Die Phozzenschüssel

Geschichte zum Thema Historisches

von  Gabyi

Als junge Studentin beschloss ich mit meinem damaligen Freund Urlaub an der Côte d’Azur zu machen. Wir fuhren mit unserem dunkelroten R4 nach Frankreich mit Zwischenstop in Paris. Auch Marseille sahen wir uns kurz an, fuhren dann nach Châteauroux und besuchten dort eine Freundin von mir. Minoterrie de Permané sur Indre (Name geändert) hieß die Mühle ihres Vaters.
Dann ging es endlich ans Mittelmeer. Wir landeten auf einem Zeltplatz in Cannes. Das Glück war perfekt. Badeurlaub an der Croisette, was will man mehr. Auch St. Tropéz wurde besucht.
Die Sonne schien vom blauen Himmel und sonst war es ähnlich wie an der Ostsee, nur die Temperatur lag etwa 10 Grad höher. Die Menschen verhielten sich vergleichbar zu uns und waren damals auch noch nicht so reich und schön. Dachte ich zumindest. Und die Eistüten hatten hier die exotisch anmutende Zwillingsform. Gefüllt mit Schoko-Vanille.

Die Waschgelegenheit auf dem Zeltplatz war etwas frugal, aber man tat, was man konnte und was ging. Fließend kaltes Wasser war vorhanden, das kannte ich schon. Aber trotzdem störten mich die anderen Leute bei der Körperhygiene - irgendwie.
So beschloss ich ganz ungerührt, wie sich später herausstellen sollte, meine Momo in jener leuchtend orangenen Plastikschüssel von Woolw**th zu waschen, die wir eigens zum Geschirrspülen mitgenommen hatten. Ich fand das völlig normal und überhaupt nicht schlimm. Mein Freund aber doch. Er benutzte zwar die Momo, sauber war ihm aber wohl egal. Typisch, dachte ich und war etwas traurig, denn es war das erste Mal, dass eine Missstimmung zwischen uns aufkam. Und auch das dachte ich: über seine Pemelaberrationen hatte ich immer stillschweigend hinweggesehen und war nie böse auf ihn.
Von diesem Zeitpunkt an hieß es bei uns nur noch "Phozzenschüssel" und wurde fortan als Metapher für alles Mögliche verwendet.
Wenn ich ihm das heute erzählen würde, könnte er sagen, du hättest doch den Waschraum benutzen können. Doch er weiß immer noch nicht, dass ich eine Sozialphobie habe.
Die Toiletten auf dem Campingplatz waren übrigens eher grenzwertig und typisch mittelmeermuslimisch. Ein Loch im Boden, zwei geriffelte Fußtritte zum Draufhocken und ein Wasserschlauch zum Abspülen. Ich ekelte mich zu Tode und beschloss wenn irgend möglich in eine Kneipe zu gehen, wo es eine eher mitteleuropäische Toilette gab.



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Kommentare zu diesem Text


 lugarex (06.07.23, 09:43)
Glacé in Cannes, unvergesslich. Den laden gibt's nicht mehr, hatte über 250 Sorten, zum ersten Mal hatte ich z.B. "Kartofellglacé" oder auch "Bierglacé"!

Nur die WC, tja...

elgé luga

Kommentar geändert am 06.07.2023 um 09:44 Uhr

 Gabyi meinte dazu am 06.07.23 um 11:41:
Das war hier aber nur schnödes Eis im Hörnchen. Aber eben Doppelhörnchen. Danke luga für die Empfehlung :)

LG Gabyi

 AlmaMarieSchneider (07.07.23, 01:17)
Wir waren mit einem VW-Bus und Freunden an der Côte d' Azur 1972 und kann alles nachempfinden.
Eine tolle Zeit war das. Du hast sie mir wieder zurückgeholt.  :)

Liebe Grüße
Alma Marie

 Gabyi antwortete darauf am 08.07.23 um 09:20:
Freut mich, liebe AlmaMarie, dass ich die Erinnerung zurückholen konnte. Und vielen Dank auch für deine Empfehlung :)

 mannemvorne (07.07.23, 08:51)
*
Hallo Gabyi,
Spaghettireste, Haare, Rasierabschaum und frugales Geschleim..
Campingplatz ist nichts für Zart besaitete, dazu die Hitze.
Bei besagten Toiletten hört der „Spaß“ dann auf,
in solchen Momenten wünscht man sich schweben zu können, 
oder die Espadrilles hinterher entsorgen!
Wir waren damals mit nem schwarzen Käfer unterwegs,
ähnliches und anderes erlebt ;)
Ardèche, Saintes-Maries-de-la-Mer ’de, („schwelg“)
Beste Grüße von mir
mv


*

 Gabyi schrieb daraufhin am 08.07.23 um 09:24:
danke mannemvorne für die miterinnernde Anteilnahme :) und fürs Empfehlen.
LG Gabyi

 Dieter_Rotmund (07.07.23, 10:16)
Derb, aber gerne gelesen.

Wieso musste die Mühle ihren Namen ändern?

 Gabyi äußerte darauf am 08.07.23 um 09:30:
danke Dieter fürs Derb und aber gerne, aber das war nun mal die wahre Wirklichkeit. Namensänderungen pflege ich aus Daten- und Personenschutzgründen vorzunehmen.
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