Keithstraße - (Berliner StattPläne)

Reportage zum Thema Biographisches/ Personen

von  Gabyi

In dieser Straße nahm Effi Briest* sich eine Stadtwohnung zusammen mit ihrem Baron von Instetten. Mit den Hausangestellten Johanna und Roswitha lebten sie ganz nahe am Landwehrkanal und nicht weit vom Tiergarten, dem Zoologischen Garten und dem Wittenbergplatz. In ebendieser Wohnung fand der Baron das vielzitierte Bündel kompromittierender Liebesbriefe, die am Ende den Tod des Major Crampus zur Folge hatten. Tod durch Duell.

Schnitt - Berlin nach dem 2.Weltkrieg.
Die Stadt wurde geteilt, das Großbürgetum von Westberlin verzog sich Richtung Westen. Es brach eine kleinbürgerliche, zwiespältige Zwischenzeit an, in der Neuberliner aus der Provinz kamen und die Menschen nicht reich, aber zufrieden waren. Politiker hatten Schrebergärten, auf Empfängen reichte man Bouletten mit Senf, Soleier und saure Gurken (aus den Senatsreserven gab es Pökelfleisch) und die Berliner hielten treu die Stellung. Und manch einer ließ sich noch von der klammheimlichen Freude eines Mescalero anstecken.

Auch ich wohnte damals in der Keithstraße. 
Sie gehörte zu dieser Zeit noch zum Bezirk Tiergarten, heute ist es Mitte bzw. Tempelhof-Schöneberg. Ich lebte im Studentenwohnheim, zusammen mit Persern, Irakern, Türken, Tunesiern (um nur einige Nationalitäten zu nennen) und einigen wenigen Deutschen. Heute wäre ich längst im Visier der Terrorfahnder. Damals wurden in diesem Wohnheim zwei Freundinnen von mir vergewaltigt. Die eine von einem Pe**er, die andere von einer mir unbekannter Nationalität. Es wurde nicht weiter kommuniziert. Ich blieb zum Glück als kampferprobte (zwei Brüder) Hardcore-Studentin verschont. Ahmet, den tu***ischen Studenten der Politikwissenschaften, warf ich einfach von seinem Bett herunter. Unser Verhältnis war geklärt und fortan gut.

Damals hörte ich manchmal des Nachts bei günstigen Windverhältnissen das Tröten der Elefanten aus dem nahen Zoo herüber tönen. Am Ufer des Kanals stand ein Schild mit der Aufschrift: "Hier wurde Rosa Luxemburg erschossen" oder so ähnlich.
Die Keithstraße ist eine eher langweiligere Straße mit Antiquitätengeschäften, dem Landeskriminalamt 1 und dem Polizeipräsidium für Delikte am Menschen (Kapitalverbrechen). Die Straße zieht sich von der Kleiststraße bis zum Landwehrkanal hin und kreuzt kurz vorher die Kurfürstenstraße. Appartementhäuser und Neubauten tragen der Zerstörung des 2.Weltkrieges Rechnung. 
Eine wie gesagt unspektakuläre Straße - unter dem Kreativitäts- und Szene-Aspekt betrachtet.
Finde ich wenigstens - und das kann sich auch noch ändern.

*Theodor Fontane


aus: "Berliner StattPläne"

2007


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