Metaphysik und Wahrheit

Tagebuch zum Thema Loslassen

von  Terminator

Mir ist schón wichtig, dass manche Menschen in die Hölle kommen, Kinderschänder usw. Worin besteht schließlich das metaphysisch Gute, wenn nicht darin? Aber es wird nicht dadurch wahrer, dass wir es uns wünschen.


Noch mehr, als dass manche Menschen in die Hölle kommen, wünschen wir uns, wenn wir egoistisch sind, dass wir selbst ins Paradies kommen. Und wir reden uns ein: Ich komme ins Paradies, weil ich so viel gelitten habe! Und? Ich habe es durch gute Taten verdient, ins Paradies zu kommen! Aber Junge, du kannst doch dem Universum keine Gesetze vorschreiben! Oder glaubst du, eine Frau verliebt sich in dich, wenn du für dich selbst festlegst, dass sie sich in dich verlieben muss, wenn du die Gesamtzahl an 100000 Liegestützen absolviert hast?


Bei mir ist es noch einfacher: Ich finde, dass es harmonisch wäre, wenn ich ins Paradies käme. Dem Schönen das Schöne; die schöne Seele in eine schöne Welt! Aber welche Illusion ist noch haltloser, als die einer schönen Seele? Was macht die schöne Seele aus? Der Sinn für Ästhetik? Die Verachtung des Ekelhaften? Das, was Esther Vilar Intelligenz nennt: nicht die Prozessorleistung des Gehirns, sondern die Kombination aus Sensibilität und Phantasie?


Ich bin der Sensibelste, also ist das Gute objektiv dann am größten, wenn es mir gut geht. Da ich eine extrem reiche und feine Phantasie habe, habe ich an das Paradies sehr hohe ästhetische Ansprüche. Aber was trägt all das zur Wahrscheinlichkeit oder nur der bloßen Möglichkeit bei, dass ich ins Paradies komme?


Und jetzt? Soll ich mich selbst bedauern, dass das ästhetisch vollkommene Universum, die Welt meiner Phantasie, nie existieren wird? Soll ich mich bemitleiden, weil die leckersten Trauben nicht in den feinschmeckendsten Mund kommen? Soll ich weinen, zürnen, toben, fluchen, weil das Universum nicht vor hat, die schönsten vorstellbaren Mädchen als 116 Geliebte einer gewissen sehr bescheidenen Person zu erschaffen, die sie am würdigsten schätzen kann?


Ich schrieb schon mit 18: Ich will entweder das, was ich wirklich wünsche, oder nichts. Das Nichts wird mich nicht glücklich machen, aber zufrieden: wenn ich nichts fühle, kann ich auch nicht leiden; wenn ich nicht existiere, kann mir auch nichts fehlen.


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Kommentare zu diesem Text


 Verlo (07.04.23, 06:44)
Terminator:

Ich schrieb schon mit 18:

Ich will entweder das, was ich wirklich wünsche, oder nichts. Das Nichts wird mich nicht glücklich machen, aber zufrieden: wenn ich nichts fühle, kann ich auch nicht leiden; wenn ich nicht existiere, kann mir auch nichts fehlen.
Wer nichts fühlt, kann nicht glücklich sein.

 LotharAtzert meinte dazu am 07.04.23 um 10:23:
Wer nichts fühlt, kann nicht glücklich sein.
Was für ein Unsinn!

Man fühlt (wie die Käfer mit ihren Fühlern), sobald man in sich selbst das Gesuchte nicht (emp-) findet.
Ein Laotse, von dem die Worte stammen "um die Welt zu kennen, brauche ich nicht vor die Tür gehen" sah das offensichtlich anders. Aber heutzutage kann man wohl mit dem Empfinden, das stets ein "in sich finden" ist, nichts mehr anfangen, weil man mit sich selbst nichts mehr anzufangen weiß und muß darum Hinzin und Kunzin betatschen.

Um das Voraussehbare vorweg zu nehmen: Mitgefühl ist etwas gänzlich anderes. Es geschieht nicht, weil mir was fehlt, sondern weil mein Herz sich in allen Wesen erkennt, mithin erkennt, daß Leiden in Samsara nie ganz verschwinden wird.

Antwort geändert am 07.04.2023 um 10:37 Uhr

 Terminator antwortete darauf am 07.04.23 um 21:52:
Fühlen, allgemeiner gesagt, meint das Vorhandensein von Bewusstsein. Wenn ich nicht existiere, habe ich kein Bewusstsein, und empfinde kein Leid. Natürlich empfinde ich dann auch kein Glück, aber das kann mir egal sein, wenn ich nicht existiere.

 Regina (07.04.23, 07:35)
Die Paradiesvorstellung der Einzelnen ist unterschiedlich: der Liebhaber wünscht sich die Erfüllung seiner emotionalen Sehnsucht, der materiell Orientierte Reichtum und existenzielle Sicherheit, der Bequeme möglichst Wohlleben ohne Anstrengung und der Wissbegierige Erkenntnisse. Entsprechend sehen die Lebensziele aus. Aber die meisten Menschen leben in einer von ihnen selbst oder ihren Mitmenschen/Vorfahren geschaffenen Hölle, so dass es gilt, Strategien zu entwickeln, dieser zu entkommen.

 Terminator schrieb daraufhin am 07.04.23 um 21:55:
Die meisten erschaffen sich und anderen in der Tat eine Hölle auf Erden. Um über das Leben unvoreingenommen nachdenken zu können, muss man erstmal dieser Hölle entkommen. Das Leben, wie es ist, ohne Parasiten, Ausbeuter und Feinde, ohne lästige und destruktive Menschen, ist gar nicht so schlecht. Meistens sind andere Menschen der Grund, aus welchem einer sein Leben nicht mehr leben will: die Mitmenschen ekeln einen oft aus der Welt heraus.
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