Narrative kann man nicht essen

Tagebuch zum Thema Entwicklung(en)

von  Jack

Dieser Text ist Teil der Serie  Zhuang Jack

Narrative kann man nicht essen. Neurotransmitter kann man nicht küssen.


Gestern bekam ich Input von zwei klugen Menschen, nicht bloß gut gemeint, sondern auch gut gemacht, aber:


1. Die Deutungshoheit über mein Lebensnarrativ hatte ich immer. Es war sogar das Einzige, was ich im Leben hatte. Vor Kokain.


2. Eine vielversprechende Therapiemethode (geht schnell und ist elektrisch) gegen rezidivierende schwere Depression würde, wie ein Antidepressivum, bloß das Stimmungsniveau anheben, aber niemals die Qualia zur Verfügung stellen, die ich auf Kokain erfahren habe.


Auf Kokain habe ich auch die Formel entdeckt, dass das Lebensglück ein Produkt aus Sinn und Lust ist: Glück ist Sinn mal Lust. 


Nochmal 1: Mein Leben hatte schon immer maximalen Sinn. Es fehlte "nur" die Lust.


Nochmal 2: Als ich kokainsüchtig war, gab ich mein Lebensnarrativ auf, der konsequenterweise den Suizid bedeutet hätte. Ich konnte den Suizid durch Lusterlebnisse immer höherer Art letztlich verhindern, aber da der Sinn immer wieder den Wert von Null erreichte, was das Glück nur episodisch.


6 Wochen nach dem letzten Kokainkonsum ist das Leben für mich ein Balanceakt zwischen einem unsicher gewordenen Narrativ und einer noch höheren, aber episodisch bleibenden Art von Lust, der unendlichen aber flüchtigen Freude am immanifesten Absoluten.


Mein derzeitiges Lebensnarrativ erlaubt keine Zielsetzungen. Und irgendwann werde ich wieder die wunderschönen Hände meiner Elfen und Feen sehen wollen, und zwar konkret sinnlich, ohne emotional kostspielige Vorstellungstechniken.


Hinweis: Der Verfasser wünscht generell keine Kommentare von Moppel und AndreasGüntherThieme.

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Kommentare zu diesem Text


 harzgebirgler (12.02.25, 11:01)
"Ein Zeichen sind wir, deutungslos,
Schmerzlos sind wir und haben fast
Die Sprache in der Fremde verloren.
Wenn nämlich über Menschen
Ein Streit ist an dem Himmel und gewaltig
Die Monde gehn, so redet
Das Meer auch und Ströme müssen
Den Pfad sich suchen. Zweifellos
Ist aber Einer. Der
Kann täglich es ändern. Kaum bedarf er
Gesetz. Und es tönet das Blatt und Eichbäume wehn dann neben
Den Firnen. Denn nicht vermögen
Die Himmlischen alles. Nämlich es reichen
Die Sterblichen eh an den Abgrund. Also wendet es sich, das Echo,
Mit diesen. Lang ist
Die Zeit, es ereignet sich aber
Das Wahre."

(Hölderlin, Mnemosyne)
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