Reisen im Elfenbeinballon (10) - Heimkehr

Lyrischer Prosatext

von  autoralexanderschwarz

Unsere Reise endet dort, wo wir aufgebrochen sind.
Wir sind nicht zufällig abgestürzt
Und dabei mit dem Kopf hart auf eine faustgroße Erkenntnis geschlagen:
Unser Elfenbeinballon liegt in Trümmern und:
Es sind zu viele Splitter, um sie mit der bloßen Hand aufzulesen.

Elfenbeinsplitterstaub klebt überall,
Klebt auf unserer Haut,
Klebt auf unserer Netzhaut,
So dass alles – alles –
Um uns herum bricht, interferiert, strahlt:
Wir schreiten durch das Licht und leuchten dabei
Wie verwunschene Ritter.

Wir hören dabei unsere Schritte kaum
Und unsere Augen werden für lange Zeit
Nicht mehr so klar blicken,
Wir begreifen:
Wir sind elfenbeinblind,
Wir haben zu viele von den roten Beeren gegessen,
Wir sind krank wie die Taucher,
Die es – zu schnell – nach oben zieht:
Wir haben nicht mehr genug Lungenbläschen übrig,
Um auch nur eines davon an ein Publikum zu verschenken,

Es schüttelt uns: sie ekelt uns noch immer, die triviale Literatur:
In diesem Moment ertragen wir nur noch erhabene Dinge.

Wir kehren heim, wie bei Kafka.
Wir erbleichen wie Keuner.

Wie alle Heimkehrer blicken wir anders auf unser Heim.
Wir können jetzt den Staub riechen,

Wir fühlen rückwärtsgewandt:

Wir haben den Wind gespürt,
Wir haben in die Ewigkeit geblickt,
Was ekeln uns nun diese stumpfen, glatten Wände,
Buchrücken und Quisquilien.

Wir verharren im Hof, legen den Kopf schief,
Wir überlegen, verweilen
Dort, wo wir aufgebrochen sind, schließen
Dort, wo wir begannen, verweilen
Dort,
Bei den Gräbern
Vergessener Expressionisten.

Wir suchen Stift und Papier,
Weil wir schreiben müssen.


Anmerkung von autoralexanderschwarz:

Der obenstehende Text ist Teil der Textsammlung „Reisen im Elfenbeinballon“, die im Athena-Verlag erschienen ist.  Reisen im Elfenbeinballon

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