Die Thesenzettel/Prolog aus meinem Buch Betheljugend

Prolog zum Thema Glaube

von  Thomas-Wiefelhaus

Der erwachsene Tomas schlendert auf dem Bethelplatz umher und schaut sich um. Er war länger nicht mehr hier. Manches ist neu, aber vieles hat sich, auch seit damals, kaum verändert. Um seine Vergangenheit aufzuarbeiten, möchte er sich am späten Nachmittag zur gemeinsamen Akteneinsicht mit einer Therapeutin treffen, aber bis zum Termin bleibt etwas Zeit. Nanu? – Nahe dem Eingang ins Assapheum steht eine übergroße Tür aus rohen Brettern?
Es ist die Aktion einer christlichen Jugendgruppe, erfährt Tomas beim Nachfragen. In Gedenken an Martin Luther, der ja am Reformationstag – also am 31. Oktober 1517 in Wittenberg – seine 95 Thesen an eine Tür geschlagen hat, sollen Thesen gesammelt werden, wie die christliche Religion und die Kirche zu erneuern, zu verbessern seien.
„Wenn Sie möchten, können Sie auch eine These aufschreiben, und gleich hier an unsere Tür nageln!“
Tomas überlegt: Welche These will er jetzt auf seinen kleinen, weißen Zettel schreiben? Welche ist ihm besonders wichtig? Verschiedene Sätze kreisen in seinen Gedanken. Er entscheidet sich für: Kinder sollen nicht zum Glauben gezwungen werden!
„Eine sehr gute These!“ findet der junge Mann, als Tomas ihm den Zettel zeigt. „Die können Sie gleich an unsere Tür schlagen!“ Er reicht Tomas Hammer und Nagel. „Ein Foto mit allen angeschlagenen Thesen soll später einmal im Internet veröffentlicht werden, unter der Adresse: www.heute-schon-ge... .de! (Diese harmlose Website mit auch meinem Thesenzettel existiert leider nicht mehr. Trotzdem übernehme ich keine Haftung für etwaige Inhalte! )
„Hm!“ macht Tomas. „Unter solch einer Adresse würde ich mir – normalerweise – was völlig anderes vorstellen!“ Und eine dabeistehende Studentin, sie ist großgewachsen und mollig, kichert unbeschwert.
Jetzt möchte Tomas die am besten passende Stelle heraussuchen, um seine These richtig zu platzieren, auch deshalb überliest er noch mal schnell die anderen Thesenzettel auf der Tür.
Das Gewicht des schweren Hammers in der Hand fühlt sich gut an. Peng! Peng! Peng! Mit schwungvollen Schlägen treibt Tomas den langen, dicken Nagel bis zum Grund ins weiche Holz. Er hämmert nach. Fest … fester … ganz fest, und selbst den Nagelkopf noch ins Holz rein! Nie wieder heraus! Er tritt einen Schritt zurück: Nun steht seine These ‚Kinder nicht zum Glauben zwingen‘ genau neben einer zweiten, welche mehr Glauben in der Kirche fordert! Prima! Auf dieser Tür herrscht Meinungsvielfalt, und zudem müssen die beiden Thesen ja nicht unbedingt im Widerspruch zu- und miteinander stehen! Na also!
Der Nagel hat das Holz durchdrungen, auf der Rückseite schaut ein nicht eben kurzes Stück der Spitze hervor: Solch eine Gefahrenquelle möchte der junge Mann nicht dulden. Er schlägt die Nagelspitze zurück ins Holz und erklärt dabei, das Verletzungsrisiko sei sonst viel zu groß.
Nun ist zwar von der drohenden Nagelspitze nichts mehr zu sehen, aber dafür ragt, zur Gegenseite, der Nagelkopf mit Tomas kleinem Zettel heraus. Dies zerstört Tomas die himmlische Illusion, seine aufgeschriebene These sei für alle Zeiten dort festgenagelt. Lieber hätte er die Spitze seines Nagels ganz fest umgeschlagen. Aber man sollte es ja nicht gleich auf die Spitze treiben!


Anmerkung von Thomas-Wiefelhaus:

Ich vermisse das Genre: Biographischer Roman, bzw. Erlebnis-Roman!

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Kommentare zu diesem Text


 Dieter_Rotmund (15.07.20)
Da ist handwerklich gut gemacht,. hat aber eine gewisse Redundanz: Sehr viele Menschen arbeiten sich ihr Leben lang an der Religion ab. Für Außenstehende wirkt das oft nicht sehr spannend, sorry!

 Thomas-Wiefelhaus meinte dazu am 15.07.20:
Hast du verstanden, dass es im Text nicht allein um den Glauben, sondern vor allem auch um den Zwang zum Glauben ging?

Eher ein Text der leisen Töne, der Ruhe vor dem Sturm. Mit einem kleinen Schmunzler zwischendurch, den vielleicht nicht jeder verstanden hat?

Der Zwang von Erwachsenen, die meinen ALLES besser zu wissen, und Zwänge aller Art vom Religionszwang, über Zwangsarbeit, bis zu sonst was ausüben, ist gerade mein Thema, das hier erst mal nur angedeutet wird, bevor es lauter wird.

 Dieter_Rotmund antwortete darauf am 15.07.20:
Ja, schön, aber Du solltest Dir klar werden, ob Du schreibst, um dich selbst zu therapieren, oder ob Du wirklich eine Geschichte erzählen willst. Beides geht nicht zusammen ohne erhebliche Qualitätsverluste.

 Graeculus schrieb daraufhin am 15.07.20:
Ja, schön, aber Du solltest Dir klar werden, ob Du schreibst, um dich selbst zu therapieren, oder ob Du wirklich eine Geschichte erzählen willst. Beides geht nicht zusammen ohne erhebliche Qualitätsverluste.
Kafka.

 Thomas-Wiefelhaus äußerte darauf am 15.07.20:
kleines Missverständnis?
1) Ich bin nicht bei keinverlag, um Form oder Stilmitteln meiner Texte zu verbessern. Außer vielleicht bei ganz neuen Texten.
2) Ich bin auch nicht hier, um mich selber zu therapieren oder therapieren zu lassen.
3) Meine Kritik an deiner Kritik ist, dass du anscheinend relativ oft Sachen einfach behauptest.

Meine gegenteilige Meinung ist, dass Selbsttherapie und schriftstellerisches Können auch gut zusammen gehen können. Nämlich ersteres als Stilmittel für zweiteres.

 Thomas-Wiefelhaus ergänzte dazu am 15.07.20:
Ja, weswegen bin ich hier? Unter anderem, um möglichst viele Rückmeldungen zu erhalten, die zeigen, wie meine Texte verstanden werden, inhaltlich und emotional.
Welche Gedanken und Erinnerungen lösen sie aus?
Machen sie betroffen, oder nicht?
Ändern sie gar Sichtweisen?
Gibt es zusätzliche Informationen?
Werden sie gründlich gelesen, oder oberflächlich?
Eben das, was man als Buchautor nur selten erfährt.

 Graeculus meinte dazu am 15.07.20:
Das stimmt. Von solchen Rückmeldungen erhält man hier mehr als ein (bloßer) Buchautor. Das ist eine Stärke von kV.

 Graeculus meinte dazu am 15.07.20:
Die Alternative, die Dieter oben genannt hat, gibt es m.E. so nicht. Deshalb habe ich Kafka als Gegenbeispiel erwähnt.

 Dieter_Rotmund meinte dazu am 16.07.20:
Achso, das sind gar keine neuen Texte?
Dass Kafka mit seiner Schreiberei "nur" seinen Vaterkomplex bekämpfen wollte, ist ein sehr alter Schuh. Wer werkimmanent lesen will, muss sich diesen nicht anziehen.

Ich muss noch fragen: Sind die Thomas-Wiefelhaus-Texte fiktiv oder autobiographisch?

 Thomas-Wiefelhaus meinte dazu am 16.07.20:
Kafka, den ich als Schriftsteller sehr schätze, ist ein gutes Beispiel für schreibende Selbsttherapie.
Nach meiner Meinung findet man die nicht im realistischen Erzählen, sondern eher im Verfremden. Die Verwandlung, z.B.!
Danke für deinen Hinweis.
Bei Dieter finde ich nicht gut, dass er mit der Unterstellung Selbsttherapie nicht beim Textkommentar bleibt, sondern auch die Person des Autoren (mich) kommentiert und in Frage stellt..
Die Regel, dass Schreibende sich nicht auch selbst therapieren dürften, weil die Texte leiden, gibt es so nicht! Zudem habe ich die meisten echten gutes-Schreiben-Regeln bereits gehört und breche sie -mal bewusst, mal instinktiv.
Letztlich wurde ich als Kind und Jugendlicher schon genug mit unzutreffenden Regeln und Besserwisserei bevormundet. Hätte Dieter stattdessen einfach geschrieben: ich finde, ich denke, wäre es okay. Aber bitte keine krummen Regeln.

 Dieter_Rotmund meinte dazu am 16.07.20:
Nein, TW, ich stelle nicht Dich als Person in Frage, ich stelle Fragen zu Deiner Motivation!
Es ist vielleicht keine Regel, aber die Selbsttherapie-Texte auf kV taugen praktisch alle nichts. Das ist ja auch klar: Die Autoren sind natürlich alle sehr resistent, manchmal sogar renitent, was Kritik betrifft: "Aber genau so ist es gewesen!" / "Das sind meine Gefühle!" / "Ich kann das nur so ausdrücken!" - ich kann es nicht mehr hören. Sprache und Literatur werden mit Füßen getreten, Hauptsache ist, dass sich der Autor dabei gut fühlt. Nein, Danke.

 Thomas-Wiefelhaus meinte dazu am 17.07.20:
Kritik? Welche Kritik?
Jetzt greift du -Dieter- ja schon wieder zuvorderst die Person der Autoren an! Diesmal sogar eine ganze Gruppe zugleich.
Ein Rundumschlag? Was soll das? Vorurteile?
Unterstellst du mir gar die Sprache mit Füssen zu treten?
Was redest du da? Du hörst mir anscheinend ohnehin nicht zu?
Diese Kommentare sind - für mich- leider - keine Kritik mehr. Eher nutzlose Ratschläge und Besserwisserei. (Deinen Einwand bei meinem Erlebnisgedicht konnte ich ja zumindest noch nachvollziehen.)
Hast du vielleicht Kinder? Denen du jeden Tag sagst, das wird nichts, das musst du besser machen? Die täten mir leid.

(Als ich jung war, wussten die Älteren automatisch was besser ist, jetzt die jüngeren?) Nein Danke.
Bitte kümmere dich zukünftig um ANDERE Autoren. Mir reicht es. - Es wäre schön, wenn du mich nicht weiter meinem Tun störst.

 Thomas-Wiefelhaus meinte dazu am 17.07.20:
Dieter: Die Autoren sind NATÜRLICH ALLE sehr resistent ... usw.
Was soll das den heißen?

 Dieter_Rotmund meinte dazu am 17.07.20:
Herrje! Ich unterstelle dir hier gar nichts - Man muss nicht alles und jedes auf sich beziehen!
Klinke mich aus dieser Diskussion aus.
Nichts für ungut, vielleicht finden wir an einem anderen Text wieder zusammen.

 Thomas-Wiefelhaus meinte dazu am 29.07.20:
Zusammenfassend möchte ich sagen, dass ich im Gegensatz zu Dieter, nicht glaube, dass sich gute Literatur und Selbsttherapie gegenseitig ausschließen. Man sollte berücksichtigen, dass viele Kinder in der BRD nicht nur Gewaltopfer wurden, ihnen wurde auch der Schulbesuch verweigert. Natürlich behindert das beim Schreiben. (Ich selber hatte das Glück, das sich am Ende die Erwachsenen durchsetzen konnten, die mir den Schulabschluss doch noch erlaubten.)
Trotzdem schreiben selbst Leute, die kaum zur Schule gehen durften und durch frühe Medikamentenversuche heute an den Rollstuhl gebunden sind und kaum sprechen können, ansprechende Gedichte. Davor habe ich Achtung!
(Auch hier hatte ich selber das "Glück", Versuchsmedikamente nur kurz zu bekommen.)

PS.: Auch wenn Dieter das Thema des Textes langweilig findet: Ich schreibe auch für Minderheiten und Randgruppen. Und hoffe auch bei Uninteressierten Interesse zu wecken.

 Dieter_Rotmund meinte dazu am 30.07.20:
Wie gesagt, ich bin aus dieser Diskussion bereits ausgestiegen.

 Lluviagata (15.07.20)
Ja, weswegen bin ich hier? Unter anderem, um möglichst viele Rückmeldungen zu erhalten, die zeigen, wie meine Texte verstanden werden, inhaltlich und emotional.
Welche Gedanken und Erinnerungen lösen sie aus?
Machen sie betroffen, oder nicht?
Ändern sie gar Sichtweisen?
Gibt es zusätzliche Informationen?
Werden sie gründlich gelesen, oder oberflächlich?
Eben das, was man als Buchautor nur selten erfährt.

Ich verstehe, worum es Dir geht, möchte aber noch ein bisschen mehr lesen. Von Dir. Gründlich.

Liebe Grüße
Llu ♥

 Thomas-Wiefelhaus meinte dazu am 16.07.20:
Danke Llu für deinen spontanen Gruß und den Vorsatz gründlich zu lesen!
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