Eine Empfehlung und eine Bitte
Schauspiel zum Thema Schuld
von Graeculus
Anmerkung von Graeculus:
Der Film ist in der arte Mediathek bis zum 30. Mai aufrufbar. Sollte sich jemand angeregt fühlen, ihn anzusehen, wäre ich für den Versuch einer Deutung der Schlußszene dankbar.
Kommentare zu diesem Text
Es gilt zu bedenken, dass uns kulturell Dinge von Japan trennen. Das betrifft besonders Kleinigkeiten, die uns entgehen bzw. deren Deutung uns schwer fällt (im besten Fall). Zieht man dann noch in Betracht, dass jede Kultur nicht starr und homogen, sondern fluid und beeinflussbar ist, können wir ganz schnell mit unserem Latein (oder Deutsch oder Japanisch) am Ende sein.
Kennst Du den Film?
Die Schlußszene scheint anzudeuten, daß die Chauffeurin in den Kreis um den Regisseur, die stumme Schauspielerin und deren Mann dergestalt aufgenommen worden ist, daß sie das Auto fährt, in Begleitung des Familienhundes. Aber handelt es sich tatsächlich um dieses Auto? Es hat eine andere Nummer. Und ist es wirklich derselbe Hund? Oder hat sie sich das gleiche Auto gekauft und ebenfalls einen Hund zugelegt?
Das sind ja zwei unterschiedliche Bedeutungen. Ich sehe nicht, daß das etwas mit spezifischen Eigentümlichkeiten der uns oft fremden japanischen Kultur zu tun hätte.
In dieser Hinsicht war ich lediglich dadurch überrascht, daß in Japan Linksverkehr die Norm ist, das Auto aber sein Lenkrad links hatte, wie bei uns.
Die Schlußszene scheint anzudeuten, daß die Chauffeurin in den Kreis um den Regisseur, die stumme Schauspielerin und deren Mann dergestalt aufgenommen worden ist, daß sie das Auto fährt, in Begleitung des Familienhundes. Aber handelt es sich tatsächlich um dieses Auto? Es hat eine andere Nummer. Und ist es wirklich derselbe Hund? Oder hat sie sich das gleiche Auto gekauft und ebenfalls einen Hund zugelegt?
Das sind ja zwei unterschiedliche Bedeutungen. Ich sehe nicht, daß das etwas mit spezifischen Eigentümlichkeiten der uns oft fremden japanischen Kultur zu tun hätte.
In dieser Hinsicht war ich lediglich dadurch überrascht, daß in Japan Linksverkehr die Norm ist, das Auto aber sein Lenkrad links hatte, wie bei uns.
Ansonsten habe ich eigentlich schon den Eindruck, das Wesentliche am Film zu verstehen: die Eifersucht und Verletztheit des Ehemanns, das mißhandelte Kind ... und den "Onkel Wanja" sowieso.
Vorher hatte der Regisseur übrigens Becketts "Warten auf Godot" inszeniert, was wir zu Anfang sehen.
Da liegt der Akzent nicht auf kulturellen Unterschieden - ohne deren Existenz zu leugnen.
Vorher hatte der Regisseur übrigens Becketts "Warten auf Godot" inszeniert, was wir zu Anfang sehen.
Da liegt der Akzent nicht auf kulturellen Unterschieden - ohne deren Existenz zu leugnen.
Eine meiner Lieblingsbands kommt aus Japan und singt auch Japanisch. (Japanische Musiker*innen haben den internationalen Markt selten im Auge.) Dank dem Internet finde ich viele Übersetzungen. Aber dennoch erschließt mich der Sinn zuweilen nicht, weil japanische mythologische Figuren, popkulturelle Erscheinungen etc. vorkommen. Wenn dann etwas noch mehrerer Bedeutungen haben kann, wird es echt schwierig. Ganz davon abgesehen, dass es Tabus in der japanischen Kultur gibt, die wir gar nicht kennen.
Darum und aus anderen Gründen - sollte man auch nicht glauben, ein Film im Original mit Untertitel würde einen näher an die Bedeutung bringen. Gerade weil Sprache ja auch Kultur ist und wenn man die nicht kennt, wars das.
Darum und aus anderen Gründen - sollte man auch nicht glauben, ein Film im Original mit Untertitel würde einen näher an die Bedeutung bringen. Gerade weil Sprache ja auch Kultur ist und wenn man die nicht kennt, wars das.
können wir ganz schnell mit unserem Latein (oder Deutsch oder Japanisch) am Ende sein.
Es ist klar, daß wir einen japanischen Film nicht so verstehen können, wie ein Japaner ihn versteht.
So wird z.B. das Wort (des Pendant für) "ich" in Japan ganz anders verwendet als bei uns. Und im Film glaube ich zu bemerken, daß es verschiedene Wörter gibt, die in den Untertiteln als "ja" wiedergegeben werden.
Dennoch habe ich nie den Eindruck, etwas grundsätzlich nicht zu verstehen ... außer bei der allerletzten Szene, und ich hoffe, daß mir bei ihr jemand behilflich sein kann.
Übrigens ist der Film ja für den internationalen Markt produziert, weshalb ich vermute, daß Hamaguchi nichts für Nicht-Japaner völlig Unverständliches eingebaut hat.
Vielleicht bedeutet das Fremdgehen der Frau für einen japanischen Mann nicht exakt dasselbe wie in unserer Tradtion (die heterogen genug ist), aber grundsätzlich verstehe ich das schon.
Vor allem: Bei mir springt der von Kardamom angesprochene Funken über.
So wird z.B. das Wort (des Pendant für) "ich" in Japan ganz anders verwendet als bei uns. Und im Film glaube ich zu bemerken, daß es verschiedene Wörter gibt, die in den Untertiteln als "ja" wiedergegeben werden.
Dennoch habe ich nie den Eindruck, etwas grundsätzlich nicht zu verstehen ... außer bei der allerletzten Szene, und ich hoffe, daß mir bei ihr jemand behilflich sein kann.
Übrigens ist der Film ja für den internationalen Markt produziert, weshalb ich vermute, daß Hamaguchi nichts für Nicht-Japaner völlig Unverständliches eingebaut hat.
Vielleicht bedeutet das Fremdgehen der Frau für einen japanischen Mann nicht exakt dasselbe wie in unserer Tradtion (die heterogen genug ist), aber grundsätzlich verstehe ich das schon.
Vor allem: Bei mir springt der von Kardamom angesprochene Funken über.
Was mir noch ein- bzw. auffällt: Der Regisseur des Films macht zum Protagonisten einen Theaterregisseur, den nacheinander zwei europäische Stücke inszeniert: "Warten auf Godot" und "Onkel Wanja". Er hat also selbst keine Berührungsängste.
Und dann noch - das merke ich gerade: Beide Stücke antworten, etwas unterschiedlich, auf dieselbe Frage:
- Sonia: "Wir müssen weiterleben."
- Wladimir: "Morgen hängen wir uns auf. Pause. Es sei denn, daß Godot käme."
Und dann noch - das merke ich gerade: Beide Stücke antworten, etwas unterschiedlich, auf dieselbe Frage:
- Sonia: "Wir müssen weiterleben."
- Wladimir: "Morgen hängen wir uns auf. Pause. Es sei denn, daß Godot käme."
Japaner haben wenig Berühringsängste mit europäischer und amerikanischer Kultur. Die mögen diese sogar. Ihre eigene Kultur schätzen sie ausserdem. Das ist kein Widerspruch.
Davon gehe ich aus. Gemeint war meine Bemerkung als Antwort auf Trekans Bedenken. Sie sind nicht ganz unberechtigt, halten aber weder Hamaguchi noch mich davon ab von einer interessierten Auseinandersetzung mit anderen Kulturen.
Wobei ich nochmals sagen möchte, daß "Drive My Car" kein hermetischer Film über Japan ist.
Wobei ich nochmals sagen möchte, daß "Drive My Car" kein hermetischer Film über Japan ist.
Trekan scheut ja ebensowenig zurück vor japanischer Kultur, er bevorzugt halt die Musik.
Was den Film betrifft, den habe ich jetzt, allerdings ist er sehr lang. Da muss ich ein Zeitfenster für finden.
Was den Film betrifft, den habe ich jetzt, allerdings ist er sehr lang. Da muss ich ein Zeitfenster für finden.
170 Minuten, ja. Es eilt ja nicht. Auch in einer Woche oder zwei werde ich mich noch an diesen Film erinnern.
Beachte nur: in der Mediathek bis zum 30.5.
DANKE
für diesen Tipp. Ich werde den Film sehen. Ich mag Japan sehr, ganz besonders die schrägen Künstler. Japanische Filme werden nicht so oft gezeigt.
für diesen Tipp. Ich werde den Film sehen. Ich mag Japan sehr, ganz besonders die schrägen Künstler. Japanische Filme werden nicht so oft gezeigt.
Dann bin ich gespannt, was Du zu der letzten Szene sagen wirst.
Ich kenne mich nur etwas in der Musik aus und da auch nur in Independent/Metal - Bereich. Dort ist es auffällig, dass viele japanische Bands westliche Einflüsse aufnehmen und mit ihrer japanischen Tradition verbinden. Dabei ist es oft auffällig, dass jene japanischen Musikmacher nicht solche "Genre-Nazis" sind, wie wir es im Westen zumeist gewohnt sind. Es wird bunt gemischt.
So ist die im Westen erfolgreichste japanische Band "Babymetal". Sie hat sehr viele Freunde hier - zu denen auch ich gehöre und ich habe sie auch schon zwei Mal live gesehen - aber auch richtig viele, die sie hassen. Neben durchaus vorhandenem Rassismus hat das auch damit zu tun, dass "Babymetal" Elemente von Black-, Death-, Melodic Death - und Speed Metal in ihren Songs mischt. Und z.B. gerade Die Hards des Black Metal nehmen ihre Musik oft viel zu wichtig und sind erbost, wenn jemand sich bei dessen Elementen bedient, aber nicht "den wahren Black Metal" verbreitet.
Nichtsdestotrotz hat Japan viele Jahrhunderte der Isolation hinter sich. Und auch wenn diese Zeiten schon fast 150 Jahre vorbei sind, ist da vieles noch prägend und hat sich unabhängig entwickelt. Darum kann sich das schon mal unserem Verständnis entziehen. Ist mir aber auch egal. Es gefällt mir einfach. Und die Meisten, die heute noch nach Bayreuth "auf den Hügel" rennen, verstehen den reaktionären Charakter von Wagners Werken ja nicht.
Ich persönlich finde diesen zum Teil wilden Mix von Kultur erfrischend, eben weil wir im Westen auf Geners zu oft zu viel Wert legen und jedes Genre auch gleich mit einer Wertung belegen. So haben bei uns nicht Wenige immer noch nicht verstanden, dass z.B. "Zeichentrick" bzw. Gezeichnete Geschichten nicht zwangsläufig etwas für Kinder sind.
So ist die im Westen erfolgreichste japanische Band "Babymetal". Sie hat sehr viele Freunde hier - zu denen auch ich gehöre und ich habe sie auch schon zwei Mal live gesehen - aber auch richtig viele, die sie hassen. Neben durchaus vorhandenem Rassismus hat das auch damit zu tun, dass "Babymetal" Elemente von Black-, Death-, Melodic Death - und Speed Metal in ihren Songs mischt. Und z.B. gerade Die Hards des Black Metal nehmen ihre Musik oft viel zu wichtig und sind erbost, wenn jemand sich bei dessen Elementen bedient, aber nicht "den wahren Black Metal" verbreitet.
Nichtsdestotrotz hat Japan viele Jahrhunderte der Isolation hinter sich. Und auch wenn diese Zeiten schon fast 150 Jahre vorbei sind, ist da vieles noch prägend und hat sich unabhängig entwickelt. Darum kann sich das schon mal unserem Verständnis entziehen. Ist mir aber auch egal. Es gefällt mir einfach. Und die Meisten, die heute noch nach Bayreuth "auf den Hügel" rennen, verstehen den reaktionären Charakter von Wagners Werken ja nicht.
Ich persönlich finde diesen zum Teil wilden Mix von Kultur erfrischend, eben weil wir im Westen auf Geners zu oft zu viel Wert legen und jedes Genre auch gleich mit einer Wertung belegen. So haben bei uns nicht Wenige immer noch nicht verstanden, dass z.B. "Zeichentrick" bzw. Gezeichnete Geschichten nicht zwangsläufig etwas für Kinder sind.
Gut mgl. das die Qualität japanischer Kultur auf die Langzeitisolation zurück geht. Sie hatten dadurch Gelegenheit, das noch so kleinste Detail zu Perfektion auszuentwickeln.
Gleichzeitig wuchs der Hunger auf das unbekannte, was die Aufnahmefähigkeit von neuem erklären könnte.
Gleichzeitig wuchs der Hunger auf das unbekannte, was die Aufnahmefähigkeit von neuem erklären könnte.
Ich habe den Eindruck, daß die Aufnahmebereitschaft für westliche Kultur auf das Scheitern im II. Weltkrieg zurückgeht. Sieger exportieren ja häufiger ihre eigene Kultur.
Aber das ist hier nicht so wichtig.
Aber das ist hier nicht so wichtig.
die liebten europäisches schon vor dem 2. Weltkrieg
Du meinst, zur Zeit der quasi-faschistischen Militärherrschaft vor dem 2. Weltkrieg? Ja, ich glaube, Du hast recht. Ich habe es zumindest von der deutschen Philosophie gehört.
... und noch davor fing es an. Musik, Literatur, Medizin, Mode, Haushaltsgeräte usw. seit der Öffnung war vieles europäische neu und beliebt.
Anders als in China anscheinend.
Wie das in China war, weiss ich nicht. China war als Kolonie arg gebeutelt, da wäre eine Abneigung verständlich, die konnten nicht so unbefangen sein.
Antwort geändert am 13.05.2024 um 07:32 Uhr