Zwischen Wunsch und Wirklichkeit – Zwei herrliche Wochen mit Brando in unserer Motorradgang

Erzählung

von  hehnerdreck

Luki, eines unserer Gängmitglieder, schleppte ausgerechnet diese Filmikone an. Den sexiest Ever One. Unsere Mädels wurden ganz unruhig, sobald er in Sichtweite kam. Später erfuhren wir, dass er sich bei uns für seinen nächsten Film „Der Wilde”, in dem er den Anführer einer Motorradgang spielt, vorbereiten wollte. Der Dreh begann ein halbes Jahr später.

Die Mädels waren natürlich alle ziemlich sauer, als er nach zwei Wochen wieder weg war. Doch auch Marlon zeigte Interesse. Besonders Loretta schien es ihm angetan zu haben. Dumm nur, dass sie mit Max, unserem Vize, zusammen war. Loretta dagegen ... Na ja, sie genoss es offensichtlich, von Marlon umschwärmt zu werden. Zwei Wochen, nachdem „Der Wilde” zum ersten Mal im Kino gelaufen war, standen schlagartig mehrere riesige Transporter mit endlos langen Containern auf dem Parkplatz unseres Clubheims.

Plötzlich sahen wir, wie jeweils vier Männer in Arbeitsanzügen die neuesten Harleys aus den Containern herunterhoben. Marlon schenkte jedem von uns ein solches Prachtstück. Fassunglos schossen unsere Kinnläden wie im Sturzflug nach unten. Nachdem das letzte Wunderwerk aus Eisen und Blech am Boden stand, stand plötzlich Marlon in seinen Filmklamotten vor uns. Wir umarmten uns alle, wobei die Umarmung zwischen Marlon und Loretta am längsten dauerte.

Ja, das war ein Tag, den wir nie vergessen werden. Seitdem war Marlon wieder öfter bei uns. Zwei Jahre später gewann er den Oscar. Er spielte einen Boxer, der sich von einem blöden Mafiaboss nicht alles gefallen läßt. Die Strafpredigt von Karl Malden als Priester ging in die Filmgeschichte ein. Marlon brachte sogar einmal Malden mit. Nach ein paar Bier hielt dieser noch einmal vor uns allen diese fantastische Predigt – auch dieses Ereignis wurde dann Generationen weitererzählt. Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen: Malden bei uns im Clubheim, ein wenig angetrunken und diese Wahnsinnspredigt gegen das Gangsterschwein und die feigen Angsthasen, die sich alles gefallen lassen.

Ach ja ... war schon ne schöne Zeit. Später wurden manche unserer Harleys in Museen untergebracht. Heute erinnert ein kleines Foto von der Wand neben dem Klo im Clubheim an diese Ereignisse. Darauf ist eine Tafel mit einem Foto von Malden und Brando, darunter der Predigttext eingraviert in Messing. Dieses halbzerknüllte Foto ist alles, was von unserem Clubheim übrig blieb, das zehn Jahre später abgerissen wurde.



Anmerkung von hehnerdreck:

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