Krieg und Frieden, das Resümee

Kritik zum Thema Abschied

von  Mondscheinsonate

Was soll ich sagen, ich bin das erste Mal etwas ratlos. Wenn man über 60 Stunden seine Zeit mit den Protagonisten eines Buches verbringt, tut man sich ein wenig schwer, irgendetwas  wirklich Negatives zu schreiben oder sagen, außer es wäre gänzlichster Horror gewesen.
So muss ich das gar nicht, außer über Pierre, der mich zutiefst nervte, aber das tat ich bereits kund, ich beschränke mich also auf Tolstoj, dessen Zwischengeschwafel nicht und nicht aufhören wollte und seine europäischen, insbesondere russischen Ausführungen, versteckt unter dem Mantel der Objektivität durch das klassische "man denkt" in den Sätzen, das nur ein "ich denke" bedeutete, war derartig unerträglich, nicht einmal interessant, dass es beinahe schade ist um die wunderbare, plastische Erzählung. Sein oder besser mein Pech ist, dass ich diese Epoche in Rechtsgeschichte äußerst gut gelernt habe und nicht unwissend an die Geschichte ging, so ist alles viel zu patriotisch, wenngleich auch ein Versuch darin lag, den Franzosen doch noch einen großen Respekt zu zollen. Vorallem, dieses "die Geschichten über Kutusow wurden überall falsch erzählt, nur ICH weiß, wie toll er nicht war!", er der wahre Kenner, nervten. Gleichzeitig beschrieb er Kutusow in jeder Szene als behäbigen alten Mann mit einem Auge, den eigentlich nichts anging. Lassen wir das, meiner Ansicht nach kann man davon ausgehen, dass die Wahrheit in der Mitte liegt, denn Geschichte wird von den Siegern geschrieben.
Das Leid und Elend sah man stets vor Augen, die Beschreibungen des Krieges waren nicht zu übertreffen, besonders gut waren die Einzelschicksale hineingewebt, so berührten mich der Tod Petjas, Pjotr Rostow, ganz enorm, er war schließlich noch ein ungestümes, halbes Kind und die Hinrichtung Platóns sehr, besonders auch, als das Hündchen wieder Anschluss zu den Gefangenen fand, einzelne Szenen sehr eindrucksvoll und berührend geschildert.
Alle, die ich gerne hatte, starben, was im Krieg zu erwarten war und dennoch ins Mark gingen.
Nun, ich bin so eine Leserin oder Zuhörerin, die sich bildlich einnistet und zutiefst traurig ist, wenn die Geschichte ein Ende findet, da brauche ich dann immer ein Weilchen bis ich wieder in der Realität angekommen bin.
Fazit: Streicht man Tolstojs historische Ausführungen (und Pierre), dann ist es wahrlich ein Meisterwerk der Weltliteratur.
Ich werde es vermissen.

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Kommentare zu diesem Text


 AchterZwerg (01.05.21)
Die Schwierigkeit liegt auch darin, dass nach einem solchen Buch vieles schal erscheint.
Was ist beispielsweise "Sturm der Liebe" gegen (na du weißt schon) ... :D
Ich selber lese gerade wieder mal die "Aufzeichnungen aus einem Totenhaus" - die passen schon vom Titel her super in die Jetztzeit.

[An den Russen fällt mir ohnehin auf, dass die einfach nicht älter werden ...]

Liebe Grüße
der8.

Du hast uns übrigens auf eine spannende Reise ins Innere des Romans und auch in deines mitgenommen. :):)

 Mondscheinsonate meinte dazu am 01.05.21:
Lieb!!!!
Heute beginne ich die Karamasows zu hören. Die Aufzeichnungen liegen hier vor mir. :)

 FRP (01.05.21)
Du solltest nun noch Sergej Bondartschucks Vierteiler aus den 60er Jahren schauen. Dann wird Dir der Pierre im Buch noch richtig symphatisch, wenn Du ihn, von Bondartschuck höchtselbst gespielt, im Film siehst. Der Film ist trotzdem gut, die amerikanische Verfilmung dagegen Kitsch.

 Mondscheinsonate antwortete darauf am 01.05.21:
Soll ich dir was sagen? Ich werde das machen.

 Dieter_Rotmund (01.05.21)
Da MUSS in die ersten einzwei Sätze rein, WAS für ein Buch das ist, sonst ist's blöd.

 Mondscheinsonate schrieb daraufhin am 01.05.21:
Das sagt doch die Überschrift, dachte ich.

 Dieter_Rotmund äußerte darauf am 02.05.21:
Neee, das ist zu wenig.

P.S.: Dostojewski ist klasse, aber den Tolstoi-Schinken habe ich nach wenigen Seiten abgebrochen. Respekt vor deinem Durchhaltevermögen, Ich lese derzeit Emile Zola: "Germinal".

 Mondscheinsonate ergänzte dazu am 02.05.21:
Nein, da gehen wir nicht konform, weil ich Krieg und Frieden gut als Buch auseinandergesetzt habe und nun zum Ende kam. Da musst du Nachsicht haben, dass ich nicht wieder das Buch als solches erklärt habe und außerdem sind hier zu 99 Prozent Leseratten, die aus dem Titel den Inhalt erschließen können.
Nun, da hast du aber etwas versäumt, denn es war großartig.

 Dieter_Rotmund meinte dazu am 02.05.21:
Ein bisschen Redundanz schadet nicht und der Leser dankt.

 Mondscheinsonate meinte dazu am 02.05.21:
Ich nehme zur Kenntnis, dass du im Recht bleiben möchtest.

 Dieter_Rotmund meinte dazu am 02.05.21:
Schuldig, euer Ehren.
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