Volle Dröhnung? Zupfen am Trochäen-Psalter.
Gedichtgedicht
von Willibald
Anmerkung von Willibald:
Fremdwortverzeichnis
Als Kind der Haribo-Generation habe ich mir einiges anlesen müssen. Die wichtigsten Begriffe habe ich in einem eigenen Heftchen notiert: Hier die im aktuellen Text flottierenden Begriffe:
"Trochäus" (MOdern) und "Jambus" (moDERN): Betonungsmuster, lassen hier auf ein Spiel mit modernden und modernen Ausdrucksmitteln schließen.
Apollo ist unter anderem Gott der Dichtung und tritt eher gesittet auf, nicht dionysisch-ausgeflippt wie der Gott des Weines.
"Peter-Pan-Syndrom": psychische Eigenheit, unbedingt in jugendlichem, kindlichen Status zu beharren und das "Erwachsen-Werden" zu verweigern.
Den Schreiber hat der Dichter Arno Holz ("Kunst ist Natur minus x") fasziniert:
Holz - in Sache Naturalismus viel benannt - hat parodistisch, aber wohl nicht ganz parodistisch - (auch) in barocker Codierung geschrieben:
"Des berühmbten Schäffers Dafnis sälbst verfärtigte/ sämbtliche Freß= Sauf= & Venus=Lieder (1904)".
Er erwacht in den spähten Herbst-Morgen
Ode Jambica.
Der trühbe Morgen dunckelt/
der Dag bricht kaum schon für/
mein Lämpgen sprüht und funckelt/
ich fühls/ noch horcht wer vor der Dhür.
Noch ist er nicht verwichen/
ich schlieff/ er hat gewacht/
mit Augen lengst verblichen
stund er die gantze Nacht.
Sein Seiger saust/ die Stunden rinnen/
sey wer du seyst/ du mußt von hinnen!
Ich soff und hab gefrössen/
gehurt mit nichts alß Pakk/
mit Truddeln und mit Trössen
behing ich dihsen Maden-Sakk.
Wein/ Weibrichins und Karten/
nichts war mir ji zu bundt/
mein Hieber hieb sich Scharten
in manchen Lumpen-Hund.
Noch Keinen hat man so bedroffen/
allein - wie ist daß abgeloffen?
mein vor so froher Mund
ward for mir sälbst zum Grauen
ein zubedäkkter Abgrunds-Schlund.
Mein Rükken hängkt gebogen/
ich krige kaum mehr Lufft/
mein Mercks fäult außgesogen/
mein Fleisch räucht nach der Grufft.
Ich känne würcklich nicht mehr wihder
mein fürmahls stoltzes Pfau-Gefihder!
Aus der »Blechschmiede«
DRITTER GROSSSTADTLYRIKER, am gleichen Platz:
Der Himmel blinkt wie Blut so rot,
die Dirne tritt den Straßenkot.
Sie ist das abendlich gewohnt -
o Gott, wie seltsam hängt der Mond!
Die Seele siech, mit kranker Brust,
fast jedem gibt sie sich zur Lust,
von schnödem Sold kaum karg belohnt -
o Gott, wie seltsam hängt der Mond!
Er weiß, er weiß es, sie bereuts!
Ins Bett blickt ihr ein Christuskreuz!
Zu oft hat sie vor ihm gefront -
o Gott, wie seltsam hängt der Mond!