Caesar - Akt II

Tragödie

von  autoralexanderschwarz


Zweiter Akt



2. Akt – 1. Szene


Brutus zuhause, langsam auf- und abgehend, Portia sitzt an der Seite und betrachtet ihn


Portia: Seit Stunden gehst du jetzt schon auf und ab,

doch sagst mir nicht, was dich im Innern so bewegt,

dass es dich ständig durch die Stube treibt.

Die Sorgen lese ich auf deiner Stirn,

doch leider, leider gibst du mir kein Wort.

So weiß ich nur, was meinen Brutus quält,

muss furchtbar sein und dabei spüre ich,

dass etwas Tiefes dich bewegt.


Brutus: Du bist mein Weib, du kennst mich wohl,

doch legst du viel zu viel Bedeutung

in deines Mannes Sorgenfalten.

Die Politik ist immer kompliziert

und immer gibt es dabei viele Sorgen.


Portia: Wenn etwas dich in Sorgen stürzen kann,

dann sind ganz Andre schon daran verzweifelt.

Wohl kenn' ich meinen Brutus gut.

Gerade dies raubt mir dabei die Ruhe.


Brutus: Du weißt, es ist zum Wohle Roms,

dass ich nicht freier sprechen kann.

Du weißt, es mangelt mir nicht an Vertrauen,

doch manches Wort wiegt allzu schwer,

um es so einfach auszusprechen.


Portia: Was du nicht auszusprechen magst,

das sag' mir doch im Bilde.

So manches offenbart sich erst,

wenn man das große Ganze sieht.

Geheimnisse verrat mir nicht,

ich wollte sie nicht tragen,

doch was mein Brutus dabei fühlt,

das solltest du mir sagen.


Brutus: Im Bild gesprochen ist es leichter,

da kann man an den Worten feilen.

Portia: So sprich, mein lieber Brutus.


Brutus: Mir ist als hätte ich zwei Söhne,

die beide mir nur Ehre brachten.

Und beide liebe ich so sehr,

dass ohne den geringsten Zweifel

ich freudig für sie sterben würde.


Portia: So kenn' ich meinen Brutus.


Brutus: Doch dann passiert das Schreckliche,

sie werden sich einander Feind

und vor den Augen ihres Vaters

beginnt ein Kampf auf Tod und Leben.

(zu sich selbst) Das ist es, ja so spür ich ihn,

den Dorn in meinem Herzen.

(zu Portia) Im Kolosseum kreuzen sich

dann endlich ihre Waffen

und während all die Menschen schrei'n

und Blüten auf sie regnen,

da bebt das Herz des Vaters

ohne jede Ruh'.

So steh' ich da, so fühle ich,

denn einer meiner beiden lieben Söhne

wird dort im Sand verbluten.


Portia: Ich danke dir für dieses Bild,

auch wenn es mich erschaudern lässt.

Nun weiß ich, wie mein Brutus fühlt,

doch habe eine Frage.

Die Beiden, die von einem Blute

und einem Vater aufgezogen:

Was treibt sie denn nur aufeinander?

Warum müssen sie kämpfen?


Brutus: Das ist es wohl, das ist die Frage,

die ich mir immer wieder stelle,

die meine Stirn in Falten wirft:

Warum müssen sie kämpfen?

Wie immer dringst du auf den Kern.


Ein Diener betritt den Raum.


Diener: Es warten Männer vor den Toren.


Brutus (zum Diener): Lass sie herein und führe sie

nach rechts in meine Räume.

(zu Portia) Das ist die Frage, über die wir sprechen.

Auch And're treibt es um wie mich.

Es sind nicht nur meine Söhne.

Ich denke, es wird eine lange Nacht.

Portia: Ich werde auf dich warten.





2. Akt – 2. Szene


Zimmer des Brutus, Senatoren


Brutus: Ich danke euch, dass ihr gekommen,

selbst noch zu dieser späten Stunde.

Und wäre alles nicht so bitter ernst,

so hätte ich euch nicht damit beschwert.


Longinus: Was Brutus sagt, gilt auch für mich,

ich möchte euch begrüßen,

so manchen von euch sah ich ja

schon eine Weile nicht.


Cicero: Mir kommt das alles ungewöhnlich vor,

der kleine Kreis zu später Stunde.

Ich zweifle nicht an eurer Ehre,

doch scheint ihr mir an diesem Orte

so anders als im Tageslicht.


Trebonius: Wohl sind wir nur ein kleiner Kreis,

doch was wir wollen, ja das ist
im Herzen aller Römer.

Denn unser Rom ist eine Republik!

So viele sind für diesen Traum gestorben.


Cicero: Rom ist doch eine Republik.


Longinus: Und doch weißt du, wie er es meint.


Cicero: Es ist das eine, etwas auszusprechen,

was manchen in Bedenken treibt,

doch Ort dafür ist nun mal der Senat,

im Tageslicht, im Herzen Roms,

da mag ich mit dir diskutieren,

doch diese Zeit wirft einen langen Schatten,

auf alles, was noch mit ihr kommen mag.

Brutus: Du kennst uns wohl, weißt, dass die Liebe

zu Rom uns hier zusammenführt.

Ich geb' dir Recht, die Zeit wirft ihren Schatten,

doch ist sie auch diejenige, die drängt,

Die Leute rufen es schon auf den Straßen,

Caesar ist Rom und Rom ist Caesar“.


Trebonius (leise): Rom ist nicht Caesar.

Als würde jemand einen Fisch

nach einem Teich bezeichnen.


Cicero: Dir fehlt wohl etwas der Respekt.

Die Leute rufen immer nur,

das, was man ihnen sagt.

Und Caesar würde es wohl nicht gefallen,

dass du ihn hier mit einem Fisch vergleichst.


Longinus: Verzeih' Trebonius den Wein,

den er zuvor getrunken.

Wir alle fühlen uns nicht wohl,

wir alle lieben Caesar.

Das ist gerade das Problem.

Cicero: Ich deute viele kleine Zeichen

und wenn du sagst,

dass eure Liebe

zu Caesar das Problem darstellt,

dann schreckt mich,

was noch kommen mag.

Ich zweifle nicht an eurem guten Willen,

doch fühle ich, dass dieser Pfad

nicht der ist, dem ich folgen werde.

Das ist mir alles zu verschlungen.

Ich gehe lieber früher.


Brutus: Verlass jetzt nicht im Zorn mein Haus.


Cicero: Ich zürne nicht, ich weiß ja um die Schwere,

die da auf euren Schultern ruht.

Verzeiht mir nur, wenn ich die Last

nicht teilen kann,

nicht will.

Ich gehe lieber früher

als zu spät.

Und wenn mich irgendjemand fragt,

bin ich nie hier gewesen.


Cicero verlässt den Raum.




2. Akt – 3. Szene

Zimmer des Brutus, Senatoren


Longinus: So sind wir also endlich unter uns,

nun ist es ernst und darum frage ich:

Will jemand noch den Saal verlassen?

Es ist, wie Cicero es sagte,

danach, da ist es dann zu spät.


Zwei weitere Senatoren erheben sich und verlassen leise den Raum.


Brutus: Auch ihr seid niemals hier gewesen.

(zu den Anderen) Das also ist der letzte Wall,

das Herz der Republik.

Nun also sprechen wir es aus.

Noch niemand hat es laut gesagt:

Ein Caesar lässt sich nämlich nicht verbannen.

Trebonius: Man wird nicht ohne Blut auskommen.

Longinus: Jetzt ist es raus. Ich hatte nicht den Mut,

um es so laut zu sagen.

Wir reden hier ja nicht von Politik.

Wohl mag es Gründe geben, die uns zwingen,

doch wer vermag es diesen Dolch

in Vaters Brust zu rammen.

Wer will, dass für die Welt von morgen

der eig'ne stets beschützte Ruf

nun der des Vatermörders ist.

Wir all steh'n in Caesars Schuld,

denn wir sind mit ihm groß geworden.


Trebonius: Das mag wohl sein, doch solch ein Dolch,

der ließe sich auch kaufen.

Nicht alles muss man selber machen.

Brutus: Auf jeden Fall darf es nicht sein,

dass irgendein gedrung'ner Mörder,

den Feldherrn, der so viele Schlachten schlug,

den Menschen, der ein Leben lang,

den Feinden Roms die Stirn geboten,

von hinten in den Rücken sticht.

Denn jemand, der den Vater nicht mehr ehrt,

den schimpfe ich als Vatermörder,

denn dieser tötet seinen guten Ruf.

Das kann nicht das sein, was wir wollen.


Casca: Es sollte irgendwo passieren,

wo Caesar uns're Tat versteht.

Er soll nicht glauben,

dass wir seiner zürnen.

Auch wenn der Caesar sterben muss,

so will ich ihn bevor er geht,

noch einmal fest umarmen.


Ruga: Es darf auch nicht in seinem Haus passieren,

auch ich will ihm mit einem festen Blick

in seine Augen Abschied sagen.

Dann weiß er, dass er um die Seinen

sich keine Sorgen machen muss.


Brutus: Ich fühle es genau wie ihr

und weiß, es gibt nur einen Platz,

der Caesars Blute würdig wäre:

Im Tageslicht, im Herzen Roms,

da soll er dann sein müdes Haupt

auf heiligem Boden betten.


Senatoren: So sei es.


Trebonius: Du meinst, er sterbe im Senat?

Auch mir scheint dies ein guter Ort zu sein.

Es ließe sich dort arrangieren.


Longinus: So sei es dann, doch das, was bleibt,

ist noch die letzte, schwerste Frage.

Wer von uns führt denn nun den Dolch?

Wer ist so kalt im Innern?


Brutus: Verzeih, Longinus, aber diese Frage

die ist ja gänzlich falsch gestellt.

Nicht Kälte fordert es, nur Wärme,

für diesen letzten, harten Schritt.

Wir alle, die wir hier nun sitzen,

wir sind schon Teil an diesem einen Mord.

Wir alle führen diese Klinge,

doch nur wer sie dann wirklich hält,

kann garantieren,

dass sie so sanft wie möglich schneidet.

Casca: Da hast du Recht, mein lieber Brutus,

das Schlimmste ist ja schon gescheh'n,

denn auch wenn nur das Wohl von Rom

den Anlass unsr'er Tat bestimmt,

so fühlt es sich doch an wie ein Verrat.

Ein Dolch bleibt halt ein Dolch,

wird nicht zum Schwert.


Ruga: Ich tu's, ich bin bereit.

So soll es meine Klinge sein

und uns're.

Longinus: Nun schäme ich mich meiner Worte,

wir sind nicht und wir war'n nie kalt.

Ich tu's. Ich habe mich besonnen.


Trebonius: Nun will auch ich nicht hinten steh'n!


Brutus: Wir alle tun's, es soll nicht heißen,

dass dieser oder jener stach.

Ihr alle kennt ja die Legenden,

in denen unbesiegte Helden

durch Zwietracht in der Heimat sterben.

Das ist nicht das, was wir hier wollen,

das ist es ja nicht, das uns treibt.

Wenn Caesar fällt, so soll es heißen,

dass es ein Kreis von Männern war,

dass seine Freunde und Vertrauten,

dass der Senat der Mörder war,

dass somit Rom, das unbestritten,

dem Menschen Caesar dankbar ist,

in Notwehr den Tyrannen selbst erschlug,

der sich in Caesar noch verbarg;

denn ohne diesen bösen Dämon,

der sich gelegentlich schon zeigt,

da wäre ich für meinen Caesar,

da wär ich ohne Reu' gestorben.


Casca: So tun wir's, tun wir es gemeinsam.


Mehrere Senatoren: So sei es.


Brutus: Dann alles Weit're später

.



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Kommentare zu diesem Text


 Teichhüpfer (18.06.24, 21:20)
Die Leute sind an Dekadenz kaputt gegangen. Das ist so fast, wie mit den ganzen Hochkulturen.

 autoralexanderschwarz meinte dazu am 19.06.24 um 22:41:
Dann sind auch wir wohl nicht davor gefeit,
denn dekadent, das sind wir allemal.
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