Mythos Schachmeisterschaft - der langsame Tod

Senryu

von  hehnerdreck

Zwei nervöse Köpfe 

in der Mitte   


Das gebannte Publikum 

als Rahmen   


Chaos im Kopf   

wie ein wildes Tier   


Immer die gleichen Züge   

langsames Sterben


Tod   




Anmerkung von hehnerdreck:

Professionelles Schachspielen führt wie jede andere geistige Beschäftigung, wenn sie einseitig und über lange Zeiträume betrieben wird, wie es bei Profispielern der Fall ist, oft zu einer Vernachlässigung anderer Lebensbereiche, wie z.B. zwischenmenschliche Begegnungen und die Fähigkeit, sich in jemanden hineinzuversetzen. So hatte Bobby Fischer trotz seiner außergewöhnlichen Fähigkeiten und Erfolge im Schach und seiner internationalen Bewunderung Schwierigkeiten im zwischenmenschlichen Bereich. Es wird berichtet, dass er erst nach seiner aktiven Karriere in Island von einem Sozialpädagogen lernte, Gespräche zu führen und soziale Kontakte zu pflegen.

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Kommentare zu diesem Text


 Aron Manfeld (07.04.25, 09:48)
Robert James Fischer war das Paradebeispiel für den Einzelgänger, der durch sein Talent gegen den Rest der Welt kämpfte, damals die Vorherrschaft der sowjetischen Spieler.

Offenbar war Fischer nach dem Gewinn der Weltmeisterschaft gegen Boris Spasski im Jahre 1972 so neben der Spur, dass er kaum noch Zugang zum bürgerlichen Leben fand und tragisch endete. Ein weites Feld.

 Regina (07.04.25, 11:48)
Sport ist Mord, gilt halt auch für Schach. Nur als Hobby betrieben schadet er nicht und man findet Ausgleich bei anderen Aktivitäten. Spitzensport ist immer einseitig und selten gesund.

 Graeculus meinte dazu am 07.04.25 um 11:59:
Ja, gewiß.
Aber jeder kennt Bobby Fischer, Muhammad Ali und Diego Maradona, während niemand Regina, hehnerdreck oder Graeculus kennt. Das ist die andere Seite ... für die man einen Preis zahlen muß.
Sie sind zwar tot, aber unsterblich.

Antwort geändert am 07.04.2025 um 12:01 Uhr

Antwort geändert am 07.04.2025 um 12:02 Uhr

 Regina antwortete darauf am 07.04.25 um 12:05:
Aus Berühmtheit mache ich mir nichts. auch die Schreibkunst ist für mich nur Hobby.

 niemand schrieb daraufhin am 07.04.25 um 12:46:
@ Regina
Bin voll Deiner Meinung. An Berühmtheiten und deren Verehrung
hängen sich nur Menschen, die nicht viel Eigenes [inneres] vorweisen können, oder haben etc.  :) Die Schreiberei wird übrigens tatsächlich überbewertet.

 hehnerdreck äußerte darauf am 07.04.25 um 14:05:
Die Schreiberei wird übrigens tatsächlich überbewertet.
.
Inzwischen halte ich die Fähigkeit, ein schönes Gespräch mit jemandem zu führen, der ebenfalls über diese Gabe verfügt, für weitaus erstrebenswerter. Es ist viel lebendiger und für das Herz angenehmer, sich mit Menschen auszutauschen, die einem sympathisch sind. Im Gegensatz dazu empfinde ich jede Form von Berühmtheit, bei der die Gefahr besteht, dass einen jeder auf der Straße wiedererkennt, als reine Seelenfolter. Diese Menschen kennen Dich nicht wirklich und glauben dennoch zu wissen, wer Du bist. Manche blicken Dich an wie ein hungriger Wolf ein Stück Fleisch – in solchen Momenten verzichte ich lieber auf Unsterblichkeit, die ohnehin keine ist, sondern lediglich ein fantasievolles Abbild einer Person, die ganz anders war, als man es sich vorstellt.


LG  :)

 Graeculus ergänzte dazu am 07.04.25 um 16:05:
Diese genannten Leute entzünden die Phantasie vieler anderer Menschen, die sich mit Begeisterung Geschichten über sie erzählen. Muß man nicht schätzen, aber:

Ich hab in einem alten Buch gelesen
Von einem Jüngling, welcher schlimm gewesen.
Er streut sein Hab und Gut in alle Winde.
Von Lust zu Lüsten und von Sünd zu Sünde,
In tollem Drang, in schrankenlosem Streben
Spornt er sein Roß hinein ins wilde Leben,
Bis ihn ein jäher Sturz vom Felsenrand
Dahingestreckt in Sand und Sonnenbrand,
Daß Ströme Bluts aus seinem Munde dringen
Und jede Hoffnung fast erloschen ist.
Ich aber hoffe – sagt hier der Chronist -,
Die Gnade leiht dem Jüngling ihre Schwingen.

Im selben Buche hab ich auch gelesen
Von einem Manne, der honett gewesen.
Er war ein Mann, den die Gemeinde ehrte,
Der so von sechs bis acht sein Schöppchen leerte,
Der aus Prinzip nie einem etwas borgte,
Der emsig nur für Frau und Kinder sorgte;
Dazu ein proprer Mann, der nie geflucht,
Der seine Kirche musterhaft besucht.
Kurzum, er hielt sein Rößlein stramm im Zügel
Und war, wie man so sagt, ein guter Christ.
Ich fürchte nur – bemerkt hier der Chronist -,
Dem Biedermanne wachsen keine Flügel.

[Wilhelm Busch]

 Aron Manfeld meinte dazu am 07.04.25 um 16:49:
Er hielt sein Rößlein stramm im Zügel ...

Busch war weit mehr als Max und Moritz ...

Mega Zitat, Wolfgang!

 hehnerdreck meinte dazu am 07.04.25 um 17:33:

Das Gute – dieser Satz steht fest –
Ist stets das Böse, was man läßt!

 Aron Manfeld meinte dazu am 07.04.25 um 17:38:
Mega, Hehner!

 Graeculus meinte dazu am 07.04.25 um 17:52:
Das zweite Zitat besagt, daß das Gute keine eigene Qualität besitzt, sondern lediglich die Negation des Bösen ist. Es gibt also z.B. keine Liebe = gut, sondern nur Haß = böse und überwundenen Haß = gut.

Eine kühne These, und ich bezweifle, ob sie im Sinne von hehnerdreck ist. Vor allem aber kann ich darin keine Antwort auf das anstehende Thema "exzessives Leben samt Ruhm vs. uninspiriertes spießbürgerliches Leben" sehen.

 Aron Manfeld meinte dazu am 07.04.25 um 18:00:
Mein Vater beschränkte sich stets auf Arbeit und Familie, war hochgradig kritisch, doch nur unter uns.

Ich weiss, was Du meinst, Wolfgang, doch trifft Hehners These des Pudels Kern, da nur ganz wenige Menschen ohne Hintergedanken gut sein können.

Heine sagte einmal, er läge lieber mit seinem Liebchen im Bett denn berühmt und tot zu sein.

 Graeculus meinte dazu am 07.04.25 um 18:41:
Übrigens steht hehnerdrecks Zitat in einem Kontext, den er nicht angibt: "Die fromme Helene". Man müßte nachschauen. ob es nicht ironisch gemeint ist.

Das von mir erwähnte Gedicht ist hingegen komplett.

Ich persönlich bevorzuge ebenfalls "to live in peace with the love of myh heart" im Vergleich zu Ruhm und frühem Tod, aber das ist doch nur Geschmackssache.
Wenn mir jemand erklärt, warum Künstler wie Jimi Hendrix und Janis Joplin oder Billie Holiday "sozial und menschlich gescheitert" sind, dann denke ich mir ... siehe oben. Sie waren halt Künstler, keine Spießbürger. Und Menschen werden auch dann noch über sie sprechen, von ihnen inspiriert sein, wenn nach uns längst kein Hahn mehr kräht.

 Aron Manfeld meinte dazu am 07.04.25 um 18:59:
Die Künstler Deiner Generation waren mitnichten haltlose Hippies, sondern gewiefte Geschäftsmänner, Wolfgang.

Extrembeispiel ist Mick Jagger, der knallhart sein sein Image vom Bad Boy durchzog, bis der letzte Euro herausgeholt war.

Vielleicht muss man extremer Spiesser sein, um sich als Künstler zu profilieren.

 Saudade (07.04.25, 16:27)
Zweig schrieb: "Schach ist wie die Liebe. Alleine macht es weniger Spaß."
Aljechin fragte man:"Bevorzugen Sie eine Dame im Bett oder auf dem Brett?"
- "Das kommt auf die Position an."

 Aron Manfeld meinte dazu am 07.04.25 um 16:51:
Aljechin spielte oft betrunken, liebe Cora, woraus vermutlich sein aggressiver Stil herrührte ...
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