Asche

Text

von  Alex



Der Drink in meiner Hand schmeckt nach Asche. Oder nach der Kippe, die ich eben erst ausgedrückt habe. Vielleicht auch nach beidem. Irgendwo zwischen den letzten drei Zügen und dem ersten Schluck hat sich das alles vermischt.


Die Bar ist voll mit alten Säcken. Männer mit grauen Bärten, ledriger Haut und Augen, die zu viel gesehen haben. Einer von ihnen lacht rau, als ein anderer ihm einen Schlag auf den Rücken gibt. Ein paar starren auf den Bildschirm über der Theke, wo ein altes Musikvideo läuft, andere sitzen allein mit ihren Gläsern, wie ich. Hier gibt’s keine Aufregung, keine Party. Nur verlorene Seelen, die sich in billigen Drinks und schlechten Entscheidungen ertränken.


Ich passe hierher, weil ich mich genauso verloren fühle. Aber ich fühle mich so fehl am Platz, weil mich nichts hier berührt. 


Ein Typ setzt sich neben mich. Schmal, jung, mit zu perfekten Zähnen. Einer, der hier nicht hingehört. „Lust auf einen Tanz?“ fragt er und seine Finger streifen mein Handgelenk. Ich könnte ihm eine Geschichte über die Narben darauf erzählen, aber er will keinen Vortrag hören. Er will was anderes. Ich könnte ihn haben. Ich könnte ihn in meine Wohnung mitnehmen, ihn flachlegen, ihn dann rausschmeißen, so wie ich’s immer mache. Weil sein Geruch falsch wäre. Weil seine Hände nicht die richtigen sind. Weil ich neben jemand anderem einschlafen will.


„Vielleicht später“, sage ich und schenke ihm ein Lächeln, das wahrscheinlich nicht echt genug ist. Er zieht die Brauen hoch, zuckt mit den Schultern und geht. Ist besser so.


Ich nehme noch einen Schluck. Alkohol brennt nicht so schlimm wie die Worte, die ich gesagt habe. Scheiß drauf, alles, was ich gesagt habe, war wahr. Aber nicht die ganze Wahrheit. Ich hab ihn verletzt. Ich hab’s gegen ihn verwendet, dass er mir vertraut hat. Und dann hab ich reagiert wie der dumme Junge, der ich mal war, wie der dumme Junge, der sich hinter Muskeln und Zigarettenrauch versteckt, damit keiner sieht, dass er am liebsten einfach nur in den Arm genommen werden will.


Ich will ihn wiedersehen. Ich will ihn küssen. Ich will mich entschuldigen. Ich will es ungeschehen machen.


Ich bestelle noch einen Drink.


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Kommentare zu diesem Text


 Isensee (13.03.25, 12:43)
Okay, der Text ist wie ein kateriger Drink: zu viel von allem und irgendwie zu wenig, aber es bleibt kleben. Du baust eine Kernkompetenz im Selbstmitleid auf, die einen am Anfang fast packt, aber irgendwie fehlt da der Kick, der einen wirklich mitreißt. Der Erzähler ist dieser typische Anti-Held, der sich selbst so leid tut, dass man irgendwann fast mit ihm ertrinken möchte. Ja, er ist verloren, aber sorry, das ist auch keine Raketenwissenschaft. Man bekommt ihn nicht richtig zu fassen, was ihn am Ende eher wie eine schlechte Woche als wie ein Drama wirken lässt.

Die Sprache ist klar, schnörkellos, aber du wirst nicht richtig fündig. Es gibt zu viele leere Platzhalter, um wirklich reinzukommen. Du gehst viel auf die Oberfläche, aber so richtig zu beißen hat es nicht. Der Erzähler ist der tolle Loser, den jeder kennt – das „Ich bin so kaputt, aber eigentlich auch zu cool, um was zu ändern“-Ding. Wirkt irgendwann eher wie ein Scherz, der zu lange erzählt wird. Mehr Substanz würde helfen. Ein Krüppel der eigenen Entscheidungen, und das macht ihn fast sympathisch. Du spürst den Schmerz, ja. Aber es ist der Schmerz, den man von einem 13-Jährigen kennt, der in den Spiegel guckt und denkt, das Leben ist scheiße. Kommt an, aber es wirkt ein bisschen wie ein Film, den du schon tausendmal gesehen hast. Der Text ist wie der Kerl an der Bar, den du ganz gut findest, aber nach zwei Drinks irgendwie nicht mehr spannend. Du schüttelst den Kopf und gehst dann doch lieber zu den cooleren Typen.

 Alex meinte dazu am 20.03.25 um 18:02:
Das ist eine sehr gute und nachvollziehbare Kritik. Hast du prima gemacht;).
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