Zwischen Wunsch und Wirklichkeit – glückliche Wochen mit Brigitte Bardot

Erzählung

von  hehnerdreck

Ja, das war wahrhaft eine überragende Angelegenheit. Man stelle sich vor: Zwei der schönsten Menschen der Welt – die schönste Frau und der schönste Mann – heiraten, beide höchstdekorierte Vertreter der Haute Couture, Könige der Laufstege von Cannes, Monte Carlo, Paris, London, New York, Madrid; ja, und das alles so fern von meinem bescheidenen Geburtsort, dem verschlafenen Plattling am Frunzensee bei Grünzelhausen.

Und doch sitze ich jetzt auf der Terrasse einer Luxusvilla, eingemauert an einem Küstenfelsen von Amalfi, und beobachte die beiden Schönheitsgiganten, wie sie über das türkisfarbene Mittelmeer spähen, während nahe Fischerboote huschen und dahinter die massigen Ozeanriesen ruhen – darunter die wiederhergestellte Titanic, deren Innenleben angeblich durch eine aufwändige Restauration dreieinhalb Milliarden Pfund gekostet haben soll.

Was mir bei den beiden auffällt, ist der Mangel an Gespräch. Meist genügt ein Blick, ein Glanz ihrer Augen, um sich gegenseitig zu überstrahlen. Hoffentlich bleiben sie nicht am Ende blind vor Selbstbewunderung. Das Händchenhalten wirkt kindlich, als ob sie innerlich noch nicht erwachsen sind – ob sie jemals wirklich in die Tiefe ihres Lebensinneren sprechen werden, bleibt zu bezweifeln. Doch ich will das nicht weiter ausführen, denn auch ich habe Geheimnisse, die ich ungern offenbare.

Da tritt Clarissa, meine Verlobte, an den Tisch und setzt sich neben mich. Früher war sie auch Model, wie ich, doch wir sind nicht so schön wie jene vor uns. Doch ernsthaft gefragt: Was bedeutet Schönheit wirklich? Ist sie bloß Äußerlichkeit, oder steckt dahinter mehr? Dabei denke ich jetzt gerade an Humphrey Bogart und Lauren Bacall. Bacall, vamp-artig und kühl, zog Blicke wie ein Magnet an. Von einem ihrer glühendsten Verehrer, einem Grafen, hörte ich, er habe Grace Kelly gekannt, die später den Fürsten von Monaco heiratete. Mit diesem Grafen, übrigens, unternahm ich einst eine nächtliche Kneipentour durch Capri, begleitet von Gary Grant, Sophia Loren und Brigitte Bardot – an meiner bescheidenen Seite, man höre und staune.

Eine Woche später trafen wir uns dank einer gewonnenen Wette in Madrid, in der berühmten Stierkampfarena. Brigitte kannte den Stierkämpfer persönlich und schwärmte ständig von ihm; in mir wuchs die grüne Monsterlaune der Eifersucht. Mein einziges Hoffen galt dem Stier, der ihn diesmal erledigen sollte – doch der Traum blieb unerfüllt. Später saßen wir in einem feinen Restaurant, Brigitte neben dem Tierschlächter umrahmt von Gary und Sophia, neben mir der Graf - also uns beiden gegenüber der arrogante Spanier, und meine bald ehemalige Brigitte. Was habe ich mir gedacht, mich auf Bardot einzulassen?, dachte ich, von Eifersucht getrieben. Doch dem Glück sei Dank – mitten auf dem Tisch übergab sich der angeberische Spanier, sein Mageninhalt verteilte sich wie ein unordentliches Gemälde. Brigitte empörte sich, zugleich erwuchs daraus eine noch größere Zuneigung zu mir. Die darauf folgenden Wochen gehörten zu den schönsten meines Lebens.


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Kommentare zu diesem Text


 Citronella (16.08.25, 14:17)
Speziell in Frankreich soll es das ja öfters geben, dass eine Frau fast 25 Jahre älter ist als der Mann.  :P :silly: :P

LG Citronella

 hehnerdreck meinte dazu am 16.08.25 um 16:34:
Nicht schlecht, Citronella, ja, in diesem Zusammenhang fällt mir noch ein, dass ich schon vor meiner Pubertät den Gedanken aufgab, eines Tages meine Großmutter zu heiraten.  :silly:

Liebe Grüße

 Beislschmidt antwortete darauf am 16.08.25 um 17:37:
Erinnert mich an den Film "Die Verachtung". Eine angebliche Liebe wandelt sich, als die Liebe den Stresstest nicht besteht. Ohne Brigitte Bardot wäre Godards Streifen in irgendeiner Schublade verschwunden. Sie war schon eine Ausnahmeerscheinung. 
Gruß vom Hans

 niemand schrieb daraufhin am 16.08.25 um 17:38:
in diesem Zusammenhang fällt mir noch ein, dass ich schon vor meiner Pubertät den Gedanken aufgab, eines Tages meine Großmutter zu heiraten.  
@ Hehner       :D     :O     :P     <3

 hehnerdreck äußerte darauf am 17.08.25 um 11:44:
Irene, danke - bei der herrlichen Vorlage kam der Gedanke wie von selbst.

Ja, Hans, ich habe in letzter Zeit oft an sie gedacht. Ich bin mir sicher, dass es fast schon einer Ehre würdig wäre, für sie zu schwärmen. Sie ist (Ende September wird sie 91) ein nicht nur optischer Edelstein der Menschen.


Liebe Grüße an Euch
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