Caesar - Akt I - Szene I

Tragödie

von  autoralexanderschwarz

Caesar



Erster Akt



1. Akt – 1. Szene


Caesar zu Pferde, zu seiner Rechten Antonius, dahinter ein langer Tross

mit Soldaten und Vieh, der in gebührendem Abstand folgt.


Caesar (zu Antonius): So langsam werden mir die Felder öde,

die sich hier endlos aneinander reih'n,

gar nichts hält hier den müden Blick zurück

und bis zum Horizont seh' ich

nur Staub und krumme Sträucher.


Antonius: Dein Auge hat sich wohl noch nicht,

gewöhnt an diesen neuen Blick,

der nicht mehr nach verborg'nen Feind

und nach Gefahr stets suchen muss.

Durch so viel Blut sind wir gewatet

und hinter jedem Sieg ein neuer Marsch,

so mancher blieb im Schlamm zurück,

doch deinen Mut und deine Kraft, oh Caesar,

dem konnten selbst die ärgsten Feinde

nicht mal im Ansatz widerstehen.

Und keiner dieser krummen Sträucher

verbirgt noch einen Widersacher,

gestreckt sind selbst die letzten Schwerter,

dies ist Provinz, besiegtes Land,

wir kehren heim, zum Jubel auf den Straßen.


Caesar: So lang schon wieder sah ich Rom nicht mehr

und doch: Im Krieg da war es stets bei mir,

in mancher sorgenvollen Nacht,

wenn die Gefahr im Dunkeln um die Zelte strich,

wenn all die wilden Schreie uns'rer Feinde

uns aus dem dichten Sumpf entgegenhallten,

wenn Hunger, Durst und Widrigkeiten

aus Legionären Tiere machten,

da war mir Rom ganz furchtbar nah –

ich hielt den Schild für eine ganze Welt

und wenn ich dann dies Zauberwort,

wie ein Versprechen ihnen bot,

da trat ein Glanz in all die Augen

und Todesmut durchströmte meine Legionäre.

Für Rom stirbt man mit einem Lächeln.

Ich wüsste keine größ're Ehre.

Antonius: Gestorben wurde schon genug

und Ehre täte mir ein heißes Bad,

vielleicht ein Weib und auch ein Sklave,

der mir zum Schlafen etwas auf der Harfe spielt.

Nach all dem ungeheuren Lärm

da suche ich die süßen Töne.


Späher:
Oh Caesar, Ruhm und Ehre deinem Pfad,

verzeih, dass ich die Aussicht dir versperre,

Antonius, vergebe mir, verzeih die Unterbrechung.


Antonius: Ich gehe davon aus, dass dich die Pflicht

und nicht die Frechheit vor uns trieb,

so spreche frei, Soldat, was hast du zu verkünden?


Späher: Dort vorne hinter dieser Kuppe,

geht es den Weg ein gutes Stück hinab.

Es öffnet sich der Blick über die Täler,

die Landschaft wird den Caesar wohl erfreu'n,

doch mitten drin, an einer Stelle,

da steht ein großes Folterkreuz

und an dem Kreuz, da hängt ein nackter Mann

voll Blut und Schmutz

und von der Sonne arg verbrannt.


Antonius:
Und wo liegt hier genau nun das Problem?



Späher: Zunächst erschien mir alles denkbar klar,

ich dachte, wenn der große Sieger

auf seinem Zug zurück nach diesem Krieg,

den Blick über besiegte Landschaft

und ihre Schönheit schweifen lässt,

dann soll doch nicht ein nackter Mann

und all der Schmutz die Aussicht ihm verleiden.

Daher befahl ich meinen Knechten

das Kreuz schnellstmöglich zu entfernen.


Antonius: Und hast du es entfernt?


Späher: Ich wollte keinen Fehler machen,

denn die bestimmt gerechte Strafe,

die diesen Mann dort büßen lässt,

sie gilt ja auch in deinem Namen:

So dachte ich, ich frage selber,

was du, oh Caesar, lieber willst.

Zu klein bin ich,

um selbst in deinem Namen zu entscheiden.


Caesar: Auch wenn ich deine Worte kritisch prüfe,

so ist da nichts, das mir nicht lauter schien.

So wünsch ich mir den Legionär,

der selbst ganz unten in der langen Kette,

das Selber-Denken nicht vergisst,

denn längst nicht alles regelt der Befehl,

was Treue so natürlich machen lässt.

(zu Antonius) Was meinst du, als mein guter Freund,

wie soll ich hier entscheiden?


Antonius: Du sagtest doch, dir sei'n die Felder öde.

Vielleicht ist dies ein kleiner Zeitvertreib.

Wir könnten ja den nackten Mann

an Seile und an Pferde spannen,

die allesamt dann kräftig ziehen,

bis Blut auf alle runterregnet.


Caesar: Und du, du sprachest doch von süßen Tönen

und willst dann doch den nackten Mann

in Arm und Bein und Rumpf zerreißen.

Ich hebe mir mein Urteil auf,

doch reizt es mich,

das Kreuz doch einmal selbst zu sehen.

(zum Späher) Ich danke dir für deinen treuen Dienst,

mein Legionär,

und ja, berechtigt war die Frage.

So lasse ruhig unberührt,

das Kreuz an unsr'em Wegesrand

und folge weiter deinen Pflichten



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Kommentare zu diesem Text


 Graeculus (08.07.23, 18:13)
Ein interessanter Versuch, und gut umgesetzt obendrein. Die alte Geschichte in einer neuen Version erzählt. Das lese ich gern.
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