Mit eignem Herzen
Als Kind schon bin ich gern für mich gewesen.
Es hieß dann immer: Ja, sie ist sehr still,
vertreibt sich ihre Zeit mit Bücherlesen...
Schon leises Räuspern war für mich wie Drill.
Mir kam es recht, wenn mal kein Mensch was wollte,
weil man sich anders nicht erholen kann.
Ich hatte so zu sein, wie ich sein sollte,
von Anfang an, ja, und so war ich dann.
Hinter dem Bild, das ich den Andern zeigte,
war nichts mehr da, was einen Namen trug.
Wenn das Portrait sich aus dem Rahmen neigte
nur ein klein wenig, hieß es schon: Genug!
Und dann der Alptraum, immer so zu bleiben!
Weit weg von mir, die nichts davon je war!
Den Horror davor mag ich nicht beschreiben.
Dass ich’s nicht konnte, war mir völlig klar.
Mein Widerstand ging in die andre Richtung.
Ich setzte meinen Fuß ins reine Nichts;
denn auszuharren, schien mir wie Vernichtung
der letzten Ahnung eigenen Gewichts.
War das der Tod? Ich stürzte steil nach oben
und weiß noch gut, dass jemand zu mir sprach.
Kein Vorwurf kam, natürlich auch kein Loben.
Nur dieser Satz, der eine Wand durchbrach:
Den Dingen kannst auch du Bedeutung geben!
Hieß das, die Kraft war mein, die ich besaß?
Es war wohl so. Ich sollte weiterleben,
als Mensch, der selbst mit eignem Herzen maß.