Gutschrift

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von  Mondscheinsonate

385 Euro Gutschrift, Fernwärme Wien, nun, nachdem ich im Dezember diesen Betrag wieder bezahlen muss, heize ich zwei Monate gratis, was auch nicht richtig ist, denn ich habe es ja das ganze Jahr zu viel bezahlt, dennoch, die kleine Frau freut sich über solche Dinge. Das Leben kostet sowieso schon so viel. 

Erfreut sehe ich, dass wir Multimediastudenten uns erfolgreich durchgesetzt haben, die Vorlesung "KI in der Rechtsanwendung" ist nun auch für uns abrufbar und nicht nur für Präsenzstudenten. Wenn ich ganz ehrlich bin, so habe ich das Thema bis dato erfolgreich gemieden, weil es mich nervte; alles, was gehypt wird, vom Buch zur KI nervt einfach nur. Auch Themen, die schon 80 mal durchgekaut wurden, nerven. Aber, man kommt nicht aus, Willkommen im Jahr 2023, mitgehen oder zurückbleiben, die Wahl hat man selbst. Ich entscheide mich für das Mitgehen. 

Viel zu tun, abgesehen davon, dass ich ein Mega-Urteil abgeschickt habe, wieder etwas erledigt, sind sieben Stunden "Rechtspsychologie", sechs Stunden "Finanzverfassung", vier Stunden "Personal der Verwaltung" und acht Stunden "Aktuelle Fragen der Landespolitik" anzusehen. Habe ich etwas vergessen? Ja, zwei Stunden "Europarecht" und zwei Stunden "Gender Studies, Antidiskriminierungsrecht" sowie drei Stunden "Erkenntnisverfahren", alles mit höchster Konzentration. 

Aber, jetzt ist genug! Mein Tag beginnt daher auch am Wochenende um fünf Uhr Früh, geht durch bis 23 Uhr. Daher verzeihe es man mir bitte, wenn meine Geduld manchmal dünn ist, ich arbeite "nebenbei" 40 Stunden. 

Gestern sah ich, als ich meine Erbtante besuchte, sie begrüßte mich mit:"Willkommen in deiner Wohnung!" Am Kohlmarkt! Das ist, im Normalfall, unbezahlbar, wer denkt, das sei "gratis", der irrt, denn die Betriebskosten werden später neu berechnet, das wird ein Vermögen ausmachen, jedoch "Du kannst es dir dann leisten!" Kann ich? Ich kann es nicht glauben, noch immer nicht, also ich sah auf den Louis Vuitton runter, da standen die Schlangen vor dem Store, mir grauste. Mir graust immer vor diesen Schlangen, die sich anstellen, um Nobles zu kaufen.

Als der Krieg in der Ukraine begann, standen die riesen SUVs in zweiter Spur, man wies die Parksheriffs an, Autos mit ukrainischen Kennzeichen nicht zu strafen, jawohl, so war das, sie standen also in zweiter Spur, um sich dann beim Louis Vuitton oder Gucci in die Schlange zu stellen, ich spare mir ein Schimpfwort, denke es nur, während die arme Bevölkerung nicht wusste wohin. Aber, vom Krieg in der Ukraine redet hier keiner mehr, jetzt ist Israel up-to-date, ja, richtiger Ausdruck, die Regierung und die Medien geben brav vor, was wir denken sollen und mit wem wir uns solidarisieren müssen. Soll so sein, die Judengasse samt Synagoge ist nun doppelt bewacht. 

Ich sah hinunter auf den Demel, lachte, sagte:"Da werde ich dick werden!" Da sagte sie: "Untersteh dich!"

Tja, in der Wohnung muss man alles renovieren, die Tante lebte in der Altsteinzeit, ein paar Biedermeierkommoden sind entzückend, aber der Sanitärbereich und die Küche fallen in die Kategorie "ungustiös". Ich sagte: "Wieso lebst du so? Du kannst es dir leisten, zumindest ein neues Bad wäre doch angenehm!" Sie schüttelte den Kopf. Ich sagte: "Geiz ist nicht geil, Tante."

Sie soll aber 110 werden und wenn sie so leben will, soll sie, anscheinend hat sie das Museale gern. 

Was drin bleibt, das ist auf jeden Fall die große Bibliothek, genauso wie sie da steht. So viele Bücher! Alle vom Großonkel. 

Nun ja, zurück in 50 qm² Bescheidenheit und wohliger Gratiswärme. Ich werde mich jetzt mit der KI beschäftigen und danach noch mit Hobbes. Die Vorlesung "Verwaltungs-und Verfassungsgeschichte I" habe ich vergessen zu erwähnen. 

Im Übrigen glaube ich, dass man in solch' monströsen, musealen Wohnungen automatisch alt und verstaubt wird. Aber, fad wird einem nicht, man hat immer was zum schauen und wenn ich den Blick nach rechts drehe, sehe ich die Hofburg. 



Anmerkung von Mondscheinsonate:

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