11. Kapitel

Text

von  Pearl

Ich hatte einen Traum von einem Adler, einem Raben und einer weißen Taube. Diese Drei kämpften miteinander, obwohl sie nicht kämpfen wollten.

Aus dem Himmel fielen Hagelkörner, es durchzuckten sein Schwarz gelbe Blitze und der Traumdonnerschlag pochte so laut in meinen Ohren, als wäre er mein Herz.

Der Adler und die weiße Taube bildeten ein Paar, der Rabe kämpfte allein. Sie wollten nicht kämpfen. Doch da gab es einen Chor heller und einen Chor dunkler, zorniger Stimmen.

Diese Chöre zogen an den Vogelkörpern, als wären diese Marionetten. Diese Stimmen waren die Strippenzieher, die den Willen der einst unabhängigen und freien Himmelswesen gebrochen hatten, als wäre er Knäckebrot.

Aus den Vogelhänden des Raben schossen - wie aus dem Nichts - rote, gelbe, schwarze Blitze, sie zielten auf die weiße Taube. Und sie fiel vom Himmel aus auf den lehmigen Boden wie ein schwerer Stein.

Der Adler flog schnell zu ihr hinab. Er wollte nach seiner Gefährtin sehen. Doch es umgab sie eine Blutlache, die wie flüssiger Rubin schimmerte. Ihr Taubenherz schlug nicht mehr.

Da klarte der Himmel auf und durchsichtiger blauer Regen strömte hinab auf die tote Taube, deren Gesicht die Züge, deren Gestalt den Körper eines toten Jungen annahm.

Und der war Tim.

Da ließ ein Erdbeben meinen Traumadlerkörper erzittern. Ich war wieder ich: ein achtzehnjähriges Mädchen, das die Liebe ihres Lebens in ihren Armen hielt, ihren toten Gefährten.

Und der durchsichtige blaue Regen fiel aus dem Himmel und aus meinen Augen. Er überschwemmte die Erde.

Und dann gab es nichts mehr als ein tiefes, blaues Meer und die Trauer, auf der wir wie zwei Federn hinaustrieben, während eine Stimme mir zuflüsterte:

"Deine Tränen sind der Schlüssel, Tere."


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Kommentare zu diesem Text

Daniel (50)
(06.05.23, 13:41)
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 Pearl meinte dazu am 06.05.23 um 13:54:
Oh, ich habe das nicht geträumt. Ich sah nur die Videos - und hörte die Musik - von "Clann" und auf einmal wusste ich diese Traumszene.

Sie gehört zu einem Märchen/Phantasyroman an dem ich schon ewig schreibe.
Die Zuordnung der Vögel zu den Hauptfiguren ist symbolisch und der Traum an sich ist prophetisch. Denn ich weiß schon lange, dass Teres Geschichte diese Wendung nimmt. nur dahinzukommen ist irre schwierig.

Danke Daniel. Dieses Märchen liegt mir sehr am Herzen, auch wenn ich daran im Schneckentempo schreibe ;)
Daniel (50) antwortete darauf am 07.05.23 um 00:58:
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 Pearl schrieb daraufhin am 08.05.23 um 10:49:
Ja, Musik beflügelt die Phantasie. Ich schreibe sehr, sehr oft zu Musik und dann transformiere ich meine Wahrnehmung davon ins Geschriebene.

Gestern las ich im "Standard" darüber, dass der Massentourismus wieder so sehr zugenommen hat. In vielen Ländern, Städten, sind Touris einfach nicht mehr willkommen (Beispiele sind Venedig, Amsterdam, die Amalfiküste, mein geliebtes Barcelona und und und). Kulturerbe, wie der Machu Picchu, wird dadurch geschädigt. Kulturen gleichgemacht. Für die Umwelt bedeutet es auch nichts gutes.
Da sind Traumreisen doch etwas Wunderbares!
(Auch wenn ich immer noch Island und Japan, vor allem, und auch gerne Argentinien und "La casa azul" in Mexico City sehen möchte).

Gerade ist im Mumok eine Einzelausstellung angelaufen, die nach der "Eva Hesse" Ausstellung meine Top 2 in meiner Mumokhistorie ist: "Elisabeth Wild". Die Künstlerin wurde, glaube ich, in ihren 90ern entdeckt, und wow!

Aber ansonsten ist dort auch nicht alles Zuckerschlecken... Auch wenn ich im Aufsichtsteam einige liebe Menschen kennengelernt habe, von denen ich zwei als Freundinnen bezeichne :)

Ich lüpfe meinen Hut zum Gruß, war schön mit dir zu plaudern,

Stefanie
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