Großvaters Geheimnis

Gedicht

von  Janna



Wie sehr mich deine Kammer faszinierte;
der Lieblingsplatz befand sich unterm Dach.
Ich lernte dort Canasta, später Schach
auf einem Holzbrett, das den Schreibtisch zierte.
Dahinter stand die Adler-Schreibmaschine,
direkt daneben hing die Violine.

Die Bücherborde bogen sich ob ihrer Lasten;
Herrn Ludwigs Büste schmückte das Klavier.
Ein grünes Etwas war halb Mann, halb Stier.
Am Fenster stand verstaubt der Geigenkasten
und – nur für mich – die kleine Eichenbank,
auf der ich saß. Doch dieser schmale Schrank,

der mich so int’ressierte, blieb verschlossen.
Wie sehr ich schmeichelte und innig bat,
die Antwort war stets gleich: „Kommt Zeit, kommt Rat.“
Das hat mich kleines Mädchen oft verdrossen.
Doch gleich fing Opa an, zu fabulieren
von Hexen, Drachen und diversen Tieren.

Die Jahre gingen hin. Der Abschied kam
und brachte jener Unbeschwertheit Wende.
Es fiel ein Schlüsselbund in meine Hände,
den ich aus Neugier mit in Opas Zimmer nahm.
Der Schrank sprang auf. So wurde offenbar,
dass er ein passionierter Dichter war.


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Kommentare zu diesem Text


 uwesch (03.09.23, 11:56)
Sehr schöner Text mit vielen kreatven Elementen :)
LG Uwe

 Janna meinte dazu am 03.09.23 um 15:48:
Hallo Uwe,

das freut mich, herzlichen Dank!

Liebe Grüße

Janna
Teolein (70)
(03.09.23, 12:17)
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 Janna antwortete darauf am 03.09.23 um 15:47:
Hallo Teo,

vielen Dank! 

Liebe Sonntagsgrüße

Janna

 plotzn (03.09.23, 12:54)
Dann wurde es Dir also schon in die Wiege gelegt, Janna.

War bestimmt sehr spannend, die Gedichte des eigenen Großvaters zum ersten Mal zu lesen...

Liebe Grüße
Stefan

 Janna schrieb daraufhin am 03.09.23 um 15:45:
Hallo Stefan,

den ersten Gedichtband schrieb er in Kurrentschrift, die anderen zum Glück auf der oben beschrieben Schreibmaschine. Aber die handgschriebenen haben natürlich etwas sehr Persönliches. Hier eines auf der Rückseites eines Bildes seiner Mutter, also meiner Uroma, die ich leider nie kennenlernte.


Antwort geändert am 03.09.2023 um 15:46 Uhr

 Dieter Wal äußerte darauf am 03.09.23 um 22:21:
Mit diesem hattest Du großes Glück. Mein mütterlicher Großvater erinnert mich an Deinen. Doch der schrieb bedauerlicherweise keine Gedichte.

Antwort geändert am 03.09.2023 um 22:36 Uhr

 Janna ergänzte dazu am 03.09.23 um 22:27:
Hallo Dieter,

in der Tat. Ein großes Glück, ihn gehabt zu haben. Er hat mir so vieles vermittelt, er hat mich gefördert, wo er nur konnte. Ich denke heute, dass er die wichtigste und beste Person in meinem Leben war.

Danke dir und Grüße

Janna

 Dieter Wal meinte dazu am 03.09.23 um 22:35:
Ein großes Glück, ihn gehabt zu haben. Er hat mir so vieles vermittelt, er hat mich gefördert, wo er nur konnte. Ich denke heute, dass er die wichtigste und beste Person in meinem Leben war.
Das verhielt sich bei meinem genauso. Außer ihm äußerst introvertiertes Familienumfeld. Selbst seine Frau, meine Großmutter mütterlicherseits, tat sich schwer mit Kommunikation.

Antwort geändert am 03.09.2023 um 22:50 Uhr

 plotzn meinte dazu am 04.09.23 um 12:21:
Hallo Janna,

handschriftlich verfasste Gedichte haben natürlich noch mehr Flair und das Entziffern der Kurrentschrift gibt dem Ganzen noch etwas Geheimnisvolles. Bei alten Schriftstücken meines Vaters und Großvaters ist mir das gelungen (wenn auch mühsam), bei dem Gedicht oben leider nicht.

Liebe Grüße
Stefan

 plotzn meinte dazu am 04.09.23 um 12:21:
Hallo Janna,

handschriftlich verfasste Gedichte haben natürlich noch mehr Flair und das Entziffern der Kurrentschrift gibt dem Ganzen noch etwas Geheimnisvolles. Bei alten Schriftstücken meines Vaters und Großvaters ist mir das gelungen (wenn auch mühsam), bei dem Gedicht oben leider nicht.

Liebe Grüße
Stefan

 Janna meinte dazu am 09.09.23 um 06:02:
Hallo Stefan,

dieses Gedicht schrieb er auf die Rückseite eines Bildes seiner Mutter, es ist sehr klein geschrieben und deshalb sehr schwer zu entziffern.
Vielen Dank für deinen Kommentar und liebe Grüße

Janna
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