Hügel und Felder

Lyrischer Prosatext

von  autoralexanderschwarz

Nachdem sie ihm zweimal in den Kopf geschossen haben, steht er noch eine ganze Weile aufrecht und blickt sinnend über die Hügel und Felder, auf denen sich sein Leben zutrug. Die Zeit spielt ab diesem Moment keine Rolle mehr.

Er ist einmal so klein gewesen,
denkt er, als er stürzt,
er hat so oft mit den kleinen leeren Händen
in die Dunkelheit über dem Kinderbett gegriffen,
nach der Mutter geschrien und dem Vater,
er ist so schnell gelaufen wie er konnte,
weil es so wichtig war
den Ball noch zu bekommen,
er hat so verschämt vor verschlossenen Türen gestanden
und an andere Leben geklopft,
er hat geliebt, ist sich sicher,
ist zuhause gewesen,
manchmal hat er so sinnend mit dem Handrücken
über die vertrauten Gegenstände gestrichen,
hat sich vergewissert,
dass alles noch immer da ist,
manchmal hat er auch geweint,
er ist alt geworden,
denkt er
und schwebt dabei so stürzend still
über dem gefrorenen Boden.

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Kommentare zu diesem Text


 Willibald (05.02.19)
natürlich hier ein anderer Modus, aber eine feine Korrespondenz mit "Hügeln und Feldern". Allerdings waren die kleinen Hände nicht leer.


Der Briefbeschwerer auf dem Schreibtisch meines Vaters, ein Cabochon, Rundstein aus Onyx, der, wenn ich ihn heute anrühre, mir das Gefühl für die Kleinheit meiner Kinderhand zurückgibt.
Botho Strauß: Herkunft. München: dtv. 2014

 autoralexanderschwarz meinte dazu am 05.02.19:
Ja, das ist schön. So fühlte ich mich, als ich in meiner Jugend einmal nachts mit Freunden über den Zaun auf meinen alten Kindergartenspielplatz geklettert bin und dort sinnend das Klettergerüst bestaunt habe, das mir etwa bis zum Kinn reichte.
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