Unsichtbar

Beschreibung zum Thema Mitmenschen

von  Alex

Er war keiner der Männer, die aufgefallen wären, wenn ich ihn irgendwo gesehen hätte. Genau betrachtet war das Auffälligste an ihm die Häufigkeit, mit der er übersehen wurde, hatte er mir erzählt. Auch ich bemerkte ihn erst, als er mir aufgeregt zugewinkt hatte. Das war also der Mann, mit dem ich seit einigen Tage Nachrichten ausgetauscht hatte, die erst oberflächlicher Natur waren, dann aber bald tiefgehendere Züge annahm. Seine Art hatte mich bewegt. Ich mochte, wie er über das Leben, die Menschen, Sexarbeit, Emotionen und so Vieles mehr dachte. Auch sein Musikgeschmack gefiel mir. Wir hatten in den letzten Tagen Lieder ausgetauscht. Das war seine Idee gewesen.

"Alice, darf ich dir ab und zu ein Lied schicken, ganz ohne Hintergedanken, einfach so? Wenn du magst, kannst du mir auch ab und zu eins schicken, das du magst .."
"Warum möchtest du das?"
"Man lernt sich so ganz gut kennen."

Ich hatte eingewilligt und lernte damit wieder einmal über einen Kunden Neues kennen, Dinge, die ich vorher nicht gekannt hatte. Dies mag ich sehr. Die meisten Menschen, denen ich begegnet bin, haben mir etwas zur Erinnerung gelassen. Vieles davon begleitet mich immer noch, ob es nun Musik ist, Gerüche, Essen, Geschichten, Gedanken, Gedichte.

Der Mann ist nicht besonders groß. Er hat graues, lichter werdendes Haar. Seine Augen sind groß und sehen fast ein wenig ängstlich aus. Er stottert.

"Mach ich dich nervös?", necke ich ihn.
"Ja, ein wenig, Alice. Du bist sehr schön, aber das weißt du sicher. Bestimmt hörst du das sehr oft."
Ich antworte nicht darauf, möchte ihn nicht darauf hinweisen, dass ich mich regelmäßig gegen Bezahlung mit Menschen treffe. Nicht, dass ich mich dafür schäme oder es verheimlichen will, schließlich wissen wir beide, wie wir uns kennen gelernt haben, nein, es kommt mir nur gerade nicht passend vor. Stattdessen nehme ich seine Hand. Sie ist leicht feucht. Er ist wirklich sehr nervös.

"Lass uns eine Runde laufen und dann zu mir hoch gehen", schlage ich vor, und er nickt.

Wir gehen um das Haus, in dem ich diese Woche wohne, ein Gespräch entspinnt sich nur zögerlich. Er hat mir erzählt, dass er manchmal Schwierigkeiten hat, mit Menschen in Kontakt zu treten. Ich will ihn nicht überfordern, werfe nur ab und zu kleine, humorvolle Sätze in die Luft, die er aufnehmen darf, aber nicht muss. Dann sieht er mich an:" OK, lass uns rein gehen."

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Kommentare zu diesem Text


 ViktorVanHynthersin (22.05.20)
Also immer schön locker bleiben - in diesem Sinne
herzlichst
Viktor

 Dieter_Rotmund (22.05.20)
Da fehlt das abschließende Anführungszeichen.

 Alex meinte dazu am 27.05.20:
Danke

 melmis (10.06.20)
Hallo Xenia,

ich wollte Dir einfach mal sagen, dass Du bei Deinen "Partnern auf Zeit" genauso schöne Erinnerungen hinterlässt, wie Du sie ja wie hier beschrieben selber schätzt... Ich glaube, das kann nur sein, weil Dir das auch selbst wichtig ist!

Mich hat unser Zusammentreffen sehr viel Elan verschafft und wenn das wieder geht, werden wir uns sicherlich einmal wiedersehen - wie geplant...

Und wie immer hast Du einen treffsicheren Musikgeschmack: Timi Hendrix!

Viele Grüße von melmis

 Alex antwortete darauf am 08.07.20:
Danke dir :).
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