Manchmal aber umkreise ich mich selbst, so wie Raubtiere ihre Beute umkreisen, und streiche dann als Königstiger durch das Dickicht meiner Gedanken, beobachte mich, wie ich dort in tiefer Nacht an meinem kleinen Feuer sitze, wittere mich selbst, kann meine Angst riechen.
Als Königstiger kann ich mich im Wald vollkommen lautlos bewegen und so ist es Absicht, dass ich von Zeit zu Zeit mit meinen Tatzen kleine Zweige zerbreche, um die Furcht und das Feuer am Leben zu halten, denn meine Beute darf nicht ruhen, meine Beute muss horchen und nicht nur mit den Ohrenspitzen, sondern mit dem ganzen Körper meinem Kreisen folgen, mal langsam und mal schneller um das Feuer herumrutschen und dabei immer wieder, wie im Zentrum eines Karussells, den Wald und seine Schatten an sich vorbeiziehen lassen.
So drehen und drehen und drehen wir uns, so kreisen wir miteinander, bis irgendwann die Erschöpfung obsiegt, die Schatten mit den Sternen verschmelzen, der Kopf auf die Brust und schließlich auf den Boden sinkt und dann warte ich immer einen Moment ab, warte bis sich der Schlaf im ganzen Körper meiner Beute verteilt hat, warte, warte und krieche schließlich in den Schein des Feuers, lasse meinen Atem über die schutzlose Kehle streichen.
Wenn ich mich dann beiße, dann nie um das Spiel zu beenden. Ich wäre kein Königstiger, wenn ich mir den Sieg so einfach schenken ließe. Meistens beiße ich nur in den Arm, das Bein oder das Schulterblatt, um für mich selbst eine kleine Genugtuung aus dem warmen Fleisch zu reißen, und wenn ich dann aufspringe und als Beute vor Schmerz und Wut schreie, das Feuer schüre und vielleicht gar dem Wald mit einem brennenden Zweig drohe, bin ich zugleich längst in das Unterholz und als Königstiger auf die alte Kreisbahn zurückgekehrt.