Kämpfe mit mir selbst (I)

Text

von  autoralexanderschwarz

Seit Tagen kämpfe ich nun schon mit mir selbst und ringe dabei mit Geistern, so wie Kafkas Gruftwächter. Die Aussichtslosigkeit meines Kampfes aber beweist sich für mich darin, dass ich mich selbst nicht greifen kann, dass die einzigen Hände, die mir zur Verfügung stehen, gänzlich unzureichende Werkzeuge sind. So häufig schon habe ich ins Leere und durch mich hindurch gegriffen, dass ich selbst nicht mehr daran glaube, noch etwas Festes zu erwischen, das sich zu Boden zwingen ließe.


Mein Gegner trägt den gleichen Bart wie ich, aber sein Kampfstil ist rein defensiver Natur. Schon zu Beginn unseres Kampfes, als ich noch voller Hoffnung gegen ihn an und immer wieder durch ihn hindurch rannte, wäre es ihm ein Leichtes gewesen, mich zu greifen und meine eigene Kraft gegen mich selbst zu richten; doch er begnügt sich damit auszuweichen, hilft mir gar auf, wenn ich zu Boden stürze, und manchmal, wenn unsere Köpfe im Kampfgeschehen aneinander vorbeistreichen, weist er fast freundschaftlich mit geflüsterten Worten auf kleine Besonderheiten der Landschaft um uns herum hin, etwa wie sich die Sonne im Bergsee spiegelt oder dass für einen Moment zwei Wolken gemeinsam eine besondere Form ergeben.


Da ein physischer Sieg mir so gänzlich unmöglich erscheint, investiere ich meine Energie in die psychologische Kriegsführung. So habe ich begonnen inmitten all des Tänzelns, der Ausfallschritte und der sinnlosen Paraden, kleine Drohungen gegen meinen Gegner zu richten. Ein böser Blick hier, eine angedeutete Faust dort, eine spezielle, inzwischen routiniert ausgeführte Bewegung der Mundwinkel, und auch wenn ich weiß, dass jede einzelne Drohung für sich genommen wirkungslos bleiben muss, so hoffe ich doch, dass sie zumindest in ihrer Summe irgendwann zermürben. Wenn ich mich selbst nicht besiegen kann, kann ich mich vielleicht auf diese Art zur Aufgabe zwingen.



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