar thronen
Denn heute ist der Tag des Herr.
Man läßt sich Zeit, schaut etwas fern
und mampft seine Brötchen rein,
zuvor noch süßen Müslischleim
Danach ein Hörnchen mit Nutella
Nehmt Platz, bald ist der Vater da
und packt die große Tüte aus
Ach, wie schön ist es zu Haus !
Sie sind alle dick und verfressen.
Das kommt vom vielen Brötchenessen.
häßlich
plump
stur und tumb
Selbst der blöde Rassehund
Boxer, Retriver, Labrador,
der unterm Frühstückstische sitzt
und vor Fressgier bereits schwitzt,
kommt einem sehr mopsig vor.
Vom Tresen der Bäckerei höre ich ganz nebenbei :
„ fünf Kaiser, zwei Doppelte, drei Schribben,
ein Amerikaner, vier Plunder .......“
Daß sie aufgehn wie Hefenklöse,
ist bestimmt kein Wunder
„ und eine Bildung ", nämlich die Bild
Anderes zu lesen, ist man nicht gewillt
Die BAMS ( Bildzeitung am Sonntag)
als geistigen Sättigungsbrei,
weshalb Bams auch ihr Name sei ,
voll mit blödem Einerlei:
Sex and Crime
und viel Fußball soll es sein
Fußball, Fußball,Fußball
als Sport für die Blöden
Es kann einen anöden !
Haben selbst runde Fußballköpfe
diese schwerfälligen Tröpfe.
Mit der BAMS, der Brötchentüte
streben die Väter wieder heim,
denn da gibt es was zu fressen
und es gibt auch was zum Schmökern
Es wird sehr gemütlich sein
samt BAMS, TV ,
der lieben Frau
und den netten Kinderlein.
Ein Ehetrampel
zwei Kinderstempfel
erwarten ihren Frühstücksfraß
und auf dem Frühstückstische steht
ein großes Nutellaglas
voll mit klebrig brauner Scheiße.
Den Tag des Herrn man lobe, preise,
sieht man solch trautes Familienglück
manifestiert und fixiert im heilen Bilde
vom gemeinsamen Frühstück
an einem friedlichen, schönen Sonntag,
wie unser Herrgott ihn gern mag.
Daß man nicht in die Kirche geht
unser Herrgott sicher versteht
Was versäumt man denn da schon ?
Die Kirche ist nur Institution .
Doch der Familienzusammenhalt,
der läßt unseren Herrn nicht kalt
Und blickt er von hoch oben,
denn er wohnt ja dort droben,
auf dieses Familienbild
ihn es mit Zuversicht erfüllt.
Es stimmt ihn froh und heiter
Er murmelt : " Macht so weiter !"
Das Nutellaglas mit Scheiße
stört ihn dabei in keiner Weise.
Doch ärgert er sich,
ist ungehalten über mich
und meint ich sei ein Misanthrop
Ich antworte ihm " Ja, gottlob ! "
und ich sei auch ein Ästhet,
dem dieses Ambiente
auf die Nerven geht.