Der alte Clown

Text

von  Alex



Der Clown stand vor dem Spiegel. Was für ein Schauspiel. Der Typ, der ihm entgegenblickte, war ein Witz. Ein verdammter Witz, der schon lange nicht mehr zum Lachen war. 


„Wie hast du es bloß so weit gebracht?“, fragte er sich, während er die Augen über das verblasste Gesicht zog, die Spuren von Jahren, in denen er versuchte, sich selbst zu überlisten, sich selbst zu entkommen.


Er hatte gelernt, mit dem Schmerz zu leben, ihn ganz tief in sich zu begraben, bis er nicht mehr wusste, was er noch fühlte. Und trotzdem war er immer wieder in die gleiche Falle getappt. Der Clown lachte, aber es war nicht wirklich lustig. 


Es gab diesen Moment, in dem er merkte, dass er sich selbst belog. Dass er sich in diese Rolle hineinsteigern musste – als der traurige Clown, der nicht wusste, wie man aus dem Zirkus ausbricht. Der schlaue Clown, der sich einredete, er sei der Rockstar, während er in Wahrheit bloß der Dussel war, der sich wieder und wieder seine eigene Lächerlichkeit vorhielt. 


Doch irgendwann, nach Jahren der Lüge, begann er, sich weniger zu hassen. Vielleicht war er schon ein bisschen weiser geworden, ein bisschen klarer. Doch auch in dieser Klarheit war da diese lähmende Erkenntnis: Der Zirkus war noch immer seine Welt.


Aber da war auch noch etwas anderes. Etwas, das er niemals zugelassen hatte. Eine Sehnsucht. Die Sehnsucht nach einem Leben ohne diese Masken, ohne die ganzen verdammten Schutzwälle, die er um sich gebaut hatte. Früher, als er ein Kind war, hatte er gelernt, diese Sehnsüchte zu unterdrücken. Es war gefährlich, sich nach etwas zu sehnen, das man nie bekommen würde. Besser, er rannte vor diesen Gefühlen davon, um nicht zu ersticken.


Jetzt stand er da, mit der Erkenntnis, dass er es nicht länger konnte. Dass er sich diesen Dämonen stellen musste, auch wenn er Angst hatte. Denn der Clown hatte gelernt, dass es nicht die Sehnsüchte waren, die ihn kaputtmachten, sondern das Ignorieren und Verdrängen dessen, was er eigentlich brauchte.


„Das Leben ist nicht nur Schmerz“, dachte er. „Und vielleicht ist es an der Zeit, dass ich aufhöre, vor dem Schmerz zu fliehen. Villeicht ist es Zeit, mir zu erlauben, mehr zu sein als ein alter, trauriger Clown.


Der Clown wusste, dass es nicht einfach war. Dass es verdammt hart werden würde. Aber eines hatte er gelernt: Es war nie zu spät, den Zirkus zu verlassen.


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